Was aber, wenn frau eben so ist, klar, korrekt, auch mal laut, deutlich, bestimmt? In bestimmten Berufen ist das eigentlich von Vorteil, in erziehenden z.B. Oder da, wo frau das Kommando hat und die endgültige Verantwortung. Das muss ja nicht "tyrannisch" und "diktatorisch" sein (was für mich wieder ein Zeichen von Schwäche wäre).
In solchen Berufen ist es weder von Nachteil noch von Vorteil, wenn Frau "eigentlich so ist", nämlich auch mal laut, deutlich, bestimmt. Klar und korrekt zu kommunizieren ist auch von Vorteil.
Ich war ja eine Zeitlang Lehrerin ... und habe da gemerkt, dass ich mit laut, deutlich, bestimmt einfach nicht klarkam. Das passt nicht zu mir. Ich bin leise, deutlich, klar und präsent - zumindest an den Tagen, an denen ich gut bin. Ich erwarte, das passiert, was ich sage - auch, wenn das leise und freundlich und nur einmal ist. In einer Fortbildung habe ich gelernt, dass es Präsenz ist, auf die es ankommt - und Präsenz schafft man nur, wenn man wirklich authentisch man selbst ist. Dazu gehört bei mir Blickkontakt (und jeder, der als Kind mal Starduelle gespielt hat, weiß, wie viel Kraft und bei Bedarf auch Aggression darin liegen kann), entspannte Körpersprache, die deutlich macht, das ich ohnehin gewinne, mich aber viel zu wohl bei meinem Gegenüber fühle, als dass ich es auf eine Konfrontation anlegen würde, und eine leise Stimme. Schülergruppen, die daran nicht gewöhnt sind, brauchten immer eine Weile, haben das dann aber dankbar aufgegriffen. Leise Stimme heißt nämlich nicht, ich leise und hilflos gegen euren Lärm - sondern ich stark und präsent und schweigsam, bis alle leise genug sind, dass sie mich hören. Und dann alles nur einmal sagen, und zack, brennt sich ein, dass es sich lohnt, leise genug und respektvoll genug zu sein, um meine freundliche, leise Stimme zu hören.
Präsenz ist von Vorteil, nicht unbedingt Lautstärke. Bestimmtheit, Klarheit, Deutlichkeit können auch sehr leise daherkommen. Dann sind sie mitunter sogar mächtiger und flößen mehr Respekt ein. Ich habe gelernt, dass die eigentlichen Machtkämpfe auf der Ebene der Blicke stattfinden. Zu anhaltender böser Blick wird als Herausforderung interpretiert, es hängt also auch viel damit zusammen, zu erkennen, wann ein Gegenüber zum Einlenken bereit ist und ihm dann mit einer Veränderung von Haltung und Blick eine Brücke zu bauen ...
Ich glaube, das, was dir als Mädchen damals aberzogen werden sollte (wie grausam!) ist nicht nur unbedingt das laute, poltrige Durchsetzen - sondern allgemein die Präsenz, die da bedeutet: Ich bin stark und kenne den Weg. Vertrau mir, folge mir, aber widersetz dich besser nicht, wenn du keinen guten Grund hast. (Und wenn du einen guten Grund hast, bin ich gern bereit, mich zurückzunehmen, ich muss nicht auf Teufel komm raus gewinnen, nur, wenn es drauf ankommt.)
Diese Präsenz, wenn man sie denn entwickelt hat, wirkt bei Männern und Frauen gar nicht so unterschiedlich. In der Fortbildung habe ich mit Männern und Frauen zusammengearbeitet. Es gab sanfte Männer, die klassischerweise weiblich gewirkt hätten in ihrem zurückhaltenden Verhalten, das ist heutzutage das neue Problem und die das starke Auftreten lernen mussten, es gab "laute", "poltrige" Frauen und Männer, die mehr Präsenz gewannen, indem sie leiser wurden und sich mehr auf die Wahrnehmung ihres Gegenübers konzentrierten.
Leise sein sollte früher vielleicht zu Unterordnung führen - aber ich muss zugeben, WENN es mir drauf ankommt, in einer Situation ernstgenommen zu werden und Macht auszuüben, dann tue ich es viel lieber mit ruhiger Stimme und im Zweifelfall hartem Blick. Davon kriege ich weniger Halsschmerzen.