Offenheit, Demut und Lauterkeit!
Liebe ist nur ein Fünf-Buchstaben-Wort. Das ist natürlich eine blödsinnige Übersetzung (bzw. Übertragung ins Deutsche) von Dylans >Love Is Just A Four-Letter Word<, aber sie weist schon auf einen Aspekt der Liebe hin; sie kann eben auch nur ein Wort sein.
Nun ist ja alles zunächst ein Wort; Liebe, Zuneigung, Aufmerksamkeit, Anteilnahme, Begierde, Sehnsucht, Wollust. Wir gebrauchen diese Wörter und machen daraus Worte, etwa >Ich liebe dich< oder >Ich sehne mich nach dir< oder >Ich bin geil auf dich<. Wenn es gut läuft, die Worte also keine vordergründigen Behauptungen, Ausflüchte oder Lügen sind, dann sind sie eigentlich überflüssig; sie sind dann lediglich ein sprachlicher Ausdruck für das, was der Partner ohnehin spürt.
Das soll kein Plädoyer sein für das Weglassen dieser Bekenntnisse, ganz im Gegenteil! Sie sind ja nur
eigentlich überflüssig, in der Tat aber sind sie unverzichtbar. Wenn nämlich zwei Menschen sich lieben, begehren und sich nach dem anderen sehnen, dann zeigen sie es mit jedem Blick, jeder beiläufigen Bemerkung und jeder Geste. Die gemeinsam verbrachte Zeit und überhaupt die gesamte Zeit ist in eine Atmosphäre des Vertrauens, des Gewahrseins und der Sicherheit getaucht, daß da dieser Mensch ist, der mich liebt, der sich nach mir sehnt und der geil auf mich ist. Was kann schöner sein, als ein solch schönes Gefühl immer wieder in einer klaren Äußerung bestätigt zu bekommen oder zu bestätigen?
Gefühl ist für mich Grundlage und Rechtfertigung zugleich. Ich will grundsätzlich ein gutes Gefühl haben, und hin und wieder ist es toll, ein
richtig gutes Gefühl zu haben. Manchmal aber brauche ich dieses berauschende und überschäumende Gefühl, daß ich da bin und jemand das obergeil findet, oder daß ich jemandem zeigen kann, wie obergeil ich ihn finde. Oft kommt beides zusammen.
Eine Rechtfertigung ist Gefühl für mich insofern, als ich meinem Gefühl trauen kann – zumindest bin ich davon überzeugt. Für dieses Vertrauen zum eigenen Gefühl braucht es verdammt viel Erfahrung, und das ist mein persönliches Pfund, mit dem ich wuchern kann. Allerdings treffe ich viele Menschen, die dasselbe für sich in Anspruch nehmen und mir trotzdem überheblich, egoistisch, verbohrt oder auch verlogen erscheinen. Was mir bei ihnen zu fehlen scheint, ist Offenheit, Demut und vor allem Lauterkeit. Ich denke, daß fast alles davon abhängt, wohin, wann und mit welchen persönlichen Veranlagungen man geworfen wurde.