pegasus_by:
Homophobie ist per Definition die Abneigung/Aggression gegen Schwule und Lesben.
Na, ganz so einfach geht es dann nicht, nur weil sich bei Wikipedia ein passender Satz fände. Den Artikel in Gänze zu lesen und die Geschichte des Begriffs zur Kenntnis zu nehmen, ist nicht verkehrt.
"Krankhafte Angst vor und Abneigung gegen Homosexualität" sagt mein Fremdwörter-Duden etwas offener und mit einem weiteren Aspekt.
Gleichwohl, Diejenigen, die sich im Abwehrmodus befinden, wollen es meist nicht genauer wissen, sondern eben abwehren. Welche Vorgeschichte diese eindringliche Notwendigkeit bei dem/den Jeweiligen hat, bleibt dank fortwirkender unterschwelliger gesellschaftlicher Ächtung gern im Verborgenen. Da sich hierfür machtvolle Worte finden lassen, fällt das in entsprechender Umgebung kaum auf.
Nur wenn es mal Anlass geben sollte, bei der Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit zu stolpern und tiefer gehende Fragen zuzulassen, wird die Konstruktion brüchig, die die Abwehr hervorgerufen hatte: Sie stellt eine tiefgreifende Spaltung
in sich dar, eine Einsamkeit des Mannes bzw. der Frau, die bis dahin aus Gründen verdrängter Erlebnisse und misslicher Prägung in Scheu vor dem eigenen Geschlecht und damit vor sich selbst lebt.
Das Beispiel in der Themenstellung ist nicht neu und zeugt in seiner hilflosen Ruppigkeit von eingeschränktem Repertoire. Der Angesprochene kann es mit seinem Selbstverständnis in der Öffentlichkeit nicht vereinbaren, sich angegriffen zu zeigen und tarnt sich, missverständlich, mit jovialer Verschlossenheit. Mehr nicht. Die Leitlinie "Möchte ich persönliches Format entwickeln?" ist in weiter Ferne.
Wie in allen sozialen Situationen führt die Frage weiter: "Kann ich mich freundlich und klar äußern bzw. verhalten, ggf. einladend sein?"
Dann, der Wettbewerb ist eröffnet, kommen vielleicht Formulierungen in den Sinn wie "Das ist mir zu prall. Ich möchte so nicht angesprochen werden."
In frauenbewegten Kreisen der Siebziger und Achtziger wäre die ursprüngliche Äußerung keinesfalls unkommentiert durchgegangen und hätte ggf. soziale Ächtung nach sich gezogen: Dass die Abschaffung der Strafbarkeit von Homosexualität erst 1969 stattgefunden hat, ist heute lediglich ein
Datum. Wie perfide vormals die Verfolgung war, und welch widerlicher Stimmung und pauschaler Ächtung der Wunsch nach freier sexueller Selbstbestimmung gegenüberstand, ist seitdem in vielen Familien folgenreich ausgeklammert geblieben, in denen die Einstellung zur Sexualität allenfalls sporadisch aufgearbeitet wurde.
Nur beherztes politischen Engagement früherer Jahrzehnte hat es überhaupt möglich gemacht, dass z.B. eine Einrichtung wie u.a. der JC heute existieren kann. Dass eine Überzeichnung homosexueller Kulturimpulse in den Medien ein
roll-back bzw. erneute Abwehr der Gemüter begünstigen kann, ist gesellschaftliches Kalkül.
Das hier angesprochene Thema ist kein
Nebenthema, nicht bloß eines der Etikette. Das Verhältnis zum eigenen Geschlecht ist von essentieller Bedeutung für ein entspanntes Verhältnis zum anderen Geschlecht und für die Leichtigkeit im Umgang mit der sexuellen Selbstbestimmung, mit der Lebensorientierung.
Mir ist sehr danach, eine Packung Taschentücher anzubieten, wenn homophile Avance entrüstete Distanz bis zum plakativen
Bemühen der gesellschaftlichen Mehrheit hervorruft. Bloße Gleichgültigkeit ist zu wenig.
Die Äußerung aus dem Eingangsbeispiel ist prall, aber eben nicht selbstbewusst.
Unterschwellig aggressiv und tendenziös war sie schon, als ich noch klein war.
"Möchte ich persönliches Format entwickeln?"
Ich weiß, ich erspare Euch nichts :-).
Natürlich fassen sich freundschaftliche Gesprächspartner an.
(Fahre bloß nicht in die falsche Richtung...)