Dresscode vs. Toleranz
Einige Beiträge zeigen auf eindrucksvolle Weise, wie schwer es eigentlich ist, konstruktive Kritik bei Menschen anzubringen, denen gar nicht bewusst ist, dass sie Beratungsbedarf haben. Es wird beim Thema Dresscode von Toleranz und Intoleranz gesprochen. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle einmal das Prinzip des DRESSCODES erläutern, damit sie sich bewusst werden, dass es in diesem Bereich nur eine klitzekleine Toleranzschwelle geben KANN.
Also, ich versuche es mal ganz simpel und verständlich: Ein DRESSCODE ist eine Vorgabe, ein Rahmen, eine Bedingung. Nennt es meinetwegen ein Gesetz, eine Weisung, eine Voraussetzung oder eine Rahmenbedingung, nach der die Kleiderordnung definiert wird. Vielleicht nennen wir es auch Schablone. Kann man sich am besten vorstellen. Die Schablone heißt beispielsweise RUND. Alles was rund, oval oder zumindest frei von Ecken ist, passt durch diese Schablone. Ein Würfel würde stecken bleiben. Quasi vor der Tür bleiben. Da gibt es eine Toleranzschwelle, deren Grenzen sich dort auftun, wo die Ecken beginnen. Was ja nicht heißt, dass ein Würfel schlechter ist, als ein Ball. Es geht ja nur um den Rahmen, die Schablone. Und wenn die nun mal auf Rund festgelegt ist, hat alles Eckige draußen zu bleiben. Einfach, weil der, der die Vorgabe macht, das so will. Wer nun durch die Schablone will, der soll gefälligst rund und nicht eckig sein. Gibt ja auch andere Schablonen, die eckige Rahmen haben. Da wäre das Runde wiederum falsch am Platz. Soviel zum Prinzip.
Nun kommen die, die nach Toleranz rufen. Sicher, weil man ja in der Swingerwelt quasi die Toleranz in den genetischen Keimzellen haben muss. Stellen wir uns also vor, wir sind tolerant, was den Dresscode angeht. Was passiert? Genau. Jeder trägt, was er will. Der eine Anzug, der andere Smoking, der nächste Trainingsanzug und der andere einen Schlafanzug. Klingt auf den ersten Blick nicht schlimm, macht aber eines kaputt: Das Thema der Veranstaltung. Den Stil der Veranstaltung. Das optische Niveau der Veranstaltung. Das mag vielleicht ein wenig elitär klingen, ist es aber nicht. Es ist schlichtweg eine kleine Vorgabe, die nicht einfach aus unsäglicher Langerweile entstanden ist, sondern die ein Ziel verfolgt: Die Veranstaltung in einem bestimmten optischen Niveau zu halten. Genauso wie ein Bankangestellter im Sommer nicht in Shorts und Badelatschen hinter dem Schalter stehen darf. Einfach weil die Bank mit der Kleiderordnung etwas transportieren will. Seriösität. Und Kleider machen nun einmal Leute. Und ein Dresscode auf einer Veranstaltung wie der hier diskutierten, möchte auch etwas transportieren: Stil. Klasse, Niveau. Das lässt sich nun mal einfacher mit einer bestimmten Kleiderordnung erreichen, als mit Bunten Murmeln in der Tasche. Deshalb der besagte Dresscode.
Wie schwer es ist, das Thema ABENDGARDEROBE zu vermitteln, zeigte ja der Silvesterabend. Und ich will gar nicht davon ausgehen, dass die diversen Gäste, die kleidungstechnisch komplett am Thema vorbeigeschlittert sind, dies mit böser Absicht oder mit Ignoranz zu verantworten haben. Nein. Ich denke, es liegt schlichtweg daran, dass entweder kein anderes Outfit verfügbar war oder dass das entsprechende Kleidungsarrangement wirklich für Abendgarderobe gehalten wurde. Da es in diesem Bereich offenbar - wenngleich für mich ziemlich unverständlich - einen recht breiten Interpretationsrahmen zu geben scheint, bin ich für die Idee mit den Beispielbildern, WAS GENAU unter Abendgarderobe zu verstehen ist. Dann fällt es denen vielleicht leichter, sich dem Dresscode anzunähern, die bis dato vielleicht glaubten, dass eine weiße Stoffhose und ein Camp David Hemd unter die Kategorie Abendgarderobe fällt. Nebenbei vielleicht ein grundsätzlicher Lerneffekt für das ganze Leben. Man ist ja vielleicht öfter in der Bredouille, für den Theaterabend oder den abendlichen Empfang das korrekte Kleidungsstück auszuwählen. Da helfen solche kleinen Schaubilder sicher auch in der Zukunft.
Zum Thema EROTISCHE OUTFITS: Da ist es sicher schwerer, einen genauen Rahmen abzustecken. Schon, weil jeder den Zustand "EROTISCH" anders definiert. Manch einer findet nackt erotisch, manch einer Dessous. Der eine findet Lack erotisch, der nächste wieder völlig abturnend. Da kann man sicher keine drei Musteroutfits abbilden und damit eine Vorgabe erstellen. WAS jedoch ohne weiteres geht, sind zwei Dinge.
Erstens: Verbot der Kombination "Slip+Shirt+Badelatschen". (Da hilft übrigens auch nicht die kecke Fliege am Hals des Slipträgers.) Ebenso wenig mogelt man sich heraus, indem man die Badelatschen durch Anzugschuhe ersetzt.
Zweitens: Ein deutlicher Appell an die Gäste. Der könnte wie folgt aussehen und ist urheberrechtlich nicht geschützt. Er darf also gerne kosten- und lizenzfrei von jedem Veranstalter kopiert werden..
"Liebe Gäste. Da wir bezüglich des Dresscodes nicht jedem Gast ein entsprechend erotisches Outfit vorgeben können, wir jedoch Wert darauf legen, dass die Augen unserer Gäste erfreut und nicht verletzt werden, möchten wir folgenden Appell an jeden einzelnen richten: Lernt von denen, die sich viele Gedanken um das Thema Erotik machen. Filmemacher. Nicht die, die Pornos drehen. Die, die beispielsweise erotische Literatur verfilmen. Filmemacher, die sich Gedanken machen, wie sie die Protagonisten des Filmes in erotischen Szenen kleiden. Stellt euch vor, ihr würdet in einer Kinoproduktion der oder die Hauptdarsteller/in sein. Was würdet ihr tragen? Würdet ihr als Mann Slip, Shirt und Badelatschen tragen, wenn ihr in den erotischen Hallen des Filmes "Eyes wide shut" wandeln und die Kamera euch einem Millionenpublikum präsentieren würde? Sicher nicht. Oder ihr Ladies. Würdet ihr euch mit einer Netzstrumpfhose für 6 Euro vierzig auf Ballerinas und einer schon 24 mal getragenen BH-Slip-Kombination präsentieren? Sicher ebenfalls nicht. Also. Überlegt, was zu euch passt, was eure schönen Seiten hervorhebt und eure kleinen Makel verbirgt. Fühlt euch wie Stars und zeigt euch auch so. Wählt das Schönste und nicht das praktischste. Sicher. Highheels schmerzen nach Stunden. Krawatten engen den Hals ein. Aber sie sehen sexy und erotisch aus. Setzt euch lieber zehn Mal am Abend hin und lasst euch eure Füße massieren, als mit bequemen Schuhen durch die Hallen zu laufen. Und seid realistisch. Schaut in den Spiegel. Auch wenn ihr keine Modelmaße habt, müsst ihr nicht denken, dass ihr nicht sexy aussehen könnt. Ihr müsst nur wissen, WIE ihr euch in Szene setzt. Mit einem hautengen Latexoutfit bei 120 Kilo Lebendgewicht wird das sicher nicht funktionieren. Derlei Outfits benötigen nun einmal eine bestimmte Figur, um wirklich sexy zu wirken. Mag hart klingen, ist aber so. Genauso wie eben ein nackter Oberkörper bei einem Mann nur dann sexy wirkt, wenn er entsprechend gebaut ist. Der Waschbärbauch neigt nicht unbedingt dazu, durch das freie Präsentieren einer Frau einen erotischen Schauer über den Rücken zu jagen. Also seid kritisch mit euch selbst. Und Ladies! Habt ihr Brüste der Kategorie G aufwärts: Bedeckt sie. Nicht, weil sie nicht sexy sein würden. Keineswegs. Da sind die Geschmäcker verschieden genug. Aber lasst sie nicht aus eurer Kleidung herausbaumeln. Das sieht nicht wirklich heiß aus. Packt sie dezent ein, lasst sie leicht hervorblitzen und jeder Mann wird euch dankbar sein. Sie werden um 400 Prozent mehr beachtet, als wenn sie pur zur Schau gehängt werden. Und Männer! Vergesst einfach mal alles, was euch kleidungtechnisch von euren Mitmännern bisher in Swingerclubs entgegen getragen wurde. Vergesst die metallbesetzten Springerstiefel, die Badelatschen, die elastischen Netzshirts, die schwarzen Stoffhosen mit Schnallen und Nieten, die lustigen Slips mit Löchern, Reißverschlüssen und anderen sinnfreien Accessoires. Für euch ist es so einfach, sexy und maskulin auszusehen. Tragt einen schwarzen Anzug und ein weißes Hemd. Punkt. Wenn es etwas freizügiger zugeht, zieht das Sakko aus und behaltet nur euer weißes Hemd an. Öffnet die Knöpfe bis zum Bauchnabel. Das macht euch tausendmal erotischer und männlicher als all die anderen Spielklamotten. Und zieht euch nach dem Spiel auf den Liegewiesen wieder an. Alle. Frauen wie Männer. Nichts ist unerotischer, als Menschen, die nach dem Vergnügen in Unterwäsche durch die Räume wandern, als suchen sie einen verlorengegangenen Socken. Seid danach wieder stilvoll und zeigt Würde."
So. Bevor jetzt alle loslegen und von Intoleranz schreiben - schließt einmal die Augen und stellt euch eine Veranstaltung vor, auf der alle Gäste diesen Appell beherzigen. Wie fühlt sich das für euch an? Eher erotisch und sexy oder intolerant und elitär?