Dazu kommt dann noch daß mails gar keinen Ton haben.Schon gar nicht sehr knappe mails. Den Ton bekommen sie vom Leser.
Jo. Die Botschaft bestimmt der Empfänger. Oder anders gesagt: ich bin verantwortlich für das, was ich sage. Nicht für das, was Du verstehst.
Soll heißen, wir Mädels interpretieren oftmals viel in männliche Aussagen hinein, wo es absolut nichts zu interpretieren gibt. Deswegen hat auch so gut wie jede Frau mindestens eine Freundin, mit der sie sich dann am Telefon die Nächte um die Ohren haut um auch jede einzelne Zeile des geliebten Wesens bis in die kleinsten Teile zu sezieren. Und am Ende steht man da, wo man am Anfang war, weil die liebe Freundin auch nicht besser in ihrer Objektivität ist.
Die anderen Mädels haben den Joyclub. Und die werten User sollen aus ein paar Teilen , die ultimative Erkenntnis über anderer Leuts Probleme raushauen.
Eine Beziehung willst Du also nicht. Auf der anderen Seite fühlst Du Dich in deiner Befindlichkeit empfindlich gestört, wenn er nicht so reagiert, wie Du das willst, erhoffst.
Meine Mutmaßung dazu wäre, daß Du schon weiter drin bist, als Du Dir das eingestehen möchtest. Das Ding läuft seit Jahren, man gewöhnt sich aneinander, ob man will oder nicht. Irgendwann ist man über Kaffee und Sex hinaus, da muss doch noch mehr gehen. Das vermittelst Du ihm per Mail (oder SMS, oder sonstwie).
Und der Ritter in seiner traurigen Gestalt liest eine Mail, die er so garnicht einordnen kann, da er ja weiterhin mit der seligen Unwissenheit gesegnet bist, daß Du schon über Sex und Kaffee hinaus bist.
Und wie wir Weiber so sind, erklären wir unser Seelenleben nicht in klaren Worten, sondern um drei Ecken rum. Jenachdem wie der Herzallerliebste gestrickt ist, versteht er nur Bahnhof. Ein Klassiker an dieser Stelle:
Wer deutlich spricht, riskiert verstanden zu werden
Womit mein guter Ratschlag wäre: Sprich deutlich, und der Mann wird verstehen.
Was daraus wird steht woanders. Aber zumindest hat das Kind einen Namen und kann getauft werden.
Und ärgere mich freilich, mich ihm mehr geöffnet zu haben als er sich mir.
Warum? Willst Du immer etwas zurück? Vertrauen ist ein Geschenk, keine Pflichtveranstaltung. Vielleicht schenkt er Dir sein Vertrauen auf andere Weise. Eine, die Du vielleicht als Solche nicht erkennst, oder nicht an- erkennen willst.
Ich weiß von meinem Liebsten auch nicht alles.Und ich frage auch nicht. Will er es mir mitteilen, ist er herzlich eingeladen. Will er sich darüber ausschweigen, ist mir das auch recht. Nichtsdestotrotz hat der Mann mein Vertrauen.
Und auch mir passiert es mitunter, daß ich ihm per Mail etwas mitteile, und er darauf nicht reagiert, oder anders als ich es erwartet hätte. So what. Als ich die Mail schrieb, war ich in einem eigenen Film, und er war, als er sie las, in einem völlig anderen Streifen. Kann ich mich drüber aufregen, eine Grundsatzdiskussion vom Zaun brechen. Kann ich aber auch alles lassen, und alle sind wir zufrieden, weil er, wenn wir uns sehen, in meinem Film mitspielt (oder ich in seinem, oder wir in unserem).
was mich kränkt ist, dass ich ihm nicht näher komme, hinsichtlich seiner Bereitschaft mir zu erzählen, was ihn dazu bringt gelegentlich emotional unterkühlt aufzutreten. Mir von seiner Vergangenheit zu erzählen, ja.
Wie hieß es doch mal so schön in einem Roman: "Der Acker im Herzen eines Mannes ist steiniger. Er bestellt ihn, und läßt darauf wachsen, was er kann."
Der eine ist vielleicht ganz gut im beackern, der andere weniger.
Vielleicht ist er einfach so. Punkt. Und vielleicht kränkt es ihn, daß es Dich kränkt.
Vielleicht solltest Du dem Mann das nächste Mal vorschlagen, daß er gerne kommen darf (vorbeikommen, eh?), aber nur, wenn er gute Laune und einen Überseekoffer voll Empathie und Sensibilität bei sich führt. Dann weiß der Bursche Bescheid, die Formalitäten sind geklärt, und Euer Thema hat ein Ende.
Aller Wahrscheinlichkeit nach gibt´s da kein Happy End, aber wär ja auch nicht weiter tragisch, Du wolltest ja eh nur noch Kaffee. Oder?
Was interessiert Dich seine Vergangenheit?
Ändern kannst Du sie eh nicht. Jeder Mensch ist die Summe seiner Teile.
Interessier Dich für die Summe, und laß die Teile beiseite.
Die Summe ist das, was unter´m Strich bleibt. Das mit dem Du arbeiten kannst.
Völlig egal ob sich die Summe aus 5+5 bildet, oder 4+6 oder 2+8.