meine Sichtweise als Transmann, 16 Jahre danach
... zunächst ein Danke auf diesem Weg an meinen Vorredner
@**x Musterjunge, für seine Ausführungen, (da ich als Basismitglied ja leider nicht direkt voten kann)
Dem möchte ich hinzufügen, dass ich mir bei bestem Willen nicht mehr vorstellen könnte, so wie in meiner Kindheit, Jugend, junger Erwachsener, in dem angeborenen Geschlecht zu leben.
Ich möchte mir nicht vorstellen müssen, was aus mir geworden wäre, hätte ich in dem weiblichen Körper weiterleben MÜSSEN.
Mich zu fragen, hätte ich so überhaupt weiter leben KÖNNEN, ohne krank zu werden, ohne mich frustriert zu isolieren und verbittert von der Gesellschaft, die mich nicht so wahrnimmt, wie ich wirklich bin, als Mann, zurück zu ziehen, oder vielleicht gar von der nächsten Brücke zu springen. Mal krass gesagt.
Ich möchte mir nicht den Leidensdruck und das Leid vorstellen, all derer, die irgendwie damit leben mussten, in Zeiten, als es noch keine Aufklärung, Hilfe oder gar medizinischen Möglichkeiten der Angleichung gegeben hat.
Sicher hat der oder die, eine wie auch andere es geschafft, sich irgendwie zu arangieren, vielleicht ja, wenn günstige Umstände und ein entsprechendes gesellschaftliches Umfeld vorhanden waren. Glücksache.
Dem gegenübergestellt möchte ich nicht wissen, wieviele in der Psychiatrie, Sucht, auf der Strasse oder sonst wo gescheitert sind oder sich gleich umgebracht haben.
Ich glaube nicht, dass es darüber eine Statistik gibt.
Ich finde es vermessen in der heutigen Zeit von "Verstümmelung" zu sprechen, wenn jemand den Weg zuende geht und sich komplett an der Geschlecht seiner Selbstwahrnehmung angleichen lässt.
Glücklicherweise sind wir heute soweit, dass so gute operative Möglichkeiten gibt, mit denen man zufrieden und unauffällig als das leben kann, als was man sich fühlt.
Natürlich muss man sich dessen bewusst sein, dass es keine 100%ige Angleichung gibt und es immer irgendetwas geben wird, was anders ist, als wäre man in eben seinem gefühlten Geschlecht auf die Welt gekommen.
Aus meiner heutigen Sicht kann ich sagen, dass das all die gemachten Erfahrungen wieder wett machen, beide Seiten kennengelernt zu haben und ich mich in vielen Dingen leichter in beide Geschlechter hineindenken kann, was viele Menschen eben versagt bleibt, da sie ja nur eine Seite kennen.
Sicher kann man heute alles, was noch vor wenigen Jahrzehnten unmöglich war, z.b.,als Frau Lokführerin oder Pilotin zu werden.
Aber auch das würde auf Dauer das Problem nicht lösen, wäre sie transident und würde "sie" sich als Mann fühlen.
Das Problem ist damit also nicht gelöst.
Das Ausüben eines "männlichen" Berufes täuscht nur zeitweise oder scheinbar über die Diskrepanz zwischen Körper und Seele hinweg und irgendwann wird es den Betroffenen einholen.
Irgenwann wird man sich der Entscheidung stellen müssen, wenn der berühmte Tropfen das Fass zum Überlaufen bringt, wie das Leben weitergehen soll.
So ist es auch gut, dass es heute so viele verschiedenen Möglichkeiten und Angleichungsschritte gibt, die jeder für sich allein und persönlich herausfinden muss, was seiner eigenen Wahrnehmung und Selbstbild, als Frau oder Mann, vor allem aber als Mensch und Individuum am nächsten kommt.
Für mich gab es immer nur eine Richtung, nämlich die, als Mann zu leben. Ich habe viel Zeit und Lebensenergie darauf verwendet, das zu werden, was ich jetzt bin und habe es nie eine Sekunde meines Lebens bereut.
Wäre es von Nöten, würde ich jede meiner Operationen nocheinmal machen.
LG
Obsexxion