Die Sache mit den Oliven....
Vorab eine kleine Information zu dem Text, der hier entstanden ist.Vor etwa drei Jahren habe ich mit einer Internetbekanntschaft zusammen eine erotische Geschichte geschrieben. Sie hat nie ein Ende gefunden, weil ich irgendwann nicht mehr den Kopf zum Schreiben hatte (ich war dran) und so ist sie in die Tiefen meines Rechners gekrabbelt und erst jetzt wieder aufgetaucht. Ich habe sie gelesen und für immer noch gut befunden, mag sie aber noch nicht hier veröffentlichen, weil sie nicht auf meinem alleinigen Mist gewachsen ist. Die Internetbekanntschaft ist damals fast zeitgleich eingeschlafen - da ich aber als kleine Hamsterbacke verschrien bin, habe ich selbstverständlich noch seine E-Mail-Adresse und schon nach einer Veröffentlichungserlaubnis nachgefragt.
Unabhängig von seiner Zustimmung kann ich aber die Fortsetzung der Geschichte hier posten, die mir an einem der wenigen Abende, die nicht voller Alltäglichkeiten auf mich eintrommeln, in die Tasten geflossen ist. Von Euch erhoffe ich mir ehrliche Kritik - ich habe so lange nicht mehr "richtig" geschrieben.....
Vielen Dank im Voraus,
Tilla
Es regnet.
Der Asphalt glänzt im Schein der Straßenlaternen, die Menschen hasten geduckt unter Schirmen und Jacken an den hell erleuchteten Ladenfronten vorbei und haben keinen Blick für ihre Umwelt.
Sie steigt aus demTaxi, zahlt und schaut sich um.
Es hat sich einiges verändert seitdem sie das letzte Mal vor drei Jahren in dieser Stadt, dieser Straße war.
Das Schaufenster des Dessousladens, in dessen Spiegelung sie damals den Sitz ihres Kleides prüfte, ist nun vollgestopft mit billigen Artikeln, Haarspangen und Gürteln, Modeschmuck und Halstüchern, Tand, der für einen Euro angeboten wird.
Der Schuhladen, in dem sie mit glänzenden Augen ihre ersten Pumps kaufte ist einer Bank gewichen, der Kiosk mit der alten, weißhaarigen Dame musste einem Handyladen weichen.
Drei Jahre.
Keine lange Zeit und doch ausreichend Zeit für viele Veränderungen. Nicht nur in dieser Stadt, dieser Straße, auch in ihr, mit ihr, mit ihnen.
Sie schaut sich um.
Ob es die kleine Bar mit dem im Obergeschoss versteckten Billardzimmer tatsächlich noch gibt? Ob der Bartender mit den lächelnden Augen noch dort hinter dem Tresen steht?
Ein paar Schritte noch, sie läuft dicht an der Hauswand um nicht nass zu werden.
Und da ist er, der Eingang, ein wenig versteckter als sie ihn in Erinnerung hatte, der plüschig rote Vorhang, der die Kälte draußen lassen soll, ein klein wenig verschlissener als damals.
Damals.
Sie erinnert sich gut,wie aufgeregt sie war, als sie den Brief ihres Liebhabers fand, der ihr genaue Anweisungen gab, wie sie sich zu kleiden und wo sie zu festgesetzter Uhrzeit aufzutauchen hatte.
Ein leises Lächeln umspielt ihren Mund.
Heute ist sie längst nicht so auffällig und aufreizend gekleidet wie damals.
Ein weißes Herrenhemd, eine knapp sitzende Jeans und hochhackige Stiefel, über dem Arm den schwarzen, langen Wollmantel, die langen Haare in einen schlichten Zopf geflochten – kein Vergleich zu der Frau vor drei Jahren, die mit Perlen, Strümpfen und einem Hauch von Kleid das erste mal diese Bar betreten hat um aus einer Fantasie eine wahre Geschichte zu machen.
Ob er schon da sein wird?
Ob sie schon da sein werden?
Der heimliche Geliebte aus damaligen Zeiten, heute der Mann ihres Lebens, ihr Herr und Gebieter, ihre Liebe, ihr Leben.
Und der andere Mann, sein bester Freund, sein Bruder im Geiste, sein Seelenzwilling.
Drei Jahre hat sie ihn nicht gesehen.
Der Freund war am nächsten Morgen ins Ausland geflogen und hat eine halbe Erdkugel entfernt seinen neuen Job angetreten.
Und jetzt, heute abend hat sie wieder eine Verabredung in dieser kleinen Bar, in dieser inzwischen fremden Stadt mit den beiden Männen, die so unterschiedlich und sich doch so ähnlich sind.
So oft haben sie über das Geschehen in dieser Nacht vor drei Jahren gesprochen, oft die Stimmung, die Leidenschaft, das Begehren nachgefühlt und sie waren sich so sicher, dass diese Nacht nicht zu wiederholen, kein zweites Mal zu erleben ist.
Sie weiß nicht, was sie erwartet.
Dieses Mal gab es keine Anweisungen, keine Aufforderungen, keine Befehle.
Wer ihre Geschichte nicht kennt, der würde meinen, sie trifft sich mit ihrem Mann und seinem besten Freund auf einen Drink in einer Bar, um auf ein Wiedersehen und eine Rückkehr nach langer Zeit anzustoßen.
Nun, vielleicht wird es ein schlichtes Wiedersehen, ein harmloser Drink, der Austausch von Erlebtem, doch so ganz kann sie nicht daran glauben.
Der Zauber dieser einen Nacht hat sie wieder eingeholt.
Sie holt noch einmal tief Luft und schlägt den rotenVorhang zur Seite, betritt die kleine Bar und schaut sich suchend um.