vielschichtig
Hallo,
dies ist mein erster Beitrag in den Foren und ich hoffe, dass ich nicht den falschen Ton erwische. Ich will sicherlich niemanden beleidigen etc.
Also: Ich bin selber "Betroffener", also Rollifahrer.
Ich denke, dass bei vielen Menschen eine Unsicherheit besteht, die aber nicht zwangsläufig eine Ablehnung sein muss. Es bedarf daher für einen Rollifahrer (sorry, schreibe hier in der männlichen Form, da ich nur von meinen Erfahrungen sprechen kann) sicherlich mehr "Überzeugungsarbeit".
Es gibt sicherlich mehr Absagen als bei einem gleichgut - oder gleichschlecht - aussehenden Nichtbehinderten, aber der Charakter setzt sich meines Erachtens doch durch. Im Internet hat man natürlich nicht so einfach die Chance, sich als ganzer Mensch sofort zu präsentieren. Daher könnte ich auch verstehen, wenn man seine Behinderung erst einmal verschweigt, um die Chance zu erhalten, sein Wesen zu präsentieren. Habe ich auch schon gemacht, wenn ich jemanden finden will.
(@***34: übrigens bin ich nicht der Meinung, dass Rollifahrer automatisch einfühlsamer sind. Sicher setzt bei vielen nach einem Unfall ein Denkprozess ein, aber ich kenne auch genug, die immer noch "den Schuss überhört haben". Das ist auch gut so, denn vom Wesen her sind Behinderte nicht anders als Nichtbehinderte - es gibt Idioten und auch nette Kerle/Frauen. Also bitte weder Ablehnung noch Glorifizierung. Aber ich denke, dass du es nicht so gemeint hast - kommt aber für mich so rüber)
Im Laufe meiner Rollijahre (mittlerweile 33) habe ich natürlich auch eine Menge netter Frauen kennengelernt.
Dabei hört man oft "lass uns gute Freunde sein". O.k., das tut in dem Moment weh, aber es ist ehrlich (Danke an dieser Stelle an getdirrrty für ihre ehrliche Antwort! "Lass uns gute Freunde werden" ;O).
Einige Male ist was draus geworden und als es auseinander ging, waren es eher die "normalen" Beziehungsprobleme.
Blöd ist, wenn dem Partner erst nach Jahren "einfällt", dass man mit dem eingeschränkten Sex nicht leben kann. Dann fühlt man sich plötzlich minderwertig, obwohl es eigentlich eher die Gedankenlosigkeit des anderen war. (das war auch die Situation, an der ich am meisten zu knabbern hatte)
Zwiespältig ist auch die Frage, inwieweit man vorher alles ausdiskutieren muss. Ich selber habe keine Probleme damit, zu sagen, was geht und was nicht geht. Man kann dadurch viele Unwissenheiten und Fahlinterpretationen abbauen.
Aber umgekehrt würden die meisten Nichtbehinderten sich komisch fühlen, wenn man sich vor dem Zustandekommen einer Beziehung über Analvorlieben etc. unterhalten würde und dies als Grundlage für eine Partnerschaft voraussetzt. Es müssen ja nicht immer körperliche Barrieren sein, es gibt genug andere - nur dass man die körperlichen vorher sieht ;O)
In der Realität kommt man zusammen, stellt dann vielleicht fest, dass der andere die Vorlieben nicht teilt und muss sich dann überlegen, was einem wichtiger ist, die Person oder die bestimmte Leidenschaft. Da hat man dann natürlich eine bessere Chance, dass der Partner bleibt, da er einen schon lieben gelernt hat.
Fazit (und das unabhängig davon, ob man im Rollstuhl sitzt oder nicht):
Wenn man die passende Ausstrahlung auf einen Menschen hat, dann interessiert er sich auch für einen. Als Rolli muss man dann nur einige Dinge vorher klären, die sonst erst hinterher angesprochen werden.
Wenn ich aber von mir selber nicht überzeugt bin, warum soll es jemand anderes sein.