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Und weil ich bis dato keine Antwort finden konnte, hier die Frage an euch, die (aus Überzeugung) Monogam leben.
Welche Gründe gibt es für Dich / euch für Monogamie?
Ich weiß nicht, ob ich das eine "Überzeugung" nennen würde, denn das würde für mich bedeuten, dass man für sich zu einer moralischen Erkenntnis gekommen ist, oder eine Art Kosten-Nutzen-Faktor kalkuliert. Ich halte Monogamie oder Polyamorie aber nicht für etwas, das man moralisch bewerten kann, sondern für eine Veranlagung. Man
ist halt so, man
liebt so. Man fühlt sich nur wohl in dieser oder jener Form von Beziehung, weil sie den eigenen Bedürfnissen entspricht.
Ich bin nicht komplett monogam veranlagt, aber ich lehne für mich polyamoröse Beziehungsgeflechte sowie Promiskuität ab. Ich habe für mich gemerkt, dass mir der Fokus auf nur eine Person deutlich besser gefällt und mehr meinem Temperament entspricht, das über viele Jahre komplett anhalten kann und ich nur sehr selten parallel mal jemand anderen ernsthaft begehre und dem würde nachgeben wollen. Eine Liebesbeziehung zu mehreren Personen möchte ich nicht.
Ich bevorzuge für mich einen Partner, der da genauso empfindet. Der nicht hart auf Monogamie pocht, aber der denselben Fokus mitbringt, bei dem Sex mit Dritten ebenfalls eine Seltenheit bleibt und der keine polyamoröse Beziehung möchte.
Mir gibt das Zufriedenheit. Ich fühle mich wohl damit.
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Und wie passt dies dazu, dass es in der Monogamie vollkommen normal ist, dass man von einer Partnerschaft in die Nächste wechselt und davon häufig direkt von Liebe und für immer spricht?
Verzeih, aber dass bei bisschen Schmetterlingen im Bauch gleich von Liebe gesprochen wird, sehe ich bei Polyamoren genauso häufig und tatsächlich habe ich sogar beobachtet, dass sehr viele, die sich polyamor nennen, damit eigentlich ihre Promiskuität beschreiben und nicht, dass sie ernsthaft mehrere Leute lieben und mit ihnen Beziehungen führen. Bei doch auffallend vielen wird jeder regelmäßigere Sexkontakt gleich zum polyamoren Geflecht hinzugefügt und es wird nicht selten auch ständig aktiv nach weiteren Sexpartnern gesucht. Das verstehe ich persönlich nicht unter Polyamorie.
Von einer Partnerschaft in die nächste wechseln, also warme Wechsel, sehe ich eigentlich generell eher bei einer Minderheit der Menschen, unterm Strich aber häufiger bei Frauen.
Was das "für immer" betrifft: Nun, ich persönlich hoffe grundsätzlich, dass mein nächster Partner auch mein letzter sein wird. Das habe ich schon bei meinem ersten Partner gehofft. Das klappt natürlich nicht zwingend, aber das grundsätzliche Streben danach, einen Lebenspartner zu haben und nicht nur einen Lebensabschnittpartner, ist mir inhärent, ich habe kein Interesse an Mal-Schauen-Beziehungen.
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Wenn dabei Dinge wie Treue genannt werden... Was hat Treue mit sexueller Exklusivität zu tun?
Ich finde die Frage seltsam, weil das eigentlich eine gesellschaftlich derart weit verbreitete und gefestigte Vorstellung ist, dass ich nicht nachvollziehen kann, dass man das nicht versteht.
Treue hat mehrere kontextabhängige Definitionen. Im Kontext Beziehung redet man von Treue, wenn es um sexuelle/romantische Exklusivität geht. In anderen Kontexten versteht man unter Treue zum Beispiel sowas wie Loyalität, also zu jemandem stehen, hinter jemandem stehen. Treue kann auch Verlässlichkeit bedeuten. In jedem Fall beschreibt Treue ein Verhalten starken Fokusses in einem bestimmten Verhältnis.
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Und wie passt in diese Sichtweisen dann, dass Fremdgehen augenscheinlich gesellschaftlich akzeptiert ist, so lange man dabei nicht erwischt wird?
Wie kann man etwas akzeptieren, von dem man nichts weiß?
Ich finde ganz und gar nicht, dass Fremdgehen akzeptiert ist, schon gar nicht gesellschaftlich. Was ich sehe sind einzelne Individuen, die ihr eigenes Fremdgehen oft rechtfertigen wollen und dem Gegenüber eigentlich immer eine Gesellschaft, die das verurteilt.
Also eine gnädige Sicht auf das Fremdgehen scheint es meiner Beobachtung nach primär dann zu geben, wenn man selbst fremdgeht und meist auch nur im Bezug auf das eigene Fremdgehen, nicht auf das Fremdgehen anderer.