Zitat von *******eyn:
„Wer hat sich wirklich mal mit den Stellen unterhalten, die Essen ausgeben und weiß definitiv, dass es für alle genug gibt?
Das ist die Problematik, es gibt Hilfe, aber nicht genug!
Das ist die Problematik, es gibt Hilfe, aber nicht genug!
Ich bekomme bei meinem Montags Ehrenamt immer ne Lieferung von der Tafel und kann dann immer mit den Liefer-Jungs reden. Die Probleme bei der Tafel in München z.b. sind für Nutzer oft das komplizierte Anmeldeverfahren um nen Berechtigungsausweis zu bekommen (niedrigschwellig geht anders) und, dass es intern oftmals an Personal fehlt, das fährt, bedient oder im Lager arbeitet. Unser ganzer niedrigschwelliger sozialer Unterbau baut auf Ehrenamtler*innen und unbezahlter Care Arbeit auf. Wenn die fehlen, kann es noch so viel Essen geben, das vergammelt in den Lagern, weil niemand da ist, um es zu verteilen. Ich bekomme oftmals Ware, die einfach nicht rechtzeitig verteilt werden konnte und dann umschlagen ist, weil es nur eine handvoll Fahrer hier gibt und die teilweise bis 18 Uhr eine Tour nach der nächsten Fahren.
Das Containern zu verbieten, weil sich der Supermarkt sonst haftbar/strafbar macht, ist auch so nen Unding. Bei uns haben wir ein paar Filialen, die versuchen so wenig Lebensmittel wegschmeißen zu müssen, wie möglich. Einige packen Carepakete jeden Tag, die man mitnehmen kann. Andere kochen/backen und verteilen es an die Kund*innen oder es gibt nen Take-me Regal, wo Lebensmittel für Centbeträge von 1-20 Cent jeden Tag ausgelegt werden (ist wohl was rechtliches).
Zum Thema zurück schwenkend: Die Tatsache, dass wir Menschen wegen Armut in den Strafvollzug stecken und sie dort massiv traumatisieren und gleichzeitig z.b. bewusst die Tafel nutzen, um die Inflation aufzufangen (anstatt einer deutlichen Erhöhung der Versorgungssätze) ist in meinen Augen purer kapitalistisch motivierter Klassizismus.
Ich sehe es bei mir im Ehrenamt wozu diese krass breite Schere und die Ausweglosigkeit Betroffener führen kann. Man gerät ganz schnell in ne Spirale aus der man nicht mehr raus kommt, an deren Ende dann Knast, Überdosis, Ermordung oder Suizid steht. Es gibt zu wenig Möglichkeiten diesen Kreislauf zu durchbrechen. Schon gar nicht ohne Unterstützung. Nen stabiler Job oder festen Wohnraum zu haben sind teilweise Dinge, die in den Sozialberichten als langfristiges Ziel von Maßnahmen benannt werden. Schnell wird Systemsprenger.
Einige Freunde von mir waren im Gefängnis und haben nun z.b. Probleme, wenn sie damit offen umgehen, nicht ausgeschlossen oder stigmatisiert zu werden. Gleichzeitig ist das was ihnen dort alles geschehen ist, nicht wirklich aufgearbeitet worden und dient dem Umfeld lediglich als aufregende Geschickte, deren Details dann doch meist gar nicht so wichtig sind. Hauptsache man kann allen erzählen, man kenne jetzt nen Knasti. Die vermeintliche Strafe hat bei meinen Freund*innen nicht zu einer positiven Verhaltensänderung geführt, sondern diese nur noch weiter destabilisiert (Panikattacken, Flashbacks, Emotionale Kälte, Grausamkeit…). Ein so tiefgreifende Misstrauen und verletztes Sicherheitsgefühl ist schwer zu heilen und trägt sich in jeden Lebensbereich. Was einem Freund geholfen hat ist sein Hund, ähnlich wie Kriegsveteranen hat ihn dieser stabilisiert.
Mich frustriert das alles unheimlich. Also dieses Abhängen. Meine Konsequenz ist, dass mir Menschen wichtiger sind als auf Recht&Ordnung (wenn davon nur eine Elite profitiert) zu bestehen: Wenn also jemand im Supermarkt klaut, rede ich halt mit dem Personal spontan übers Wetter. Wenn Tickets im Bus kontrolliert werden, entleere ich dramatisch meine Taschen bis zu nächsten Station. Wenn ich die Polizei beim Kontrollieren von Taschen, etc bei offensichtlich suchtkranken Menschen sehe, biete ich mich als Zeuge für die Person an.
Mir wäre es also auch egal ob jemand nen Fahrrad oder ne Traube vor mir klaut, wenn keine Person, sondern ein Unternehmen schaden nimmt. Das Wetter ist schließlich toll heute… oder?
(Sorry für den rant, einer der anderen Freunde wird die Folgen der UHaft wohlmöglich nicht überleben und das Thema Strafvollzug in Kombi mit sozialer Ungerechtigkeit triggert das ein bisschen )