Blaulicht
Ihre Brillengläser reflektieren das blinkende Licht des Rettungswagens. Ich halte sie in meinem rechten Arm. Gerade mal zwanzig Jahre alt. Wenn man sowas das erste Mal erlebt, darf man nicht allein sein. Eine Frau kommt und holt sie ab. Ohne sich zu verabschieden, steht sie auf und geht.Ein Sanitäter klopft mir auf die Schulter. „Alles ist in Ordnung!“
„Ist nochmal gut gegangen.“
Gut, dass ich wieder da war.
Ich hänge mir meine schwere Tasche um die Schulter und laufe zur U-Bahn.
Die ersten Tränen kommen. Meine Hände beginnen zu zittern.
Als mich der Zug mitnimmt, krame ich mein Handy raus. Irgendwas anschauen.
Silvia hat eine neue Katze. Axel macht eine Bikertour. Robert ist zwölf Kilometer gelaufen. Sandra heizt ihren Kachelofen ein. Bea hatte gestern Mädelsabend im Hotel Stanglwirt. „Heute ist Petra´s Geburtstag, schreibe was Nettes auf ihre Pinnwand.“ …
Endstation.
Erleichtert höre ich das Geräusch, wenn Zuhause die Tür hinter mir ins Schloss fällt. Über meinen nüchternen Magen breitet sich der Riesling aus und das letzte Fünkchen der inneren Aufruhr erlischt. Meine Augen fallen zu und es klingelt an der Tür.
Auf nackten Sohlen husche ich durch die Diele. Du nimmst gleich zwei Stufen auf einmal. Ich erkenne Dich an Deinen schnellen Schritten. Du schaust mich besorgt an. Wir legen uns sofort ins Bett. Du flüsterst mir was ins Ohr. Deine sanften Finger zeichnen Kreise auf meinen Rücken. Ohne Dein Festhalten wäre ich verloren.
Als mein Handywecker klingelt, bist Du schon weg. Ein bisschen schlaftrunken richte ich mich auf. Mein Bett war leer. Das war nur der Wunschmann.