Dreizehn Tropfen
Ich bin ein Schori, angefixt, ein Suchti, immer drauf und dran affig zu werden und den Verstand zu verabschieden mit einem Lebewohl und einem Arschtritt. Mein Gehirn ist ein nasser, verranzter Schwamm, der in der Ecke liegt und langsam ausblutet. Dreizehn Tropfen gab sie mir von ihrem Zeug. Mittels dünner Nadel mir ins Gehirn gerammt. Drei hätten genügt, um mich zu hacken und ihren Code mir ins Hirn zu brennen. Die zehn waren nur zum Queenen da. Und zum Besetzen. Zum Festhalten, zum Hochschalten.
Ich halte nicht durch. Ich öffne die App zweimal die Minute. Diese App und die andere auch. Immer wieder schau ich nach.
Ungeduldig, hastig, fahrig. Meine Hand hat ADHS oder mehr. Meine Hand muss zum Psy und der zum Priester. Meine Hand führt sich auf wie ein gestörter Klassenkasper, der nicht hört und der einfach nicht aufhört und der gegen jede Mahnung immer wieder den selben Zwanghaften Scheiß macht. Ich bin der Störenfried meinerselbst. Und ich bin ein Hampelmann. Sie hat an der Schnur gezogen und ich führe die erwartbaren Bewegungen aus. Notorisch. Aber vielmehr noch bin ich der Hund von Pawlow. Sie hat die Trigger gesetzt und ich zeige das gewünschte Verhalten. Historisch.
Zwanghaftes Wichsen bei jeder Gelegenheit. Dreizehn Tropfen. Toiletten von Tankstellen. Teure Tempos kaufen. Satzfetzen. Alte Nachrichten lesen. Hundertmal die Stunde nachschauen. Ist sie da? Wo ist sie? Hat sie geschrieben? Warum hat sie nicht geschrieben? Hat sie meine Antwort gelesen? Wann schreibt sie denn bloß, warum schreibt sie mir nicht? Wann wird sie grün? Ach werd' doch grün...!
Zweimal die Minute seh' ich nach. Ich hasse mich selbst dafür schwach zu sein. Wenn sie grün wird, trommelt mein Herz los wie der Drummer einer Speedmetalband auf Speed und mein Atem galoppiert mir davon. Viel zu schnell. Ich aktualisiere sekündlich, um keine Zeit zu vergeuden. Während ich das hier schreibe, habe ich zwei Dutzend Male nachgeschaut und tue es jetzt gleich wieder…
Nichts.
Ich warte.
Manchmal wart' ich lang und manchmal für nichts. Alles wiedergutmachende Erklärungen reichen sich die Klinke in meinem Kopf und manchmal die Klinge. Aber ich kauf alles. Ich warte. Ungeduldig. Wie so'n Schori in der Unterführung schon halb affig. Aber was kann man da schon machen?
(c) 2021 Leo Himmelsblau
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