Sitzend, mittig platziert
Der Abschied von ihm war kurz und knapp. Entweder waren Abschiede nicht seine Stärke oder er zeigte sich absichtlich kühler um der vorangegangenen sehr nahen Zeit ein klares Ende zu setzen. Ich schloss die Tür hinter mir und kurz auch meine Augen, begab mich zurück ins Wohnzimmer und drehte die Musik lauter. Florence and the Machine sangen 'Dog Days are over' - welch passender Titel.
Mein Körper begann sich zur Musik zu bewegen. Erst langsam um sich einzufühlen in meine Melodie, die ich in mir spürte und die hinaus wollte, weil sie erstmals gehört wurde. Meine Melodie ging über in die aus dem Radio. Es war stimmig. Genauso wie der Tanz mit ihm.
Mutig tanzte mein wärmegefüllter Körper stetig raumeinnehmender, dynamisch und geführt aus meiner tiefsten inneren Zufriedenheit. Eine Zufriedenheit aus dem Bauch irgendwo auf der Verbindungslinie zwischen Bauchnabel und Schambeinoberkante.
Warum hatte ich mir damit nur so viel Zeit gelassen und mir nicht schon viel früher diese Wohltat gegönnt?
Aber wie hätte ich es auch ahnen sollen, ohne bisher davon probiert zu haben? Gedanken für später.
Nun tauchte mein Körper weiter ein in die Musik und ich ließ mir freien Lauf: Meine Freude über diese unglaublich wohltuende Nähe, die ich in den letzten zwei Stunden erleben durfte. Mit runden fließenden Bewegungen quer durch den Raum spielte ich das Erlebte nochmals auf. Um es für mich gut abzuspeichern und zu integrieren bis in jede Zelle.
Ich war hungrig nach Worten und Berührung, nach Spüren und Führung. Neu war es alles:
Die Zügel aus der Hand gleiten zu lassen und die letzten Bedenken beiseite zu schieben.
Der sanftbestimmten Druckrichtung seiner Hände zu folgen, in den großen offenen Raum hinein vor das Sofa, war so aufregend für mich, dass mir im Stand die Knie weich zitterten und ich kaum die Weinflasche ruhig halten konnte beim Befüllen seines Glases.
Und ab da ließ ich mich einfach hineinsinken in seine Hände. Zauberhände, die mir mit jeder sanften und jeder festen Berührung ein sich ausbreitendes Ziehen über meine Mitte aufwärts schenkten.
Später lenkte mich sein Druck auf die Knie, dann wieder hoch in den Stand, diesmal kniete er. Auch das war mir so neu, so neu. Mein Bein zitterte wieder.
Noch ewig später kam seine wunderbare Zauberhand um mich auf ihn zu ziehen. Sitzend mittig plaziert. Für einige Zeit ein gefühlter Lebensplatz. Keiner hatte mich je zuvor so geführt. Seine fast unsichtbaren Hilfen, die ich bisher nur von Reitern kannte, trieben mich an oder parierten mich. Er nannte mich 'brav' und ich versuchte das zu überhören.
In mir durfte etwas Raum einnehmen und sich zeigen, das bislang noch niemals jemandem so willkommen war.
Ich wagte mich bis an meine größte Unsicherheit und bekam dafür die Welt.