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Die Ausstellung

Die Ausstellung
Die von mir fälschlicherweise erkannte Einkaufsstraße war mehr eine kleine Anhäufung von Geschäften, die schon nach mehreren Metern in ein Viertel von grauen Mietshäusern führte. Ich drehte mich um und sah das große Schild einer Ausstellung:

SHIBARI
Japanische erotische Fesselkunst


Anfänglich ignorierte ich die großen Letter, doch ich stutzte. Den ersten Begriff kannte ich nicht, jedoch weckte der Zusatz mein Interesse. Ich hatte keinerlei Erfahrung mit Fesselungen und ich sah es mehr als Tortur an als eine Kunst. Ich hatte nichts Besonderes geplant und so schlenderte ich in Richtung des Einganges. Als ich in der Lobby die Plakate überflog, überzeugte mich einer der Schriftzüge: Shibari unterstreicht die Schönheit des weiblichen Körpers. Eine Fantasie von gebundenen Frauen, die durch den Verlust einer Freiheit in eine sinnliche Ekstase verfielen. So bezahlte ich den übertriebenen Eintritt und hoffte, dass es sich lohnen würde.

In den großen Räumen befanden sich Fotos, Bilder und Skulpturen. Die Darstellungen waren fremdartig und zugleich aufreizend. Ohne länger an einem Kunstwerk stehen zu bleiben, spazierte ich durch die Ausstellung. Dabei nahm ich gemalte, geformte und abgelichtete Frauen wahr, überwiegend Japanerinnen, die gefesselt waren. Die Szenen wirkten nicht abstoßend, nur fiel es mir schwer, mich in die Situationen hinein zu versetzen. Irgendwann verweilte ich vor einem Bild einer knienden, kaum bekleideten Frau, die von einem Mann mit dicken Seilen festgebunden worden war. Die gezeigte Demut und ihre Ausstrahlung empfand ich als unerwartete Leidenschaftslosigkeit.

Noch in dem Bild vertieft, nahm ich eine weibliche Stimme neben mir wahr: "Hallo, ich bin Gabriele. Darf ich fragen, ob Ihnen das Bild gefällt?" Als ich mich umdrehte, stand da eine Schönheit mit dunklen Haaren, tiefbraunen Augen und auffallend roten Lippen, die sich zu einem Lächeln formten.
"Ich verstehe nicht viel von Kunst und bin eigentlich nur hier, um mir die Zeit zu vertreiben."
"Die Samurai entwickelten Shibari, um ihre Gefangenen zu foltern. Die meisten Techniken sind bis heute noch geheim und nur ein kleiner Teil wurde überliefert. In diesem Bild können Sie erkennen, dass die heutige Umsetzung das Schöne einer Frau hervorheben will", erklärte mir Gabriele teils sachlich und doch mit einem gewissen Engagement. "Wir haben hier die Möglichkeit, dass ich es Ihnen demonstrieren kann, vielleicht verstehen Sie es anschließend besser?"
Verwundert hob ich die Augenbrauen. Ich hatte nicht die geringste Vorstellung von dem, was sie damit meinte. Erst erwägte ich abzulehnen, dann dachte ich mir, was würde schon passieren und antwortete: "Gerne."
"Dann folgen Sie mir bitte in unseren eigens dafür eingerichteten Raum", sagte sie, als sie auf eine Tür am Ende der Galerie zuging. Ich folgte und nach ein paar Schritten las ich das Schild neben dem Eingang:

Separee der Fesselung
(Entkleiden ist nicht gestattet!)


Gabriele hielt mir die Tür auf und schaute dabei auf ihre Armbanduhr, was ich in diesem Augenblick nicht wirklich wahrnahm. Der Raum war verdunkelt und ich hörte getuschelte Laute genauso wie lebhaftes Lachen und mögliches leises Stöhnen. Ich stand im Rahmen der Tür und zweifelte, als sie meine Hand nahm und mich ohne Worte hineinführte.

Als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte ich kreisförmig angeordnete Kabinen, die mit schweren Vorhängen zum Teil verschlossen waren. Gabriele zog einen halboffenen Stoffvorhang zur Seite und stellte sich vor eine Wand, bevor sie mir zuwinkte: "Schließen Sie den Vorhang, wenn Sie hereinkommen. Bitte."

Seitlich sah ich ein Plakat, welches verschiedene Fesselungstechniken zeigte und daneben hing eine Vielzahl von Seilen. Unbewusst strich ich mit einer Hand darüber, zu meiner Überraschung fühlten sie die Stricke aus Jute und Hanf weich und geschmeidig an. Gedankenlos griff ich eines und hielt es ohne weitere Bewegung in der Hand.
"Versuchen Sie mich als Kunst zu fesseln, schaffen sie etwas Ästhetisches." Dabei hob Gabriele beide Arme mit den Händen übereinander gekreuzt nach vorne.

Mit einem Ende in der Hand schritt ich langsam auf sie zu, als sie die Hände nach unten nahm: "Einen Moment noch, sonst kann ich es später nicht mehr." Sie zog die Bluse aus dem Rock und hackte rücklings greifend den Verschluss ihres Büstenhalters auf. Schließlich öffnete sie zwei Knöpfe ihrer Bluse, sodass ich die Ansätze ihrer Brust erkannte, und zog die Träger unter dem Stoff über die Schulter. Um dann das reizvolle Stück aus einem ihrer Ärmel zu ziehen, welches sie achtlos auf den Boden fallen ließ. Ich schaute nach unten, sah die feinen roten Spitzen, als sie die Arme wieder vor sich streckte.

Es war erregend, wie Gabriele mit einer scheinbaren Hingabe vor mir stand. Ihre Brüste schimmerten durch den Stoff. Das mit Pagenschnitt umrahmte Gesicht war für mich schwer zu deuten. In meinem Kopf kreiste die Frage, ob sie wirklich etwas sexuell Aufregendes empfand oder dies nur ein eingeübtes Spiel sei. Schließlich ignorierte ich das Durcheinander im Kopf und fing an, einige Schlaufen um ihre Handgelenke zu legen. Mit der Aufregung bemerkte ich das Zittern meiner Hände, sodass ich das Seil nicht durch die gedachte Schlaufe brachte. Ich löste die Verstrickung und fing von vorne an. Dieses Mal schaffte ich eine bessere Variante und zog den Knoten zu.

"Das Fesseln soll für beide Beteiligten als Entspannung für Körper und Geist dienen", erklärte sie als Reaktion auf mein fragendes Gesicht.
"Entspannung?", äußerte ich spontan. Es war mir in diesem Moment unbegreiflich, wie ich relaxen sollte. Ich war nervös und kam mir unbeholfen vor. Meine Empfindung war eher, dass ich ein Perversling war. Mein Blick starrte ins Leere. Ich hörte seltsame Worte und Geräusche aus den anderen Kabinen. Mit naiver Neugier hatte ich mich auf etwas eingelassen, was meinen Horizont um ein Vielfaches überstieg.

"Bleiben Sie ruhig", hörte ich die leise Stimme von Gabriele: "Sie brauchen mir nicht wehzutun. Körperliche und geistige Schmerzen sollen beim Shibari vermieden werden. Ich werde Ihnen mitteilen, wenn Sie eine Grenze überschreiten." Sie gab mir eine kurze Pause, in der ich durchatmete: "Binden Sie meinen Körper, legen Sie die Seile über meine Brust und nehmen Sie sich Zeit, um es zu genießen." Mit ihren gebundenen Händen nahm Gabriele ein weiteres langes Seil und hielt es vor mich.

Mit verlorener Gedankenkontrolle malte ich mir in meiner Vorstellung ein Bild von Gabriele in sinnlicher, hingebungsvoller Erregung aus. In diesem Rausch gefangen nahm ich das Seil, worauf sie sich gegen die Wand lehnte. Mit leicht gespreizten Beinen zeigte sie sich mir mit vorgeschobenem Unterkörper, hob dabei die gefesselten Hände über ihren Kopf und schloss die Augen. Ihre gespielte Hingabe war ein Traum. Mein Atmen wurde langsamer, wenn auch meine Aufgewühltheit sich in einem Schub von leichter Ekstase als kleiner in mir wirbelnder Sturm aufbäumte. In diesem Moment sah ich mir das Plakat mit Fesselungen an. Wie angezeigt legte ich die Schlinge erst über ihren Bauch, dann über den Rücken führend wieder nach vorne, dabei versuchte ich Gabriele nicht zu berühren. Dies wiederholte ich zweimal, um dann das Seil straffer unter ihrem Busen festzuziehen. Sie stöhnte kurz auf, aber ließ die Augen geschlossen. Langsam kam in mir ein angenehmes Gefühl auf. Zum einen war es erregend, die Kontrolle über ihren Körper zu haben, zum anderen mimte ich mich als Künstler.

Nochmals schaute ich auf die Anleitung. Es war, wie eine Beschreibung des schwedischen Möbelhauses, bei dem ich ständig den Eindruck hatte, es wären wichtige Details vergessen worden. Also legte ich meine Hand auf ihren Busen und wartete auf eine verneinende Reaktion von ihr. Als diese nicht folgte, umklammerte ich ihre füllige und gleichzeitig sich zart anfühlende Brust. Mit der anderen Hand versuchte ich, eine Schlaufe um diese zu legen, doch rutschte das Seil ab und so packte ich fester zu. Ich probierte das Seil enger darum binden, damit es nicht entwischte. Gabriele ließ es geschehen und letztendlich schaffte ich, dass ein Teil ihrer Fülle stramm nach vorne stand. Obwohl ich sie begrabschte, hatte sich meine Erregung gelegt, ich hatte mich derart auf die Bindetechnik konzentriert, dass sich das Erotische verlor. Etwas routinierter nahm ich die zweite Brust in Angriff, aber noch immer mit voller Achtsamkeit auf die notwendige Technik. Zu guter Letzt band ich das Ende über ihren Rücken und verknotet es auf einer Seite. Ich betrachtete mein Kunstwerk und in diesem Augenblick war es mir peinlich. Das Ganze ähnelte eher einem dilettantischen Geschnürtem, als ob ich einen Sack ungeschickt gebunden hatte. Durch mein arges Bemühen war es mir gelungen, die Schönheit von Gabriele in eine alberne Darstellung zu verwandeln.

Einige Sekunden später öffnete sie die Augen, ihr Blick war sachlich: "Ich denke, diese Art der erotischen Kunst ist nichts für Sie. Wir sollten es beenden."
"Ich werde Sie losbinden, bevor ich noch Schlimmeres anrichte."
Sie nahm die Hände herunter und ich löste den Knoten an ihren Handgelenken. Das Aufdröseln der Seile um ihren Busen überließ ich ihr selbst, um weiteres Befummeln meinerseits tunlichst zu vermeiden. Mit diesem Anblick und ihrer Nähe beschimpfte ich mich ohne lautgesagte Worte, dass ich einer der größten Trottel sei. Doch es war beendet und so schaute ich ihr zu, wie sie die zerknitterte Bluse in den Rock steckte und ihren Büstenhalter vom Boden aufhob, den sie in der Hand behielt.

"Darf ich Sie nach draußen führen?" Mit dieser Frage stakste sie zu den Haken und hing die beiden Seile an die vorgesehene Stelle.
Als wir wieder im Ausstellungssaal standen, hoffte ich auf Weiteres und sah sie fragend an. Gabriele schaute auf ihre Uhr: "Es waren 18 Minuten, also sagen wir eine Viertelstunde, das macht dann 125 Euro."
Im ersten Moment war ich sprachlos und es folgte eine innerliche Empörung. Ich war überrumpelt worden. Ich wollte mich beschweren. Die Leute um mich herum über diese Irreführung lautstark, wenn nicht sogar brüllend, in Kenntnis setzen. Doch ich unternahm nichts Derartiges. In der gezeigten Kunst ließ sich die Demut erkennen und in diesem Moment war ich es, der von seiner eigenen Dummheit gedemütigt wurde. Also nahm ich meinen Geldbeutel und gab ihr die besagte Summe. Gabriele nahm die Scheine, wendete sich von mir ab und verschwand ohne Verabschiedung in einen der anderen Räume. Es war mit Abstand die teuerste Ausstellung, die ich je besucht hatte.
********t_64 Frau
3.073 Beiträge
Sehr amüsant... *top*
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