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Sylvia und Della Silva oder Nomen est Omen

Sylvia und Della Silva oder Nomen est Omen
Dieses Jahr kommt der Frühling nicht langsam, beständig, zaghaft und dennoch unaufhaltsam - er kommt in rasender Geschwindigkeit, wie eine Explosion: Gleichzeitig bedecken nicht nur Frühlingsboten überall in bunten Farben den Boden, auch Büsche und Sträucher stehen in die Sinne erdrückender Pracht, dazu sogar noch die Kandelaber der Kastanien ... eine geheimnisvolle Macht ergreift so auch innerlich überschäumend Sylvia. Beunruhigendes und nicht mehr länger Aufzuschiebendes liegt in der Luft.
Der Frühling bricht - so scheint es - mit aller Frische und Fülle erdrückend von den künstlich errichteten Kulissen der menschlichen Alltagswelt herunter und überführt sie all ihrer grauen Fadenscheinigkeit.
Sylvia will da nicht länger mitmachen. Die Zeit bringt auch für sie Veränderung. Befreiung von einer als Joch empfundenen Ehe voller Langeweile und Überdruss, die wie Nebel auf dem von ihrem nach Schweiß und Bier stinkendem Ehemann gefurchten Körperacker liegt: Die Sonne soll endlich flammend aufgehen, so leuchtend, dass das Grün einer Hoffnung, zart wie Schneeglöckchen noch, auch in ihrem Leben aufgeht - ja, Sylvia ist verliebt in den zurückhaltenden, in seine Bücher vernarrten Nachbarn, der vor einem halben Jahr vis-a-vis eingezogen ist und an der Uni eine Stelle hat.
Verträumt, entdrückt, geht er seiner Wege, Knabenhaftigkeit befindet sich noch in seinem Gesicht. Warum sie sich von dem in jeder Hinsicht anderen Mann angezogen fühlt? Der so anders ist als von ihr vorgestellt? Erträumt? Ersehnt? Gewünscht?
Vielleicht ist es gerade deshalb Liebe, weil es darauf keine Antwort gibt und sie eine geheimnisvolle Macht ist, der sich Sylvia nicht entziehen kann ...

Ein Zustand hat von ihr Besitz ergriffen, der nicht anders als wahnsinnig zu nennen ist - der Frühling ist frisch und kraftvoll inihrer Brust erwacht und erblüht und wird von Tag zu Tag drängender - hin zu dem fremdländischen Nachbarn namens Della Silva.
Unablässig denkt sie an ihn - die Fata Morgana eines für sie erfüllten Lebens. Mit weit aufgerissenen Augen, in denen das Feuer der Leidenschaft sich spiegelt und flackert, ruft sie seinen Namen in langen schlaflosen Nächten. Mit offenen Augen, die nichts wahrnehmen außer ihm, wie ein Tier während der Brunft lauert sie als Jägerin ihrem Opfer auf, bis sie ihn eines Nacht getrieben von ihren Trieben tatsächlich findet.

Mit festen Schritten geht sie auf ihn zu. Nimmt ihn bei der Hand und befiehlt: "Komm'!"
Und er geht mit. Denn längst ist er auch ihrer Anziehungskraft erlegen - auch wenn er es sich überhaupt nicht eingestanden hat und hätte.

Sie gehen rasch, schweigend, Hand in Hand. Schon sind sie in den nahen Weinbergen. Gehen weiter geradewegs durch sie hindurch auf den dahinter liegenden Wald. Keiner von beiden sagt etwas. Der Schein ihrer Leidenschaft erhellt den Weg.
Die Nacht nimmt von den beiden keinerlei Notiz und lebt weiter unbeteiligt ihr nächliches Leben. Magisch ist das Wispern der Stille. Mystisch ist die alles umspannende, unendliche Finsternis. Gefallenes Holz leuchtet mit verführerischem Schimmer. Leichter Wind ist aufgekommen, kühlt die beiden und flüstert doch geheimnisvoll in rot gesäumten Nadeln, denn Blätter gibt es noch nicht, der schwarz tragenden Baumstämme eine Sprache, die nur zu den beiden spricht.
Im Moos unter einer Eiche setzen sie sich, als hätten sie ihre Füße ohne ihr Dazutun hierhergebracht.
Wortlos, nur mit dunklen, uralten, tierhaften Lauten, streifen sie sich ihre Kleider von den Leibern, ihre Haut glänzt merkwürdig unschuldig hell im Unterholz, sie küssen sich, für eine gegenseitige Entdeckung ist keine Zeit, sie fallen ungestüm übereinander her, fallen sich in die Arme, in die Beine, werden eins ... Sie stoßen mit ihren Stößen Schreie aus in erfülltem Glück, selber Teile des Frühlings, seiner Luft, die schwanger ist von keimendem Fliederduft.

Ihr Feuer entzündet die Atmosphäre, die Welt. Ihren Pesthauch, ihren Stumpfsinn, ihren Irrwitz, der sie anweht. Ihnen schwindelt. Wie heißen Wachs spüren sie die Berührungen des anderen in den Fingern. Flammen züngeln schmerzhaft daraus wie Feuerzeuge, mehr noch: wie Flammenwerfer. Sie halten ihren Atem an in unklarer Erwartung, während erste Flammen in den Häusern unterhalb der kleinen Anhöhe, auf der sie sich befinden, sichtbar werden. Sie erblicken hellen, lodernden Schein hinter Fenstern, immer mehr, bald in allen Häusern. Schreie gellen durch die Nacht. Das Feuer, ihr Feuer frisst unaufhaltsam, mit ungestilltem Hunger, einem Rachehunger. Das Geschrei, zu dem sich Sirenengeheul der Feuerwehren gesellt hat, ist größer als rettende, löschende Tatkraft - alles ist verloren, ängstlich rotten sich die Menschen zusammen, rufen um Hilfe, beklagen ihr Hab und Gut, rühren sich nicht mehr, schreien bloß an gegen an das Feuer, gegen die Leidenschaft, in der Sylvia und Della Silva eins werden, mehrmals kommen, immer öfter kommen, ihre rote Zungen verschlingen alles, was sie belecken können.

Vor Hilferufen ist die Nacht erfüllt. Allerdings umsonst gebrüllt in die Nacht, zu der Nacht. Della Silva hält Sylvia an seine Brust gepresst, gibt sich gleichsam Halt an ihre bebende Brüste gepresst.
Der Himmel rötet sich, rötet sich immer stärker, tiefrot, blutrot, das Feuer geht von den beiden aus, ergreift Besitz von der Stadt unter ihnen, erst diese eine Stadt, dann weitere Städte, Stadt um Stadt, schließlich alle Städte, die unrettbar verloren sind, von der ganzen Welt, die unaufhaltsam zugrunde geht, während die beiden in den Himmel fahren ...
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