„Woher kommt dann die Angraschkultur die man heute in Swingerclubs erlebt?
Nach der Theorie meiner Freunde (Hallo, Andrea!) gab es a priori grundsätzlich die Regel, dass man vorsichtig anfasst, um Interesse zu bekunden. Allerdings wurde das per gemeinsamem Konsens immer nur dann praktiziert, wenn auch Blickkontakt da war und wenn ein Paar nicht gerade in voller Fahrt war. Gab ja noch keine Bar - Sofaecke - Matten-Teilung wie heute üblich, höchstens die Zapftheke vom privaten Partykeller; deshalb saß man rum und hatte sich im Arm, ein anderes Paar setzte sich daneben, und DA wurde gestreichelt.
Notabene: 1) das war zu Zeiten, als man ein Paar sein musste, um mitswingen zu können - es war ein fast reines Pärchen-Partnertausch-Ding; und 2) kannten sich die Leute schon vorher - es ging also quasi
immer ein Kennenlernen dem Tippen voraus.
Mit dem Aufkommen der Gangbangparties kamen Solomänner dazu - und alleinstehende Frauen, die den Männerüberschuss mochten. Da hat sich die Frau auf einer speziell dafür ausgerichteten Gangbangparty allgemein verfügbar auf den Barhocker oder die Matte gelegt, und die Männer kamen an, wie sie gerade Lust verspürten. Wenn die Frau gerade abgelenkt war, stupste man: hey, mein Schwanz würde auch gerne geblasen werden.
Da war das Tippen ein Akt der Höflichkeit, um der Frau die Möglichkeit zum Abwinken zu geben, anstatt direkt reinzustoßen.
Diese Gepflogenheit wanderte dann, als sich die Szene professionalisierte und die ersten spezialisierten Swingerclubs kommerziell betrieben wurden, auch auf die anderen Parties und stieß dort, wie ich höre, auf recht gemischte Gegenliebe. Da entstand die "mittlere Generation" von Swingern, die weitaus weniger homogen war. Und unter denen waren viele auf den GB-Parties sozialisiert und nahmen ihre Vorstellungen mit. Es funktionierte noch, weil viele Frauen noch gesellschaftlich auf Konfliktvermeidung programmiert waren und nichts gesagt haben, auch wenn es ihnen unangenehm war.
Meine Freundin Andrea sagt, es sei zu dieser Zeit ein regelrechter Exodus von Frauen aus der Szene erfolgt, viele ihrer Freundinnen hätten aufgehört oder sich nur noch privat mit ihren Freunden zum Partnertausch getroffen. Grund war: wachsende Anonymität und Übergriffigkeit, die Vorstellung von "Verfügbarkeit" - wer ficken wollte, musste nicht mehr seine Swingerkontakte sorgfältig pflegen; die Chance war, dass er die Frau, die er genervt hatte, sowieso nicht wiedertreffen würde. Also wurden die Umgangsformen unangenehmer, und das passte vielen Frauen nicht.
Die Folge des Frauenverschleißes war, dass immer mehr Parties notgedrungen zu Herrenüberschussparties erklärt wurden, damit die Swingerclubs ihre Kosten decken konnten.
In den letzten 10 Jahren hat sich dann wieder eine neue Generation Swinger eingefunden. Dabei sind sehr junge, hübsche, knackige Exemplare, die mit Recht wählerisch sein dürfen. Zudem sind sie anders sozialisiert, sexpositiver, freier, gerade die Frauen selbstbewusster, selbstbestimmter und eher bereit, Grenzen aufzuzeigen. Sie nehmen sich auch einmal heraus, eben einen Abend nicht zu ficken, wenn ihnen keiner zusagt; ihr frivoles Kleidchen schauzutragen, wenn ihnen danach ist; nicht das Spiel der frustrierten Männer mitzuspielen.
Gleichzeitig gibt es in dieser Generation eine Menge heißer Jungs, die ihren Stolz daran setzen, Frauen nach allen Regeln der Kunst zu verführen, klarzumachen und ihnen dann mit ihren Skills eine unvergeßliche Runde auf der Matte zu bescheren. Die Schere zwischen ihnen und den Flurtigern klafft mittlerweile sehr weit. Da kann man es Mädels nicht verdenken, wenn sie sich so einen geangelt haben, dass sie halt nicht noch jemand (sorry) aus der zweiten Garnitur als Störer dabeihaben wollen.
Dazu muss ich anmerken, dass es auch in der zweiten und ersten Generation echt heiße Gentlemen gibt, die dieselbe Schiene fahren und dementsprechend Frauenschwarm sind. Und umgekehrt hat die dritte Generation auch Leute hervorgebracht, die echt bratzig sind - aber die wurden da häufig von den Vorstellungen der zweiten Generation infiziert.