Hallo,
auf deine Frage, ob es auch Negatives zum Thema Sexualität gibt, mag ich antworten.
Ich bin Asperger-Autistin und eines meiner Spezialinteressen ist das Thema Sexualität. Sehr lange Zeit nur theoretisch, auch in meiner Ehe, in der ich lange, lange, lange Phasen hatte, in denen ich asexuell gelebt habe, was dann schließlich auch zur Trennung führte. Grund war dafür, also für die phasenweise Asexualität, daß ich Berührungen unangenehm bis äusserst störend empfunden habe. ABER..das war einfach auch ein Gratmesser für die Qualität der Beziehung, aber auch der Beziehung zu mir selbst.
Danach habe ich ziemlich selbstbestimmt ohne Beziehung im klassischen Sinne, meine mir eigene Sexualität ausgelebt und kennen gelernt, hat mir alles in allem gut getan. Wobei dabei meine ziemlich ausgeprägte Naivität und große Neugier einen nicht unerheblichen Anteil hat/hatte.
Ich habe dabei festgestellt, daß ich trotz meiner Wahrnehmungsstörung, sehr leidenschaftlich und gefühlvoll bin und mich in meiner Körperlichkeit im Grunde nur über meine Sexualität wirklich wahrnehmen kann, wie auch meinen Partner.
Darüber habe ich gelernt für mich erfüllende sexuelle Begegnungen zu haben und zu geniessen.
Ich habe aber auch gelernt, daß diese Begegnungen Tiefe brauchen, um für mich erfüllend zu sein, was ich leider nicht mit vielen Menschen erleben kann. Glücklicher Weise waren und sind in meinem Leben genau diese Menschen vermehrt, mit denen ich diese Tiefe auch erfahren kann, weil sie sich auf mich und meine Art, meine Sexualität zu leben, einlassen. Auffällig dabei, die meisten Männer waren und sind meist sehr fasziniert, was mich wiederum verwundert.
Ich merke aber auch, daß mir hier häufig eine unangenehme, teils pornöse Oberflächlichkeit begegnet, die ich für mich ablehne, weil Sex nicht reine Triebbefriedigung ist, sondern immer eine tiefe Begegnung zweier Menschen, auf einer sinnlich-emotionalen Ebene.
Für mich ist meine andersartige Wahrnehmung im Grunde auch keine Störung. Sie ist es erst dann, wenn mein Anderssein von anderen Menschen als störend empfunden wird und zu Schwierigkeiten bei der Kommunikation führt. Daher hat mein Anderssein meist bei der Beziehungsgestaltung oder schon beim Eingehen einer Beziehung negative Auswirkungen, weil ich das jeweilige Gedankenkonstrukt des anderen nicht verstehe und völlig anders wahrnehme und denke, wie ein neuronormaler Mensch. Das führt dann meist dazu, daß derjenige ebenfalls verunsichert ist und ich dessen "Erwartungen" nicht entspreche.
Ansonsten sind Menschen im Autistischen-Spektrum ebenso unterschiedlich wie neurotypische Menschen eben auch.