Traum und Wirklichkeit
Es haben sich hier viele zu Wort gemeldet, die solche oder ähnliche Träume mal ausprobieren möchten. Nur wenige, soweit ich das verstanden habe, haben tatsächlich mal solche Erfahrungen gemacht und die waren dann wohl auch zeitlich begrenzt. Daher möchte ich hier mal von meinen eigenen Erfahrungen sprechen.
Ich bin Sub/Maso und treffe mich regelmäßig seit 4 Monaten mit einem Pärchen, er Dom und sie auch Sub. Bevor ich die beiden kannte, hatte ich keinerlei Erfahrung mit SM. Ich bin also noch Schülerin, werde von ihm ausgebildet. Ich bin total glücklich, BDSM für mich entdeckt zu haben, ich will nichts anderes mehr. Ich habe meinen Dom sehr gerne und seine Freundin auch (wir sind beide bi) und ich fühle mich sehr wohl bei den beiden. Ich habe schon öfters mehrere Tage am Stück bei den beiden gewohnt. Wir vertrauen uns gegenseitig und können über alles reden. Ich bin total dankbar, das er mich hier im JC gefunden hat und mich auf so sanfte, sensible Art an die Erfüllung meiner Träume herangeführt hat.
Soweit so gut. Aber natürlich gibt es eine GROSSE Lücke zwischen Fantasie und Wirklichkeit. Auf der einen Seite bin ich nicht devot genug, um eine 24/7-Beziehung haben zu können, ich kann meinem Dom nicht alle Macht überlassen, ich brauche meine eigene Wohnung und meine Privatsphäre. Wenn ich bei ihm bin, dann hat er alle Macht, aber wenn ich gehen will, gehe ich. Sonst würde das für mich nicht funktionieren. Um sich auf unbefristete Zeit derart zu unterwerfen, dass man keine eigene Wohnung mehr hat, dass funktioniert nur, wenn man sehr stark devot ist.
Zusätzlich dazu ist seine Freundin schon manchmal eifersüchtig auf mich. Das lässt sich nur sehr schwer vermeiden. Sie muss ihren Herrn und Geliebten, zumindest was seine Zeit angeht, teilen, das führt häufiger dazu, dass die beiden Subs frustriert sind, weil sie nicht genug bekommen und der Dom ist total erschöpft, weil so eine Session schon Kraft kostet. Vor allem, weil man ja auch noch ein "normales" Leben hat, arbeiten, Haushalt, essen, schlafen, sich auch mal ausruhen, da ist nicht viel Zeit, um zwei Nimmersatte Subies zu befriedigen.
Und ausserdem könnte ich es als Single nicht ertragen, ständig mit einem Pärchen zusammen zu sein. So werde ich ständig daran erinnert, was die beiden haben und ich nicht. Im Moment bin ich froh, Single zu sein und will das gar nicht ändern. Aber auf lange Sicht, wenn man länger bei einem Pärchen wohnt, fühlt man sich doch ausgeschlossen und wie das fünfte Rad am Wagen. Auch wenn man die Wohnung und das Bett teilt, es bleibt immer etwas entscheidenes, was man nicht teilt. Abgesehen davon will jedes Paar doch auch mal wieder Zweisamkeit erleben. So schön diese Sache zu dritt auch ist, ein Paar will nicht ununterbrochen zu dritt sein.
Das alles führte schon einige Male zu kleineren Katastrophen und abstürzenden Subies. Und mein Herr hatte viel mehr mit Trösten und Tränen trocknen und wieder Aufbauen als mit Schlagen und Unterdrücken zu tun. Er kann ja beides sehr gut, aber auf Dauer ist das kein Zustand. Das alles sind Probleme, die im Kopfkino nicht vorkommen, in der Realität aber schon.
Das Ende vom Lied ist, das ich mir jetzt weitere Spielpartner suche, vorzugsweise Single-Doms, damit mein Dom mehr Zeit für seine Herzallerliebste hat und auch ich nicht mehr das Gefühl habe, zu kurz zu kommen. Ich treffe mich auch weiterhin mit dem besagten Pärchen und auch anderen, wenn sich etwas ergibt, aber eine Dreier-MFF-24/7-Beziehung mit einem Dom und zwei Subs, wobei der Dom und eine der Subs ein echtes Liebespaar bilden, während die andere Sub "nur" Spielpartnerin ist, das ist in der Praxis höllisch schwer so zu realisieren, dass alle zufrieden sind und niemand verletzt wird. Gerade wenn die neue Spielpartnerin Anfängerin ist und erzogen werden muss, denn die bekommt dann erst mal mehr Aufmerksamkeit.
Für zwei Doms die sich eine Subi suchen, ist es vielleicht einfacher, aber auch dann kann es zu Eifersucht kommen, oder jemand fühlt sich irgendwie vernachlässigt.
Mit anderen Worten, eine BDSM-Dreier-Beziehung ist im Kopfkino super schön, ist es aber real nur dann, wenn vorher sehr viel Arbeit investiert wurde, wie bei jeder anderen Beziehung auch. Auch eine Beziehung, in der es nicht um Liebe sondern vornehmlich erst mal nur um Sex geht, ist trotzdem eine Beziehung, die auf lange Sicht gesehen nur funktioniert, wenn sich alle Beteiligten höllisch anstrengen.
Tja, so ist das Leben. Kurzzeitige Begegnungen sind wesentlich weniger anstrengend, dafür aber auch weniger intensiv.
Ich beräue diese Erfahrung keine Sekunde, wie gesagt, ich treffe mich auch weiterhin mit dem Pärchen, aber es war schon eine Enttäuschung zu erleben, wie groß die Lücke zwischen Fantasie und Realität manchmal ist. Ich will niemandem seine Fantasien verleiden, ich will nur Aufklären, das es selten genau so läuft, wie man sich das vorstellt.