Witziges/Kritisches = Dealgedichte
Schlicht und einfachAus unerfindlich strengen Gründen
versuche ich mich stets zu zügeln,
trotzdem seh’n ich mich nach Sünden.
Wie soll ich das nur gradebügeln?
Sie zieh’n sich aus, sie zieh’n mich her,
ich bin mit mir allein gelassen,
mein Herz wird beim Gedanken schwer
das Sündigen total zu lassen.
Drum schweige ich als Gentleman
und sündige derweil im Stillen.
Das ist nicht einfach, oh nein, denn:
ich sündige ja wider Willen.
Ich tu das alles ehrlich nur,
weil ich nicht wirklich anders kann –
so will es meine Frohnatur,
sie nennt mich treffend einfach „Mann“.
*
Das wahre Leben
Religion, du Nacht, du stille Führung,
du bringst uns Pomp und bunte Dinge.
Ich steh vor dir in Furcht und Rührung.
Was ich dir wohl zum Opfer bringe?
Mein Angesicht ist angstvoll schamgerötet,
dein Werkzeug bin ich leider nicht…
du hast den Glauben schon getötet,
mein ganzes Hiersein plättet dein Gewicht.
Im Namenlosen such ich das Gewissen,
ich fisch‘ im Himmel und im trüben Teich,
dein Argumentenschatz ist arg gerissen:
du drohst uns mit dem Totenreich!
In Flammenmeeren hast du die gebadet,
die deinem Licht abhold ins Freie streben.
Du ahnst nicht nur das was dir schadet,
du sperrst es aus dem Vollen Leben!
Was „Sünde“ ist, das darf nur einer sagen,
der sich als „würdevoll“ verkleidet hat.
Nur er kann Gottes Urteil uns erfragen,
er „leuchtet“ über Volk und Stadt.
Er klärt das Ende und er weist Geschlechter,
übt seinen schrägen Glanz als Bürde aus
und meint er habe dort, als Selbstgerechter,
das Mietrecht wohl in Gottes Doppelhaus…
dem Doppelhaus: Moral und Sitte.
Den Wünschen sei die Haustür nur versperrt.
So seht ihn an, wenn er in unserer Mitte
von seiner allzu hohen Kanzel plärrt.
Dann fragt nicht nach der kleinen Seele,
die seine Brust in Dunkelheit bewohnt.
Besinnt euch, jetzt und auf der Stelle,
auf das was sich im wahren Leben lohnt!
(c) Sur_real