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Integration / Inklusion

*******_85 Frau
372 Beiträge
Themenersteller 
Integration / Inklusion
Hallo,

zur Vorgeschichte:

Ich bin Mama von drei Kindern mit besonderen Fähigkeiten, wobei mein Großer sehr mit der Sprache hapert und meine zwei Kleinen an Mutismus leiden.

Als mein Großer letztes Jahr zur Schule kam, fingen die wirklichen Probleme erst an. Der Schule wäre es am liebsten gewesen, wenn ich meinen Sohn in ein Internat in der nächsten Großstadt rund 100 km von mir entfernt gegeben hätte (oder er wäre laut denen eben täglich zu der Schule hin- und wieder zurück gefahren), weil dort sicherlich am schnellsten Ergebnisse mit ihm erzielt werden würden und es so eben länger dauern würde. Dabei ist es wichtig zu erwähnen, dass er sich in regelmäßiger logopädischer Behandlung befindet, die bereits erste Erfolge zeigt und eine weitere, wenn auch eben langsame, Besserung in Sicht ist. Zudem erhält er einen sonderpädagogischen Förderbedarf im Bereich Sprache. Auf nähere Gründe, weshalb ausschließlich der Besuch der normalen Grundschule in Frage kam, möchte ich hier erstmal nicht weiter eingehen.

Meine Mittlere soll dieses Jahr in die Schule kommen, verweigert jedoch bis dato jede mündliche Kommunikation mit den Erziehern oder der Vorschullehrerin. In der Therapie hat sie bereits begonnen zu sprechen. Auch hier war wieder das Problem, dass sie nicht etwa die normale Grundschule besuchen sollte, sondern eine 50 km entfernte Schule für verhaltensauffällige Kinder.

Ich bin in Berlin (mit einer lernbehinderten Schwester) aufgewachsen und habe dort zuletzt eine behindertengerechte Schule besucht. Vielleicht ist das auch gerade der Grund, weshalb ich jetzt etwas geschockt bin, dass die örtliche Grundschule nicht behindertengerecht ist und auch bereits Fälle, in denen eine Sonderschule nicht zwingend geboten ist, immer sofort auf eine Förder- oder Sonderschule abgeschoben werden sollen.

Nun zur Frage:

Ich wüsste nun gern von Euch, welche Erfahrungen ihr generell mit dem Thema Integration (innerhalb und außerhalb des Schulsystems) gemacht habt und was ihr von dem Gedanken der Inklusion haltet.

LG

Candice
Die Inklusion ist ein heheres Ziel - ist aber leider in meinem Umfeld nirgendwo umgesetzt. Hauptproblem dürfte die finanzielle und personelle Austattung der Schulen sein. Es ist schon wirklich schlimm mit anzusehen wie die Qualität der Schulbildung allgemein, trotz echtem Bemühen vieler Beteiligter, weiter sinkt. Die Faktoren sind seit Ewigkeiten bekannt, werden aber stetig missachtet.

Im Gegensatz zu der Gesamtsituation finde ich aber, dass die Integration von Behinderten ganz gut ist. Gerade für die kleinsten ist der Umgang ganz normal - auch wenn sie am Anfang naürlich komisch gucken.

Von daher bin ich, von wenigen Ausnamen abgesehen, sehr für die Integration und gegen Sonderschulen.
...
Alles ganz einfach, in Sonder und Förderschulen sind auch Sonderpädagogen die die Kinder unterrichten. In normalen Grundschulen findet man meistens nur "Lehrer" und die haben nicht immer eine Ausbildung als Pädagoge. Dann werden in Förderschulen die Kinder auch gefördert, das heißt da sind die Klassen relativ klein oder es sind 2 Lehrer in der Klasse Sprich auf die Kinder kann mehr eingegangen werden. Es ist klar, dass ein behindertes Kind, nicht unbedingt gut in einer normalen Klasse aufgehoben, das kommt aber auf den Einzelfall an und den kenne ich nicht. Ich kenne auch deine Gründe nicht, die dich veranlassen eine Förderschule zu verweigern.
Deinem Kind hilfst du nicht dabei.

LG Ralf
*******_85 Frau
372 Beiträge
Themenersteller 
In bestimmtem Maße gebe ich dir Recht. Die Klassen sind oftmals kleiner und auf die Kinder, die es wirklich benötigen, kann dort besser eingegangen werden.

Trotzdem sollte meines Erachtens nach klar unterschieden werden, ob eine Sonderschule in einem entsprechenden Fall wirklich die beste Wahl ist. Das war bei meinem Sohn nicht der Fall, u.a. weil ihm seine Familie sehr wichtig ist und er nicht auf das Internat in eine fremde Schule und Umgebung wollte und ich halte es für unzumutbar einen 7jährigen einen täglichen Fahrtweg von 200km zuzumuten.

Meine eigene Erfahrung ist es, dass Kinder, einmal auf der Förderschule angekommen, es verdammt schwer haben dort wieder wegzukommen. Es gibt auch entsprechende Studien, die meine Erfahrung untermauern. Sicherlich auch welche, die das Gegenteil beweisen. Wenn die Behinderung nicht schwerwiegend ist, wieso sollte ein Kind dann unbedingt auf die Förderschule? Ich sehe es z. B. auch nicht ein, dass alle körperbehinderten Kinder automatisch auf eine Schule für Körperbehinderte kommen. Dies wird bei mir im Landkreis damit begründet, dass die entsprechenden Kinder dort unter sich sind und somit möglichen Hänseleien aus dem Weg gehen. Das ist für mich absolut inakzeptabel, weil es für mich eine Diskriminierung darstellt. Und auch für die anderen Kinder empfinde ich es als wichtig, diesen zu zeigen, dass eben nicht alle gleich sind und dass es soetwas gibt. Aus meiner Sicht gibt es im Sinn der Inklusion nur sehr sehr wenige Fälle, bei denen eine Förderschule wirklich angebracht wäre, z.B. bei sehr extremen geistigen Behinderungen.

Was meinen Sohn betrifft: Er gehört zu den Klassenbesten, obwohl mir vorhergesagt wurde, dass er, aufgrund unentwegter Hänseleien, schnell den Mut verlieren würde und keinerlei Spaß mehr an der Schule haben würde und ich die schlechteste Mutter der Welt sei, wenn ich auch nur versuchen würde meinem Kind die normale Schule zuzumuten. Die anderen Kinder haben sich an ihn gewöhnt und er zählt als vollwertiges Mitglied dazu. Erschreckend finde ich hierbei den Gedanken, dass er auch auf der Förderschule entsprechende schulische Ergebnisse gebracht hätte und es dort dann entsprechend heißen würde, dass die Entscheidung für die Förderschule die richtige war und er es auf der normalen nie geschafft hätte.

In dem Sinne, vielen Dank für die bisherigen Antworten und ich hoffe, dass noch weitere folgen werden.
*****is6 Mann
11 Beiträge
Hallo Candice_85

Erstmal möchte ich dir meinen vollen Respekt aussprechen und dir sagen, dass das was du tust, genau das richtige ist!
Wenn du sagst, dass deine Kinder keine schwerwiegende geistige Behinderung haben, und offensichtlich vom schulischen keine Probleme auf einer "normalen" Schule haben, dann besteht absolut kein Grund, sie auf eine Sonderschule zu bringen. Sobald sie dort wären, hätten sie wohl mehr Probleme als sie ohnehin schon haben.
Ich selbst bin auf Integrationsschulen gegangen bzw. auf Schulen mit Integrationsklassen. D.h. ich war einer von 5 Behinderten und der einzig Körperbehinderte (die anderen hatten Lernschwierigkeiten). Es war immer eine zweite Lehrkraft dabei und somit konnte auch auf die Kinder mit Lernschwierigkeiten eingegangen werden. Wenn es das bei dir nicht gibt, ist das natürlich sehr schade, aber wenn deine Kinder dem normalen Unterricht folgen können, sehe ich da kein Problem.

Wenn dir Lehrkräfte sagen, dass deine Kinder Probleme bekommen könnten, weil andere Kinder sie hänseln, dann musst du diesen Personen sofort ins Gesicht springen (natürlich nicht bildlich :D) weil solche Aussagen absolut unangebracht sind. Wenn es Probleme geben sollte, dann sollten deine Kinder mit dir reden und dann mit den Lehrkräften, sodass man hier vielleicht den anderen Kindern etwas beibringen kann über die Behinderung. Gehänselt wird normalerweise nur, wenn die anderen Kinder nicht verstehen, warum etwas anders ist. Aufklärung ist hier die beste "Therapie".

Von Inklusion würde ich noch nicht sprechen, da Integration noch nicht reibungslos funktioniert. Es braucht immernoch Gesetze, dass Schulen und Arbeitgeber Menschen mit Behinderung aufnehmen und solang dies keine selbstverständlichkeit ist, wird es auch keine Inklusion geben. Inklusionen baut auf Integration auf mMn. Und das ist auch der Grund, warum ich nicht verstehen kann, das man hier sowas liest wie "Deine Kinder sind besser in Sonderschulen aufgehoben". Solang die Kinder den normalen Schulstoff bewältigen können, wenn auch mit etwas Unterstützung, dann muss das auch so umgesetzt werden! Man tut seinen Kindern nichts gutes wenn man sie in Sonderschulen gibt, obwohl sie in eine "normale" Schule gehen können!

Lg
Hallo Candice,

ich kann dir nur den Tipp geben dich mal über das Thema Integrationsassistenz bzw. Schulbegleitung zu informieren.
Vielleicht haben deine Kinder einen Anspruch auf diese Form der Unterstützung.
Finanziert wird diese Maßnahme über "Eingliederungshilfe für Behinderte oder von Behinderung Bedrohte", für Kinder ist hier die zuständige Stelle das Jugendamt. Der zuständige Paragraph ist der § 35a Kinder- und Jugendhilfe-Gesetz (KJHG).

Gruß Lucky
*********chsen Paar
5.307 Beiträge
Hallo Candice
Ein sehr schwieriges Thema. Das was du beschreibst ist schon ziemlich extrem in meinen Augen. Ein Kind sollte schon mit den Erziehern sprechen können.

Natürlich sollte man sich auch nicht abschieben lassen und für sein Recht kämpfen.

Ich habe ein harmloseres Beispiel.
Mein Sohn hatte eine Lese- Rechtschreibschwäche. Sie wurde aber erst nach etlichen Tests und 4 Jahre harten Kampfes anerkannt.
Da ging er mittlerweile in die 10.Klasse!!!!!!!!!
Den Vorteil den er hatte war, das er mehr Vorbereitungszeit hatte sowie 15 min. länger Zeit bei der Prüfung. Hinzu kommt, das er auf dem einen Auge fast blind ist.

Aber was ich jetzt sagen will, als der Wechsel von der Grundschule in die Realschule kam, wollten viele das er auf die Hauptschule geht.
Mir zog es fast die Beine weg.
Immer wieder wurde erklärt, das er das Klassenziel nicht erreicht, er Probleme hat im Klassenkollektiv ect.
Die Probleme in der Klasse führten daher, das er bis zur 4.Klasse in Berlin war und wir dann nach Sachsen umzogen. Naja und Berliner sind nicht grad beliebt.

Nun zurück zum Thema. Mit der Klassenleiterin kämpften wir Wochen lang. Eines Tages rief sie mich an und frug, ob ich noch ein Argument weiß, ansonst ist der Kampf verloren.

Ich sagte Ihr, nur weil er langsamer liest und Probleme beim schreiben hat, ist das Kind nicht dumm.
Ich muß aber auch sagen, immer wenn es um Entscheidungen ging, hatte mein Kind ein schlechtes Zeugnis, so das wir ihn nur mit den Ohren durch das Schuljahr gezogen haben.
Die zehnte Klasse absolvierte er dann mit einer sehr guten 2. Daran hatten wir nie geglaubt, und bei der Geschichtsprüfung wurde er sogar ausgezeichnet.

Wir danken der Lehrerin heute noch dafür und sagen immer wieder, das sie um ihre Schüler kämpfen soll, natürlich müssen Eltern da mit ziehen.
Und es war super das er Gleichgesinnte hatte und nicht mit Schülern zusammen war die ihn vielleicht noch mehr runter gerissen hätten.
Ich hoffe das sich niemand jetzt auf den Schlips getreten fühlt, ich weiß wie schnell es geht auf die Hauptschule zu kommen. Und es ist ja auch ne gute Einrichtung für lernbehinderte Kinder, aber man wird zu schnell dorthin abgeschoben.

Also kämpf für deine Kids, auch wenn es schwer wird, aber passe auf das du sie nicht überforderst, dann hast du das Gegenteil erreicht.
Ich habe viel mit Lernprogramme gearbeitet, die nach einigen Monaten viel Erfolg brachten.
*****lnd Mann
27.796 Beiträge
Verwunderung
prägt meine Antwort. Vielleicht liegt es daran, dass ich aus B-W komme. Hier ist Inklusion seit 20 Jahren etwa möglich und inzwischen als Standard angepeilt. Die Förder- und übrigen Sonderschulen (10 Arten) sind Angebotsschulen. Das heißt, die Eltern werden nicht gezwungen oder veranlasst, ihr Kind in eine Sonderschule wechseln zu lassen, sondern nach intensiven Tests beraten, was aus Sicht des Schulpsychologen oder beauftragten Untersuchenden die vermutlich beste Schulart für das Kind ist.

Dabei muss bedacht werden, welchen Lernschritten das Kind in welcher Zeit folgen kann, wie sehr das Kind integriert werden kann in die Lerngruppen, ob es in der Grundschule oder anderen allgemeinen Schule nur geduldeter Außenseiter ist, ob der Verbleib zu mehreren Klassenwiederholungen und damit zur Entlassung ohne Schulabschluss führen würde, wie die Chancen nach dem Abschluss im dualen System der Berufsausbildung stehen und noch einiges mehr. Es muss vor allem bedacht werden, dass in den Förder-und Sonderschulen entsprechend ausgebildete Pädagogen, spezielle Arbeitsmaterialien und Geräte vorhanden sind, dass die Klassen wesentlich kleiner sind (etwa 6 bis 15 Kinder, je nach Schulart), oft sogar pädagogische Assistenten den Lehrer/die Lehrerin unterstützen und natürlich auch die Anfahrt.

Ich kenne neben vielen anderen erwachsenen ehemaligen Sonderschülern drei Männer, die zunächst in einer Förderschule (Schule für Lernbehinderte) aufgenommen wurden, damals noch per Verfügung, und nun promoviert haben. Ich würde wetten, das ist ihr eigenes Empfinden auch, dass sie in einer GS kaputt unterrichtet worden wären, sprich: man hätte an ihnen vorbei unterrichtet nach der Vogel friss oder stirb-Methode. Und die anderen Kinder hätten ein Übriges dazu beigetragen,ihnen das Leben in der Schule zur Hölle zu machen. Aber in der Sonderschule waren Lehrer, die ihren speziellen Förderbedarf erkannten und sie dann erst in die Hauptschule zurück empfahlen. Von dort gelang der Sprung in die Realschule und dann in zwei Fällen ins Gymnasium, der dritte besuchte neben der Berufsausbildung ein Abendgymnasium.

Eine Fernprognose abzugeben ist nicht möglich. Nur vor Ort kann geklärt werden, was für das jeweilige Kind das vermutlich Beste ist (hundertprozentige Voraussagen verbieten sich). Der schlimmste Elternfehler ist, meist weil man einen üblen Ruf oder Nachteile befürchtet, den Lehrern und ihrem Rat nicht zu vertrauen und GEGEN die Lehrer, statt mit ihnen gemeinsam zu arbeiten. Oft hilft, dass Eltern sich selbst in der empfohlenen Schule umsehen, im Unterricht hospitieren und wenn es eine Heimschule ist, sich auch dort kundig über alle Voraussetzungen machen. Schulen für Sprachbehinderte haben in der Regel einen sehr guten Ruf und behalten ihre Schüler im "Schonraum" Sonderschule nur solange, wie es die Therapie erfordert, es sei denn die Eltern möchten es anders.

Am Beispiel der Sehbehinderten-, Blinden-, Gehörlosenschulen ist (Beispiel) besonders evident, dass dort geleistet werden kann, was Inklusion nur erschwert vollbringen könnte. Dort ist die Ausstattung perfekt auf den Bedarf der Schüler ausgerichtet. Es sind alle modernen Geräte vorhanden, die Zusammenarbeit mit den Fachärzten in der Regel bestens. Die Lehrer/innen sind speziell geschult mit medizinischen und psychologischen Kenntnissen neben dem pädagogischen Grundgerüst. Auch die Freizeitangebote sind darauf abgestellt.

Die Alternative der Inklusion bleibt, aber Eltern sollten sich klar machen, dass nicht in allen Fällen dem Kind damit gedient ist, obwohl auch dort Sonderpädagogen an die Seite des Kindes gestellt werden.
@BestFit
Es ist klar, dass ein behindertes Kind, nicht unbedingt gut in einer normalen Klasse aufgehoben, das kommt aber auf den Einzelfall an und den kenne ich nicht. Ich kenne auch deine Gründe nicht, die dich veranlassen eine Förderschule zu verweigern.

Hast du Kinder? Hast du dich mal auf Förderschulen umgeschaut? Alles was nicht in die Norm passt, wird auf die Förderschule gepackt. Individualität gibt es in dieser Schulform nicht. Selbst wenn 2 Lehrer in einer kleinen Klasse eingesetzt sind, haben diese nicht die Möglichkeit auf jedes individuelle "Problem" einzugehen. Denn was den Kindern Schwierigkeiten bereitet, wird überhaupt nicht ergründet. Dazu fehlt dem Staat das Geld... Dieser Bereich wird in Deutschland absolut vernachlässigt!!! Aber es geht ja nur um Kinder...
Ich würde auch ALLE Hebel in Bewegung setzen, damit mein Kind diese Schule nicht besuchen müsste...

Deinem Kind hilfst du nicht dabei.
Oh doch, das tut sie!

Liebe Candice_85,
du machst alles richtig und ich bewundere dich für deine Stärke!!!
Meine Nachbarin ist Sonderpädagogin und arbeitet an einer Grundschule. In diesen Klassen sind auch Kinder mit "Behinderungen" integriert. Sie begleitet diese Kinder im Unterricht und nimmt sie auch zu Einzelförderungen heraus.
Diese Form der Integration finde ich super und bin der Meinung, dass es dies an jeder Grundschule geben sollte...

(sie von PC)
*****is6 Mann
11 Beiträge
@*****lnd:

Gut, dass du in deinem letzten Absatz nochmal richtig gestellt hast, dass Sonderschulen keine Inklusion sind. Wenn man deinen ersten Satz nämlich liest, würde man meinen, du setzt die Verfügbarkeit von Sonderschulen mit Inklusion gleich, was absolut nicht stimmt!

Inklusion bedeutet, wenn man in der Gruppe ganz normal aufgenommen wird, ohne dass es bewusst auffällt, dass jemand eine Behinderung hat. Alle sind gleichberechtigt!

Und ich kann hier nur aus eigener Erfahrung sprechen, aber wenn meine Eltern, vorallem meine Mutter (weil mein Vater meist arbeiten musste) nicht so durchsetzungsstark gewesen wäre und sich nicht immer sofort abschütteln gelassen hat, dann wäre ich nicht heute da, wo ich bin, nämlich an der Uni und im letzten Abschnitt meines Masterstudiums in Wirtschaftswissenschaft! Es muss hier auch gesagt werden, dass Lehrer und Schulen oft den einfacheren Weg wählen. Wenn ein Kind nicht ohne Hilfe bzw. Hilfsmittel unterrichtet werden kann, dann schieben wir es lieber auf die Sonderschule und gaukeln den Eltern vor, dass sie dort besser aufgehoben sind. Das kann und ist nicht Sinn und Zweck. Sowohl Österreich und auch Deutschland machen immer auf die tollen Erfolge in der Behindertenbewegung aufmerksam bzw. dass wieder ein paar Gesetze zur Integration in Arbeits- und Schulsystem beschlossen wurden. Das ganze ist aber nur soviel Wert, wie es die Schulen und Arbeitgeber umsetzen und da gibt es heute immernoch zuviele Lücken. Arbeitgeber können sich in Österreich für wenig Geld freikaufen um keinen Behinderten aufnehmen zu müssen. Das geht absolut gegen Integration und Inklusion!
*****lnd Mann
27.796 Beiträge
Artanis
Ich wollte zum Ausdruck bringen, dass seit gut 20 Jahren die Inklusion auf Wunsch eine Selbstverständlichkeit ist, wollte aber gleichzeitig auch die Vorteile der Sonderschulangebote hervorheben. Hier wabert noch ein nebulöses Bild von Förder-und Sonderschulen durch einige Beiträge, ganz schlimm dort, wo einfach alles in einen Topf geworfen und kräftig durchgerührt wird, Vorurteile geschürt werden, die vielleicht die Schule X in Y betreffend richtig sein mögen, aber ganz gewiss nicht auf die Mehrzahl der Schulen zutreffen.

Wenn dann im gleichen Atemzug auf die Sonderpädagogin verwiesen wird, die die Inklusion begleitet, wird es ganz seltsam, denn diese "stammt" aus einer Förder-oder Sonderschule, ebenso wie die Lehrer/innen, die in B-W seit rund 20 Jahren auch zur Frühförderung in Kindergärten eingesetzt werden. Die Lehrer/innen haben dazu in der Regel ein gesplittetes Deputat: ein Teil ihrer Arbeitszeit findet außerhalb ihrer Stammschule in Kigä, Kita oder allgemeinen Schulen statt, während des meist größeren Zeitanteils unterrichten sie in der Stammschule.

Ich möchte deutlich darauf hinweisen, dass es keine pauschale Lösung geben kann, nur eine individuelle, die vor allem auch bedenken muss, wo die Inklusion stattfinden soll. In einer Schule wie der Rütli-Hauptschule in Berlin würde ich kein behindertes Kind unterbringen.

Artanis, für Dich ist vermutlich Dein Weg der richtige gewesen. Aber kannst Du es wirklich SICHER behaupten? Vor allem, wenn du bedenkst, dass die großen Sonderschulen auch Gymnasialzüge führen?

Auf jeden Fall wird schon längst nicht mehr abgeschoben, denn jedes Kind hat ein Recht auf die ihm gerechte Förderung. Es kann aber nach wie vor geschehen, dass behördlich eingegriffen wird, wenn Eltern nur das Wort Rechte kennen, aber nicht das Wort Pflichten.

Wie falsch das Bild in der Öffentlichkeit sein kann, zeigt das Beispiel der inzwischen weltbekannten Brenzband, die an einer Sonderschule für Bildungsschwache durch den Rektor entstand. Überhaupt wäre es interessant, wer von den berühmten Menschen wie z.B. Thomas Quasthoff Inklusion erfuhr, wer in einer Sonderschule betreut wurde.
@PerfectCircle
Jep, ich habe Kinder, 5 Stück um es genau zu sagen, davon waren 2 der Jungs auf einer Förderschule und ich muss sagen, ihnen hätte nichts besseres passieren können. Sie haben enormes Selbstbewußtsein erfahren,

Ich war auch 3 Jahre lang mit einer Sonderschulpädagogin verbandelt und kenne das System schon ein bisschen.

Ich habe auch nicht geschrieben, dass es schlecht ist was sie tut, denn dazu fehlen mir die Hintergrundinformationen, ich weiß nur zu gut, dass solche Schulen bei manchen Menschen einen Makel darstellen und sie der Meinung sind wenn mein Kind erstmal da ist kommt das nie wieder raus. Und ich weiß wie manche Kinder leiden, wenn sie in einer normalen Schule mit gezogen werden und untergehen..

Vielleicht liegts auch daran, dass ich auch aus BW komme und wir das ganze nicht so eng sehen...;o))
*****lnd Mann
27.796 Beiträge
Best Fit
Das geht noch auf die Zeit nach dem Krieg zurück, als es noch die Hilfsschulen (Hielfzschuhlen, Brettergymnasien,...) gab. Dort arbeiteten schlecht ausgebildete Lehrer/innen, nach dem Krieg oft in Schnellkursen ausgebildete Hausfrauen und alles, was in den Riesenklassen der Volksschulen (über 50 Schüler!) den Betrieb aufhielt und überfordert war, wurde ohne großes Federlesen nach einer Kurzbegutachtung dorthin überwiesen. Dort sammelte sich dann alles vom Geistigbehinderten, Körperbehinderten, Verhaltensoriginellen, Lernschwachen und erschwerte auch dort die Arbeit. Ende der Sechzigerjahre aber kam der Umschwung und die Sonderschulen wurden aufgesplittet (10 Arten, davon eine im Strafvollzug und eine an Kliniken). Die Idee dahinter war, jedem Kind die ihm gerechte Förderung angedeihen zu lassen, gleichzeitig aber auch die Arbeit der allgemeinen Schulen zu entlasten.

Es ist ganz klar, dass sich damit auch die Lehrerbildung ändern musste, weshalb über lange Zeit hinweg die Sonderpädagogik eine Zusatzqualifikation war, diese Lehrer also drei statt zwei Staatsexamen ablegten.

Noch etwas zur Klinikschule. Mit dieser Sonderschulart kommen alle Kinder in Kontakt, die über mehrere Wochen oder Monate in der Klinik bleiben müssen. Der Lernstoff ist inklusiv, richtet sich nach der Stammschule. Aber die Lehrer/innen sind Sonderschullehrer/innen.
...
Danke für die Ausführung, so genau wußte es selbst ich nicht..;o))
*****lnd Mann
27.796 Beiträge
Es wäre
schlimm, wenn ich es nicht genau wüsste, allerdings eingeschränkt auf B-W, da Bildung Ländersache ist und in jedem Bundesland andere Regeln gelten, ganz besonders in den "neuen" Bundesländern.
...
Es hört sich so an als wärst du auch Sonderschulpädagoge oder Schulrat in dieser Richtung..
*****lnd Mann
27.796 Beiträge
Nun,
da liegt Ihr wirklich nicht falsch.
@fesselnd
Wenn dann im gleichen Atemzug auf die Sonderpädagogin verwiesen wird, die die Inklusion begleitet, wird es ganz seltsam, denn diese "stammt" aus einer Förder-oder Sonderschule, ebenso wie die Lehrer/innen, die in B-W seit rund 20 Jahren auch zur Frühförderung in Kindergärten eingesetzt werden. Die Lehrer/innen haben dazu in der Regel ein gesplittetes Deputat: ein Teil ihrer Arbeitszeit findet außerhalb ihrer Stammschule in Kigä, Kita oder allgemeinen Schulen statt, während des meist größeren Zeitanteils unterrichten sie in der Stammschule.
Entschuldige, ich muss dich leider korrigieren.
Sie hat Sonderpädagogik studiert und nie an einer Förderschule gearbeitet.
Noch einmal: Sie begleitet den Unterricht an Grundschulen, in denen Kinder mit "Lernschwierigkeiten" in einer Regelklasse unterrichtet werden.
Und meine Erfahrungen stammen nicht von der Schule x in y, sondern aus der eigenen Familie.
In diesem Bundesland (NRW) wird jedes Kind, was durch`s Raster fällt, auf eine Lernbehindertenschule gesteckt. Sie bekommen dann den Stempel "ADS", "ADHS", "Authist" oder wie all diese Modekrankheiten heißen...
Individualität gibt es kaum in diesem Bereich...
Dies kenne ich schon aus der Frühförderung (wieder so ein Unwort)- Schublade auf, rein damit, fertig.
So einfach ist das...

(sie von PC)
Pisa-Studie
Einwerfen möchte ich gerne noch die Pisa-Studie.
Baden-Württemberg auf Platz 3 und NRW auf Platz 16.
Da scheint es also offensichtlich große Unterschiede im Schulsystem zu geben...
*****lnd Mann
27.796 Beiträge
Das habe ich ja eingeräumt
mit den Länderunterschieden. Bei uns gibt es seit rund 20 Jahren eine gut funktionierende Frühförderung- nicht etwa nur für schwache oder behinderte Kinder, sondern auch um Unterforderungen rechtzeitig ausfindig zu machen.

Den Lehrern steht es nicht zu, ADS, ADHS oder dergleichen zu diagnostizieren, das ist Sache der Ärzte! Trotzdem stimme ich zu, dass damit viel Unfug getrieben wird, vor allem um Ritalin zu verkaufen. Aber den gleichen Unfug gibt es bei Erwachsenen als "burn out"-Syndrom, sprich Wechseljahresdepressionen.

Auch in NRW müssten inzwischen die Elternrechte soweit gestärkt sein, dass man Kinder nicht irgendwohin stecken kann. Wenn die Eltern vor´s Verwaltungsgericht zogen, ging das auch früher nicht. In vielen Fällen wurden die Kinder dann aus der sechsten oder siebten Hauptschulklasse wegen Erreichen des Alters ohne Abschluss entlassen. Wo liegt da der Vorteil gegenüber der Förderschule, die in der Regel einen Abschluss, auch Hauptschulabschluss, ermöglicht? Oder sogar Promotion nicht ausschließt, wie weiter vorne von mir geschildert? In der Regel kommt es darauf an, dass die Eltern hinter der Sonderbeschulung stehen, dem Kind damit vermitteln, dass sie auch zu seinen Schwächen stehen, die es selbst ja nicht zu verantworten hat, dass sie im Elternbeirat oder wenigstens auf Elternabenden vertreten sind, dann lässt sich gemeinsam mit der Schule viel für das Kind erreichen.
*****is6 Mann
11 Beiträge
Artanis, für Dich ist vermutlich Dein Weg der richtige gewesen. Aber kannst Du es wirklich SICHER behaupten? Vor allem, wenn du bedenkst, dass die großen Sonderschulen auch Gymnasialzüge führen?

Aber zu 100%! Ich weiß nicht wie du drauf kommst, als wäre die Entscheidung jemals anzuzweifeln gewesen. Ich habe weder eine Klasse wiederholt, noch hatte ich vom Schulstoff her andere Probleme als meine Mitschüler.

Ich sags auch nochmal, wenn ein Kind den Schulstoff auf einer normalen Schule bewältigen kann, dann muss das Kind auch dort zur Schule gehen! Und dazu müssen die Schulen oder auch Lehrer teilweise gezwungen werden! Nur weil das Kind Hilfsmittel braucht, einen Dolmetscher (Gebärdensprache o.ä.) oder Assistenz, dann muss das Kind auch auf eine normale Schule gehen. Heute gibt es zum Glück schon ein paar Assistenzarten, die auch Schülern zugesprochen werden oder Schulen haben Zivildiener (so wie meine Höhere Technische Schule).

Und zum Thema Inklusion: Eine Schule, wo die Behinderten erst wieder unter sich sind, ist absolut keine Inklusion. Wie soll das Kind selbst und wie sollen andere Kinder den umgang mit dem "Anderen" lernen?

Ich teile deine Meinung, ein Kind auf die Sonderschule zu schicken, wenn es geistig nicht in der Lage ist, dem Schulstoff zu folgen. Alles andere ist für mich kein Grund um nicht darum zu kämpfen!
*****lnd Mann
27.796 Beiträge
Ich denke,
da ich nun wirklich alle Sonderschularten im Umkreis von Stuttgart kenne, dass Du diese Aussage nur für Dich treffen kannst. Viele sind sehr glücklich unter ihresgleichen, glücklicher als sie in der Regelschule wären. Die Tochter einer sehr guten Bekannten, für die ich Ersatzvater war, ist beispielsweise von der zweiten Klasse an bis nach dem Berufsabschluss sonderbeschult worden, sieht das aus ihrer Warte ganz anders und ist auch völlig integriert.

Du kennst es so und nicht anders, sie kannte es anders und nicht so. Das ändert nichts daran, dass die Zeichen der Zeit auf Inklusion zeigen. Ich bin mir allerdings sicher, dass je mehr sie zur Regel wird, die Signale wieder umgestellt werden. Sobald verlässliche Studien vorhanden sind, wird man es beurteilen können.

Kleine Anmerkung als Replik: in den zwölf Jahren des Tausendjährigen Reichs wurden viele Kinder inklusiv beschult, um sie vor den auf die Hilfsschulen angesetzten Schergen zu beschützen.
???
Oh man da diskutieren die richtigen! Regelschule macht Spass wenn man die entsprechende Leistung bringt und gute Noten hat.
Meine Schwester ist seit 5 - 6 Jahren Grundschullehrerinlehrerin in einer Sonderschule für Lernbehinderte Kinder. Ich habe keinen schimmer wie es auf anderen Sonderschulen abgeht aber da is Party! Meine Schwester sagt das man sein Kind sowie es irgendwie geht besser in die Regelschule schickt.... Sonst gibts ja auch noch alternative Schulen - Waldorf usw


ps Liebe ist scheiße! Von Berlin nach Sachsen *panik*
*****lnd Mann
27.796 Beiträge
Calice
ich habe vorher erwähnt, dass es auf den Ort ankommt, auf die Schulleitung und schließlich auf die Lehrer selbst. Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass deine Schwester in einer Sonderschule, was ist es denn überhaupt für eine?, falsch eingesetzt ist, dass sie da schlicht nicht hingehört? Vielleicht wäre da keine Party, wenn dort die Leute arbeiten würden, die dafür ausgebildet sind. Schon der Ansatzpunkt ist meist bei jungen Lehrer/inne/n falsch, viel zu romantisch verklärt mit Mitleidsgedusel, das dann entsprechend erwidert wird, statt analysierend zu ermitteln, welcher Förderbedarf in welches didaktische Konzept umgesetzt werden kann. Behinderte wollen nicht bemitleidet, sondern als Menschen ernst genommen werden.

Zu dem Wortgebrauch "Integration" noch eine Anmerkung. Integration setzt voraus, dass ohne sie der Mensch außerhalb der jeweiligen Gruppe stünde,und suggeriert, dass man ihn von dort hineinholen muss,um ihm gerecht zu werden. Das Wort ist vor allem deshalb problematisch, weil es vor allem für Migranten angewendet wird. Manche Menschen wollen gar nicht Teile bestimmter Gruppen werden- und es ist für sie schlimm, wenn andere (in unserem Fall meist die Eltern, Lehrer, Schulverwaltungen, Wohlfahrtsverbände) zu wissen meinen, was für sie gut zu sein hat und über ihren Kopf hinweg Entscheidungen treffen.
fesselnd :)
Wer lesen kann ist klar im Vorteil

1. Der Name ist Calico

2. Steht da 2x Sonderpädagogig Grundschule Lernbehinderung

Ja öhm zur fachlichen Qualifikation sag ich mal nix Herr Lehrer, schon mal versucht in Bayern so einen Job zu bekommen?
Die Kids da sind extrem Verhaltensauffällig u.a. Gewalt zu Hause und so ganz krasse Sachen. Die nähe zu München ist bestimmt auch nicht unbedingt förderlich.
Vielleicht war "Party" nicht unbedingt qualifiziert... Ich bin so oft dabei^^ Sagen wir die Zustände sind kafkaesk!!!

3. Erzähl mir nicht was Behinderte wollen, ok *zwinker*
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