Frei und gut
Wieder Abend – wieder Nachtund ich habe nichts vollbracht,
vor mir liegt das Werden brach,
doch noch habe ich ein Dach
und noch bin ich nicht allein…
Dennoch zeigt man auf mich, „Kain“!
schreit der Pöbel und er will,
daß ich auf mich, mein Gefühl,
alles was ich bin verzichte –
was ich täglich froh verrichte
tauge nichts, sei überflüssig,
meint er, meiner überdrüssig
und weist mich danach schon mal,
rigoros, derb, nonverbal,
mit ehob’nem Fingerzeig
auf den abgestorb’nen Zweig.
Mich zu foltern, das sei richtig,
da ich unbeugsam – untüchtig
keinem einen Nutzen bringe
und sogar die Eheringe
hätt‘ ich schmählich frech verraten
durch gelegentliche Taten,
die zwar reichlich harmlos waren,
doch berauscht vom Wunderbaren
hätt‘ ich Kopf und Ziel verloren.
Alle sind deshalb verschworen
gegen mich zu intrigieren.
So soll ich den Mut verlieren:
alles darf man mit mir machen,
mich betrügen, plagen – Sachen
deren man mich selbst beschuldigt
sei in hohem Maß gehuldigt!
Wenn ich dann dabei krepiere,
wüsste man daß ich kapiere
was ich andern angetan…
Das wirft mich aus jeder Bahn,
denn mein dringlichstes Bestreben
war nur frei und gut zu leben!
(c) Sur_real