An sich hat miicha48 mit diesem Thread ein sehr interessantes Phänomen angesprochen.
Ich suche seit 2-3 Tagen auch schon nach der passenden Formulierung, um meine Gedanken Anderen verständlich zu erklären.
Das ist nicht ganz so einfach. Zumindest für mich. Ich probiere es einmal... (Achtung, langer Text...)
Thema: Theorie und Praxis
(ganz ironie-frei)
Die meisten SC-Besucher verneinen es zwar, aber nach einigen Jahren Cluberfahrung meine ich, es stimmt: Jeder geht mit bestimmten Erwartungen in einen Swingerclub.
Über die Paare möchte ich an dieser Stelle nicht sprechen, bei ihnen ist das komplexer.
Solodamen und Soloherren sind hingegen relativ gradlinieg. Die wissen beim Betreten des Clubs genau, was sie wollen und was nicht. Das muss nicht immer Sex sein, besonders bei den Solodamen, aber Aufmerksamkeit wollen sie alle bekommen.
Gut, reden wir über Sex im Club. Auch wenn der Trend vielleicht rückläufig ist, es gibt immer noch viele, sehr viele, die ganz klar Sex als Ziel eines Swingerclubs haben. Nicht nur Zusehen oder Schaulaufen, sondern tatsächlich Sex mit jemand Neues, zuvor Fremdes, zu haben. Natürlich mit einem Traummann, einer Traumfrau, einem Traumpaar oder gleich einen Flotten Dreier. Soweit die Theorie, die auch brav breit und lang im Joyclub vertreten wird.
In der Realität ist so ein Clubbesuch sehr lang und manchmal sogar überraschend. Ich würde nicht einmal behaupten, dass das ganze Drumherum einen unendlich geil macht, es ist mehr so eine Gruppendynamik: Alle denken an Sex, also muss ich das auch.
"Gelegenheit macht Diebe." - dieses Motto könnte es auch in der Swingerszene geben. Denn oftmals entstehen sexuelle Kontakte einfach aus einer Laune heraus.
- Da ist nur noch ein Platz an der Bar frei, also setzt du dich neben die 120kg-Frau, die so überhaupt nicht in dein Beuteschema passt... Ihr unterhaltet euch, erkennt einzelne Gemeinsamkeiten... Am Ende landet ihr zusammen auf der Spielwiese.
- Da ist der viel-zu-gut-aussehende Muskelmann in der Sauna, der dich auf der Straße keines Blickes würdigen würde und den du als total oberflächlich abstempeln würdest. Eure Blick treffen sich in der Sauna... Am Ende landet ihr zusammen auf der Spielwiese.
- Da ist das Paar beim Sex auf der Matte, sie heftig am Squirten, er nach der 2. Runde mit ihr total erschöpft. Neben der Matte steht der kleine, ältere Mann und onaniert beim Anblick der Beiden. Die Frau ist so wild, dass sie unbedingt weiter Sex haben möchte, aber ihr Partner kann nicht mehr. Also winkt sie spontan das unscheinbare Männlein an der Mattenkante zu sich heran.
All das war nie von den Beteiligten so geplant, es hat sich einfach spontan so ergeben. Von solchen Geschichten lebt der Mythos Swingerclub.
Nur dieser Mythos ist echt! Er findet mehrfach an Clubabenden statt, nur nicht immer und für Jeden/für Jede. Meist ist auch Alkohol im Spiel und es passiert zu fortgeschrittener Stunde. Wo an sich Müdigkeit und ein voller Bauch vom Buffet schon Wirkung zeigen.
In der Theorie ist das immer einfach: Ich gehe in einen schicken Swingerclub, treffe auf total attraktive Solofrauen, mit denen ich wunderbar flirten und mich super unterhalten kann, - und dann haben wir fantastischen Sex. Alle sind glücklich. Und wenn es ein Märchen wäre, würden alle noch heiraten.
In der Praxis nimmt so ein Abend unerwartete Wendungen und man fragt sich nachher reumütig: War ich das? Musste das sein? Wollte ich das wirklich?
Die attraktiven Solodamen fehlten, die wunderbaren Flirts fehlten, die interessanten Gespräche ergaben sich nicht - und der Sex ergab sich zu fortgeschrittener Stunde zufällig und war so, war so, naja, lala...
Kopfschüttelnd fällt einem als Erklärung "Alles kann, nichts muss" ein.
Nächstes Mal mache ich alles ganz anders... ach, und an sich war es doch "nett".... Naja, der Sex war nicht gut, aber das kann ja mal passieren... Die Frau ist nicht auf meine Wünsche eingegangen, aber naja, vielleicht lag es ja auch an mir... Ich habe meine Erektion nach 4 Minuten technischem Rammeln verloren, naja, vielleicht das nächste Mal... weniger Bier trinken... Ich sollte sie dann lecken, aber das wollte ich nicht, weil sie nach der Sauna nicht geduscht hatte und sie fürchterlich nach Schweiß stank... Naja, nach der Sauna waren wir auch noch geil aufeinander, wollten sofort miteinander und suchten eine Matte... Komisch, dass das so schnell verflogen war... Komisch, dass ich mich vor ihrer Pussy geekelt habe... Ach, das passiert eben... Tja, wo gehobelt wird, da fallen auch Spähne... - und andere Alltagsweisheiten schießen einem durch den Kopf.
Es ist nicht so, dass man mit bösen Absichten seine Erektion verloren hat oder schlechten Sex hatte; es ist nicht so, dass man vorher wusste, wie es enden wird; es ist eben so passiert.
Eine Woche später ändert sich die Wahrnehmung des Erlebnis schon wieder und man verbucht es als "Abenteuer". Plötzlich war es doch ganz schön, nicht mehr "nett" im Sinne von die kleine Schwester von Sch..., sondern "nett" im Sinne von
"Aufregend, anders als gewünscht, aber interessant... Ich hatte noch nie Sex direkt nach der Sauna mit einer Frau..."
Swinger neigen gerne dazu, ihre Erlebnisse in der Vergangenheit zu verklären. Nein, natürlich seien sie nicht notgeil. Nein, natürlich wären sie anspruchsvoll und tolerant. Ich vermute, die Seele eines Swingers braucht Zufriedenheit, dass auch schlechter, abgebrochener Sex im Endeffekt einen Sinn hatte und dass beim nächsten Mal alles viel besser wird. Denn ein nächstes Mal muss es unbedingt wieder geben. War ja an sich doch geil, weil so ungewohnt...