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Guten Mittag liebe Gemeinde,
erstmal zur Frage, "von wem und wie junge BDSMler denn lernen sollen, wenn sie nur unter sich sind."
BDSM ist kein IHK-geprüfter Standardlehrgang, sondern eine ganz individuelle Geschichte jeweiliger Vorlieben und Interessen.
Es wundert mich, warum viele "jung" mit "unerfahren und dumm" gleichsetzen - das ist an SMJG-Stammtischen so nicht gegeben.
Im Gegenteil, da sind sehr viele, die die Neigung bei sich schon in ganz jungen Jahren verspürt haben und sehr früh begonnen haben, sich zu informieren.
Auf den Stammis sind genauso medizinisches Fachpersonal und einschlägig Studierende anzutreffen und da sind ebenso auch Leute, die ein exzellentes Fachwissen über verschiedene Praktiken haben.
Die Stammtische dienen aber ausdrücklich
nicht dem Zweck, praktische Erfahrungen zu sammeln.
Dafür gibt es entweder die Möglichkeit, sich im privaten Rahmen von einem schlauen Menschen sich etwas zeigen zu lassen - oder eben etwas instituionalisierter, diverse Workshops, die man besuchen kann (oder sogar organisieren kann, was über die Stammtischinfrastruktur deutlich einfach zu bewerkstelligen ist).
Nein, es geht einfach darum, jungen Menschen eine spezielle Anlaufstelle zu bieten, wo sie unter ihres Gleichen sein können.
Man spricht solche persönlichen Themen nun mal eher unter Gleichaltrigen oder nur wenig Älteren an, weil man eher das Gefühl hat, verstanden und ernstgenommen zu werden.
(an SMJG-Stammtischen habe ich noch nicht die "Sammel du erstmal Lebenserfahrung"-Totschlagargumentation zu hören bekommen, womit meine Meinung an sich schon herabgewertet und nicht ernstgenommen wurde, an konventionellen Stammis leider sehr oft.)
Das gemeinsame Darüberreden vermittelt zum einen das für junge Leute sehr wichtige Gefühl "ich bin kein Sonderling, weil ich auf solche Sachen stehe, es gibt ja so viele Menschen, die das auch mögen. Und alle sind sie so verschieden, und man sieht es ihnen ja nicht mal an!", eine Einsicht, die gar nicht so selbstverständlich ist für jemanden, der sich seiner Neigung erst vor kurzem bewusst geworden ist. Aber eine Einsicht, die umso wichtiger dafür ist, diese Neigung gleich von Anfang an als etwas Normales, nicht Bedrohliches sondern Bereicherndes wahrzunehmen.
Außerdem akzeptiert man Gleichaltrige und ähnlich Denkende nunmal viel eher als Rollenvorbild oder als Inspiration für ein solches, als man es bei doppelt so alten Menschen tut, die an ganz anderen Stationen in ihrem Leben stehen und für die ganz andere Dinge wichtig sind, als für einen Teenie oder Mittzwanziger.
Diese Erfahrungen und Einsichten bilden den Grundstein, um einen vernünftigen, selbstbewussten Umgang mit seiner Neigung zu pflegen.
Des Weiteren gibt es an jedem Stammi Orgas, das sind vernünftige, erfahrenere Leute, die, sollten sie Fragen einmal nicht beantworten können, auf ein sehr großes Netzwerk zurückgreifen können, wo es weitergehende Informationen gibt und wo sie weitere Anlaufstellen vermitteln können.
Der Sinn von solchen Stammtischen ist es außerdem, wichtige übergeordnete Prinzipien zu vermitteln, wie die des SSC (Handlungen im BDSM-Kontext sollten mit gesundem Menschenverstand=sane, möglichst risikoarm=safe und im gegenseitigen Einvernehmen=consensual stattfinden) oder RACK (risk-aware consensual kink), YKINMKBYKIO (sich anderen Neigungen möglichst neutral und tolerant gegenüber verhalten=your kink is not my kink but your kink is okay), was ist "Covern" und warum ist es superwichtig und was es da noch so an nützlichen Einsichten gibt.
Ansonsten kann man auf den Stammis der SMJG einfach locker plaudern und so man denn möchte, Freundschaften und Bekanntschaften unter Gleichgesinnten schließen (was nicht zuletzt eine wichtige soziale Ressource darstellt).
Und bitte, stilisiert junge Mädels nicht immer so zu Opfern. Ein großer Teil von jungen, devoten Mädels weiß ganz genau, was er will und was nicht.
Junge BDSMler mit Hundewelpen zu vergleichen geht in dieselbe Richtung. Junge BDSMler sind alles andere als hilflos und tolpatschig (oder was man auch immer sonst so mit dem Begriff Hundwelpe assoziiert) - sondern unterm Strich genauso wie alle anderen jungen Leute, denen man auf der Straße so begegnet.
Diese Opferrhetorik entmündigt junge Leute - und ich finde es außerdem mehr als anmaßend, Beziehungen mit großem Altersunterschied pauschal einen Missbrauchscharakter zu unterstellen.
ich würde mir da wünschen, dass man da nicht generell verurteilt, sondern sich immer den Einzelfall ansieht. Und wo zwei Menschen glücklich miteinander sind, kann soviel verkehrt nicht sein - auch wenn man die Art und Weise wie sie zusammenleben erstmal befremdlich finden kann.
(Weil man beispielsweise total überzeugt davon ist, dass Pärchen immer gleichalt sein sollten. Oder mit welchen anderen Grundannahmen man da rangeht.)
LG,
die mademoiselle S_V