Neugier
Ich habe letztens auf einem Stadtfest zwei befreundete Männer gesehen, die beide jeweils ein Bein amputiert hatten. Zugegeben habe ich mehr als dreimal hingeschaut. In erster Linie lag das daran, dass ich so bewußt noch nie eine Beinamputation gesehen hatte, zum anderen an den demonstrativ präsentierten High-Tech Edelstahlprotesen. Da schlägt das Ingeniersherz höher!
Beide Männer hatten übrigens kurze Hosen an.
Im nachhinein tut es mir leid, sie eventuell "angeglotzt" zu haben, allerdings hängt das in erster Linie mit dem Unbekannten zusammen, mit dem nicht alltäglichen. Jemand mit extrem ausgefallener Kleidung wäre mir mit Sicherheit genauso aufgefallen. Das "glotzen" war also ein rein optischer Effeckt. Mein Vater ist selbst behindert, was ich zwischenzeitlich immer wieder vergesse, und ansonsten bin ich sicher dass ich keine, also wirklich keine Vorurteile oder Zurückhaltung gegenüber Behinderten habe. Es sind genauso Menschen wie alle anderen.
Die beiden "Einbeinigen" waren übrigens sehr attraktiv (soweit ich das als Mann beurteilen kann). Sie hatten eine imposante und athletische Figur, waren sportlich, aber dennoch schick gekleidet. Beide wirkten äußerst selbstbewußt. Und waren außerdem mit zwei wirklich netten Ladies am unterhalten.
Was mir dabei wichtig ist dir näherzubringen sind zwei Dinge:
1. Die meisten, die dich wegen deinem Bein anschauen, schauen nicht auf dich "herab". Alle die ich kenne, wären einfach nur "fasziniert" über die Optik. Einfach weil man es wirklich selten sieht, nicht weil es deinen Wert in irgendeiner Form beeinflußt.
2. Deine Ausstrahlung zählt viel viel mehr als dein Körper. Die Leute sehen deine Verunsicherung. Bei meinem Vater ist es das gleiche. Er hinkt auch deutlich, und nicht zu seltend passiert es das Leute seine Behinderung einfach "übersehen", weil er offen und mit einem sympathischen Lächeln auf Leute zugeht. Einige Bekannte haben erst nach einem halben Jahr bemerkt, dass mein Vater überhaupt behindert ist.
Ich bin schwer davon überzeugt, dass deine Behinderung für dich ein größeres Problem darstellt als für die meisten anderen:
Überleg bitte einmal:
Über mich: durch unfall linken unterschenkel verloren aber ansonsten ok!
Vergleich dazu:
Mein Vater ist: Ein Liebevoller, Humorvoller, manchmal etwas schusseliger Träumer. Er ist ehrlich und Gesprächig und der beste Papa von auf der Welt. Und ein ganz kleines bischen behindert.
Also, wieso um alles in der Welt reduzierst du dich auf ein (nicht mehr vorhandenes) Stück Bein? Besinne dich auf deine ganzen positiven Eigenschaften! Die Menschen sehen in dir das, was du von dir zeigst!
Also: Kopf hoch! Hab mehr Mut! Sei Selbstbewußt! Du bist mehr als du zu sein glaubst!
Liebe Grüße
Scallawag