Du baust dir selbst die Hürden auf und zudem, je höher Du springst, um so höher baust Du sie. Perfekt sein zu wollen heißt nichts anderes, als nie zufrieden sein zu können. Du rennst der Möhre nach, die Du dir selbst auf Abstand hältst, ein Rennen, das niemand gewinnen kann.
Stellt sich die Frage, warum Du das machst. Ich baue jetzt eine sehr gewagte These auf (Achtung, da kann ich absolut falsch mit liegen und kompletten Blödsinn verzapfen, aber vielleicht regt dich das trotzdem zum Nachdenken an!):
• Perfektionismus ist, mit anderen Vorzeichen ausgedrückt, das Bemühen, etwas nicht falsch zu machen
• etwas nicht falsch zu machen gibt keinen Anlass zu Kritik
• nicht kritisiert zu werden wird als Lob und Anerkennung gewertet
• wogegen Kritik als Tadel und Ablehnung gewertet wird
• je mehr man nach Lob und Anerkennung, danach, keine Kritik, Tadel und Ablehnung ertragen zu müssen, strebt, um so abhängiger wird man von den anderen und deren Wertung
—> man wird abhängig von Fremdbestätigung
Um diese Fremdbestätigung zu bekommen wird die ganze sexuelle Begegnung mit anderen Frauen zur Inszenierung, es geht nicht darum, ihr etwas zu geben, sondern von ihr etwas zu bekommen, nämlich besagte Bestätigung (dass Du gut bist, dass sie dich mag, dass sie dich anerkennt, …). So bekommt die Interaktion einen „Zweck“, der mit einer tatsächlichen Begegnung von Mensch zu Mensch nicht viel zu tun hat. So „geschieht“ Sex nicht, er wird „gemacht“, soll „perfekt sein“, wird überladen mit Erwartungen. Du bist nicht als „Du“ dabei, sondern in einer Rolle, die Du dir selbst gibst, auf einer Bühne vor Publikum, in der Hoffnung, Applaus zu bekommen.
(Wie gesagt, ich kann mit der These auch komplett daneben legen. Ist dem so, dann vergiss das einfach was hier steht).
Vielleicht kann ich den Gedanken in einer Metapher etwas deutlicher ausdrücken. Ich verstehe Sexualität als eine Art Sprache, den Sex als Konversation in dieser Sprache. Übertragen auf deine Problemstellung hiesse das, dass Du versuchst, deinen Gesprächspartnerinnen auf ein Stichwort hin die tollste spannendste unterhaltsamste Geschichte in den geschliffensten Sätzen vorzutragen. Nur werden das die wenigsten wirklich spontan und improvisierend hinbekommen, die meisten werden nach Worten suchen müssen, werden sich überhaupt erst eine Geschichte ausdenken müssen. Wie sollte da ein spontaner flüssiger Dialog zustande kommen? Und weiter, wollen das deine Gesprächspartnerinnen überhaupt, irgendeine Geschichte erzählt bekommen? Oder wollen sie eigentlich nicht lieber etwas von dir selbst erfahren, in deinen Worten, ehrlich, authentisch. Wenn Du in dieser sexuellen Sprache „deine“ und nicht irgendeine Geschichte erzählst, lebhaft, lebendig, wirst Du nicht nach Worten suchen müssen, denn Du erzählst den Sinn deiner Geschichte, und darauf kommt es an, auf die Botschaft kommt es an. Polierte, geschliffene Worte, die Super-Sex-Performance, machen noch lange keine Botschaft (es sei denn, es geht dabei um Selbstdarstellung).
Hör auf, irgendein Super-Performer „werden“ zu wollen, und fang an, der zu „sein“, der Du bist. Kann sein, dass Du dir über letzteren erst mal mehr Gedanken machen musst, um ein konkretes Bild zu bekommen, als über ersteren, von dem Du idealistische Illusionen im Kopf hast.