„im Rahmen meiner Bachelorarbeit würde ich gerne gegen die meist negative gesellschaftliche Stereotypisierung von BDSM vorgehen
Darf ich fragen, wieso du ausgerechnet dieses Thema wählst? Du scheinst ja selbst keinen Bezug dazu zu haben, und es gibt ja durchaus weitere Themenbereiche, die mit Stigmata behaftet sind, wo man genauso gut einen Beitrag leisten könnte.
Versteh mich nicht falsch, natürlich kann man da viel tun. Aber nicht jeder Beitrag zu einer Thematik ist ein sinnvoller Beitrag - gerade, wenn man als Autor selbst keinien Bezug zun Thema hat und selbst eigentlich gar nicht so richtig versteht, was die Leute fühlen udn wie die Leute so ticken, die das ausleben.
Wieso also dieses Thema?
„ und brauch im Rahmen dessen einen Grobüberblick was - euer Meinung nach - die gängigsten Praktiken sind.
Es geht nämlich hier schon los mit den Ungenauigkeiten und Fehlvorstellungen. Denn es sind keine Praktiken, die BDSM ausmachen. Ich kann "ganz normal" Vaginalsex mit meiner Partnerin haben, und es strotz dabei nur so vor BDSM. Dennoch würde ich nicht unbedinigt behaupten, Vaginalsex sei eiine "BDSM Praktik".
Ein Mann nimmt seiner Partnerin sobald diese zur Türe herein kommt artig den Mantel ab, geleitet sie zu Tisch, fragt nach ihren Getränkewünschen und kredenzt ein 4-gänge-Menü? Das kann BDSM sein. Oder ein erstes Date, oder ein Valentinstag, oder einfach nur ein sehr höflicher Gentleman der das so eben einfach mag.
Ich würde nicht behaupten, "Höflich und zuvorkommend bedienen" ist eine BDSM-Praktik. Aber: Es KANN eine sein.
BDSM ist viel mehr als das. Es ist weniger WAS man macht, als WIE man es macht.
„Ich weiß das BDSM ein aus dem amerikanischen Sprachraum stammendes Akronym darstellt welches sich aus „Bondage“ (Fesselspiele), „Discipline “ (körperliche Züchtigung), „Dominance“ (Dominierung), „Submission“ (Unterwerfung), „Sadism“ (Sadismus) und „Masochism“ (Masochismus) zusammensetzt.
Auch das es nicht "DAS" BDSM gibt ist mir bewusst.
Richtig. Und die wenigsten, die BDSM praktizieren, haben an all diesen Bereichen Interesse. Es gibt Menschen, die haben gar nichts mit Dominanz oder Unterwerfung am Hut, denen macht es eifnach, sagen wir, aus künstlerischem Aspekt heraus, Spaß, jemanden zu Fesseln. Das hat nicht einimal etwas Sexuelles. Aber: es ist BDSM.
Andere fügen sich gegenseitig (und auch das durchaus ohne dabei Sex zu haben) Schmerzen zu. Einfach so, kein Dom, kein Sub. Auch die sind BDSMler.
Andere entscheiden sich ganz bewusst für eine Beziehung, in der eine Person den Ton angibt, und eine Andere folge leistet. Das kann sich auf Sex beschränken, das kann den gesamten Alltag betreffen, absolut egal. Aber: es ist BDSM. Und zwar egal, ob nun ein Regelwerk existiert und bei Nichtbeachtung Strafen zugefügt werden, oder ob jemand einfach aus tiefstem Wunsch heraus sowieso alles beachtet was jemand sagt, oder wie auch immer.
Du siehst also: einzelne Praktiken heraus zu ziehen ist ein sinnloses Unterfangen. BDSM besteht nicht aus einer Sammlung von Praktiken. Sondern BDSM umfasst vielmehr eine Vielzahl an ABstufungen der Sexualität einer Person, die eben alle irgendwie vor allem "mehr ist als nur Fortpflanzung".
In meinen Augen ergibt es schon gar keinen Sinn, Bondage, D/s und S&M überhaupt in einen Topf zu werfen. Aber gut, das wurde nunmal getan. Aber das alles zusammen wiie "das Gleiche Ding" zu behandeln ist schon vom Ansatz her zum Scheitern verurteilt.
„Aber gibt es evtl. klassische Praktiken bzw. Vorlieben die viele von euch Teilen?
Sicher gibt es Dinge, die häufiger vorkommen, und solche, die nur wenige geil finden. Ist halt nicht anders als jenseits vom BDSM auch. Aber nur, weil, sagen wir, viele einander gerne auf den Arsch hauen, ist nicht jeder, der jemanden auf den Arsch haut daher BDSMler. So eine Zuordnung wird nicht funktionieren.
„Im Anschluss würde ich dann gerne 8-10 (BDSMler) kurz interviewen um noch mehr über mögliche positive Mechanismen zu erfahren. zb. Stressreduktion im Alltag und Co.
Ich behaupte: BDSMler, die sich nicht ausleben, sind unglücklicher, solche, die es tun, sind glücklicher. Den selben Zusammenhang wirst du bei Homosexuellen finden, die sich nicht outen. Oder bei Fußfetischisten, die niemand an Füße heranlässt.
Oder, kurzum: eine erfüllte Sexualität macht zufriedener.
Ich behaupte ferner: Leute, die keine Ausgefallenen Vorlieben haben, setzen sich seltenener mit ihrem Sexualleben auseinander, als solche, die dazu gezwungen sind, weil sie wissen, dass sie "so das normale" nicht zufriedenstellt. Und es ist genau dieser Tatsache geschuldet (also der Tatsache, dass viele "Mainstream-Sex Menschen" ihre eigene Sexualität nie genau erkunden), dass BDSMler genau wie alle anderen Menschen mit ausgefalleneren sexuellen Vorlieben ein erfüllteres Sexualleben haben. Und DESHALB sind sie glücklicher.
Ich kann mir hingegen eher nicht vorstellen, dass BDSM-Praktiken auf Leute, die gar nicht darauf stehen, irgendeinen positiven EInfluß hätten. Während eine Masochistin vielleicht durch Schmerzen abschalten kann und Dinge verarbeiten kann udn danach ausgeglichener ist, denke ich doch eher nicht, dass man daraus schließen kann, geschlagen zu werden sei positiv für die psychische Gesundheit....
„Ich bräuchte lediglich einen groben verallgemeinernden Überblick, abseits der zuvor gegebenen Definition.
Ich verstehe, dass die die Definition zu schwammig ist. Aber das ist aus gutem Grund so. Präziser wirst du es nicht hinbekommen.
„Damit sich zu Beginn des Fragebogens möglichst viele BDSMler angesprochen fühlen den Hacken bei (Präferieren Sie BDSM Praktiken bei erotisch/intimen Auseinandersetzungen?) zu setzten.
Die Frage ist schon deshalb nicht sinnvoll, weil BDSM nicht nur den "erotischen/intimen" Bereich betrifft. Und für manche auch gerade den nicht, aber andere Bereiche schon - siehe oben den Fesselkünstler.
„Da [...] das Gebiet so unerforscht ist, dass es leider keinen wissenschaftlichen Fragebogen gibt, um eine BDSM Präferenz zu ermitteln, welcher keine 300 bis 700 Fragen umfasst.
Fertige Fragebögen mit wissenschaftlichem Standard mag's nicht geben, Fragebögen zur Neigung generell aber schon (etwa bdsmtest.org) , genauso wie diverse Studien zum Thema BDSM.