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Autismus - Was denkt ihr darüber?

****p35 Mann
7.677 Beiträge
Zitat von *****led:
Ich habe den Eindruck, daß @****p35 hier verschiedenes vermischt.
Schuldfähigkeit wäre im Einzelfall per Gutachten zu bestätigen, das gilt für alle, egal ob NT oder Autist. Autismus ist ja nicht geistig minderbemittelt [...]
Autismus ist auch nicht gleichzusetzen mit Krankheit - das kann zwar auch bedeuten, daß ein Autist je nach Ausprägung wie andere chronisch Erkrankte Anspruch auf mehr Leistungen in verschiedenen Bereichen haben, aber so pauschal wie hier gesagt eben nicht.

Ich habe weder pauschal formuliert oder gesagt, dass Autismus eine geistige Beeinträchtigung sei, noch habe ich es mit Krankheit gleichgesetzt oder - der Vollständigkeit halber - behauptet, AutistInnen wären oft unhöflich (ganz im Gegenteil).

@*******bene "wo steht das denn?"...dass ein Autismus-Gutachten etwa für juristische Schuldfrage durchaus ebenso eine Rolle spielen kann, wie bei obigem Beispiel mit ergotherapeutischer Unterstützung? ...
-> nun, tatsächlich zumindest "im Nähkästchen": Erst vor Kurzem sprach ich darüber mit einem Psychiater, der bedauerte, dass seit ca. 6Monaten Langzeitergo für viele andere Diagnosen nicht mehr gezahlt werde - deshalb kam ich auf dieses Beispiel. Das juristische dürfte obendrein auch im Internet zu recherchieren sein. Die Schuldunfähigkeit ist nicht grundsätzlich durch Autismus eingeschränkt (so will ich bitte nicht verstanden werden), aber es - wie gesagt - kann eine Rolle spielen (so jedenfalls meine Erfahrungen).
*******_57 Mann
299 Beiträge
Zitat von ****el:
Hallo Tagzz!,

Ich bin selbst autistisch (vermutlich Asperger) und ich glaube mein Autismus ist tatsächlich einer meiner größten Segen.

Ist es anstrengend mit Autismus zu leben? Heck yeah. Am schwierigsten ist es wohl, dass die meisten Menschen mit meiner(manchmal etwas gnadenlosen) Klarheit nicht zurecht kommen. Damit meine ich nicht, dass ich unhöflich bin, im Gegenteil Höflichkeit ist mir äußerst wichtig. Aber ich habe wenige innere Barrieren Dinge bei ihrem Namen zu nennen, was den Leuten gerne mal unwohl bereitet denn viele "Euphemisms" dienen ja dazu unangenehmes zu verschleiern.

Aber so anstrengend es sein mag, wäre ich nicht autistisch, würde mir eine völlig einzigartige Perspektive auf die Welt abhanden kommen. Mir fallen Dinge, Fehler in Systemen auf, die anderen nicht auffallen weil sie "nunmal normal sind". Für mich gibt es kein Normal, mich irritiert meistens erstmal alles bis es mir jemand erklärt und weil ich keine emotionale Bindung zu bestehenden Normen habe, fällt es mir leicht mich über sie hinweg zu setzen und zu tun was ich für richtig halte. Das gilt insbesonders für patriarchale und/oder kapitalistische Strukturen. Ich liebe eine gute Debatte und ich bin ebenso gerne Jene, welche Konstrukte einreißt, wie Jene die den Advocatus Diaboli spielt.

Ich habe über die Jahre zwar gelernt, quasi...."able passing" mich zu geben, zu kommunizieren und so weiter. Aber sobald man mich näher kennen lernt fliegt das schnell aus dem Fenster.

Danke, trefflich formuliert.
Unsere Enkel weisen beide auf Asperger Syndrom hin. Beim älteren passt deine Beschreibung fast deckungsgleich, wärend das Wesen des jüngeren in mancherlei Situationen konträrer ist.
Wenn der jüngere bei einer Entscheidung der Eltern bockig eine Diskusion fordert um die Entscheidung zu Verstehen, wird der ältere nur jähzornig gegen alles und jeden.
Komischerweise kann es beim nächsten Streit genau anders herum ausgehen.
Der Sinn für Gerechtigkeit steht aber immer sehr hoch.
****el Frau
217 Beiträge
Zitat von *******_57:

Danke, trefflich formuliert.
Unsere Enkel weisen beide auf Asperger Syndrom hin. Beim älteren passt deine Beschreibung fast deckungsgleich, wärend das Wesen des jüngeren in mancherlei Situationen konträrer ist.
Wenn der jüngere bei einer Entscheidung der Eltern bockig eine Diskusion fordert um die Entscheidung zu Verstehen, wird der ältere nur jähzornig gegen alles und jeden.
Komischerweise kann es beim nächsten Streit genau anders herum ausgehen.
Der Sinn für Gerechtigkeit steht aber immer sehr hoch.

Danke dir!,

was du beschreibst kommt mir recht bekannt vor. Ich glaube viele AutistInnen haben einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, was wohl damit zusammen hängen dürfte, dass wir weniger von konventionellen "Lähmungen" wie Übertriebene Familientreue oder derley betroffen sind.

Ich denke auf diesen Punkt könnte man näher eingehen: Wir alle werden dazu sozialisiert "unsere Gruppe" zu schützen, ihren Ruf zu bewahren und so weiter. Für die meisten ist das erstmal die Blutsverwandtschaft, primär die Kernfamilie. Das waren mal wichtige Instinkte, welche unserer Evolution zu Gute kamen. Heutzutage aber, sind viele klassische Strukturen wie eben Blutsfamilie von geringerer Relevanz und Wahlfamilien (grade im LGBT Bereich) werden relevanter.

Ich lehne mich hier vielleicht ein wenig aus dem Fenster und kann nicht für alle AutistInnen sprechen. Doch ich glaube, dadurch dass wir eine gewisse Grunddistanz zu vielen (nicht allen!) Menschen haben weil viele ihrer (aus unserer Perspektive) Eigenheiten uns fremd und oft unsinnig erscheinen, fällt es uns leichter auch solchen klassischen Strukturen weniger Wert bei zu messen.

Eine Sache die ich in dem Kontext anmerken möchte ist, dass wir nicht mehr oder weniger Empathie als andere Menschen per se haben, unsere Empathie zeigt sich anders. Wo andere vielleicht gut darin sind, emotionale Energien zu lenken neigen wir eher zu praktischen Ansätzen. Wenn es einer Freundin schlecht geht habe ich zwar mittlerweile gelernt erst zu trösten und die Schultern zu klopfen aber mein "Instinkt" ist immer nach der praktischen Lösung zu suchen.

Ich glaube das ist auch etwas, was uns manchmal "Kalt" erscheinen lässt, weil wir manchmal über das Trösten hinweg springen um das Problem direkt bei der Wurzel zu packen.

Und zum Abschluss noch etwas zum Lachen: Mein Empathiezentrum oder wie auch immer der Teil im Gehirn heißt scheint besonders lustig verkabelt. Schon vor meiner Hormontherapie haben mich Katastrophen wie der 11. September bei denen meine Mutter fassungslos am Bildschirm emotional kaum gekümmert. Aber wenn in einer fiktiven Geschichte auch nur ein Charakter besonders selbstlos gegenüber einem anderen ist schossen mir schon immer schneller die Tränen in die Augen als ich das Buch weglegen konnte.

Warum das so ist? Keine Ahnung aber es ist glaub ich ein gutes Beispiel für "Anders verkabelt" und es ist recht praktisch weil mich das Leid Anderer Nie aus der Fassung bringt. Ich registriere es, ich habe ein soziales Bedürfnis zu helfen aber es bekümmert mich persönlich nicht. In Vielerley Hinsicht ist für mich ein ausgeprägtes Pflichtbewusstsein an die Stelle getreten wo andere klassische Empathie hätten, was ein Grund ist warum ich äußerst politisch geprägt bin.
****p35 Mann
7.677 Beiträge
@****el: Danke für diesen von meiner Seite aus gut nachvollziehbaren Einblick, Du könntest glatt mich beschrieben haben *g*
*******_57 Mann
299 Beiträge
@****el ; Danke für deine Ausführung, wir haben zusammen deine Texte genauer betrachtet.
Meine Frau hat einige Stellen gefunden, die auch in ihrer Lebensbiografie zu finden sind.
Aber auch ich sehe einen guten Freund (jetzt Freundin) in etlichen Zeilen wieder.
*****sin Mann
8.514 Beiträge
Zitat von *******iebe:
Zitat von *******bene:
Was meinst Du mit Du reagiertst nicht darauf wie "normale" Menschen?
das heist bei dem TOT meiner Eltern stand ich einfach nur da , keinerlei Empfinden , und das über Monate , das kommt nun erst richtig das diese Emotionen einsetzen . Ich tu mich auch schwer in neuen Bindungen .
Kenn ich auch. wo meine Oma starb (da war ich acht) und wo mein Vater starb.
****el Frau
217 Beiträge
@*******_57 und @****p35

Falls ihr da noch irgendwelche Fragen habt, schreibt mir gern eine PM (wenn das geht, brauch man dafür premium? Bin noch ganz neu hier. )

Zum Thema Empathie ist mir auch noch etwas eingefallen, dass manche interessant finden könnten.

Wie erwähnt reagiere ich kaum auf das Leid anderer. Es bewegt mich emotional nur sehr begrenzt oder wenn es mich rührt dann meistens eher zu Zorn über die Ungerechtigkeit. (Und ich bin sonst super emotional. Ich habe heute ungefähr vier Mal geheult, je nachdem wo man Anfang und Ende zählt, wegen 2 er Videos und ein wenig Selbstreflektion. Ich bin SEHR leicht zu rühren.)

Entsprechend reagiere ich emotional total auf die Freude, den Genuss oder den Gewinn meiner Freunde. Während mich ihr Leid eher in einen kalkulativen Zustand versetzt springe ich bei Freude mit ihnen durch den Raum und heule vielleicht sogar mehr als sie! Es ist fast schon wie eine Art semi permable emotionale Schutzschicht die tendenziell eher gutes durchlässt. Was verdammt praktisch ist denn ich bin in vielen Dingen sehr unsicher, da wäre Mitleid (Im wörtlichen Sinne) kontraproduktiv.
*******_57 Mann
299 Beiträge
Zitat von ****el:
@*******_57 und @****p35

Falls ihr da noch irgendwelche Fragen habt, schreibt mir gern eine PM (wenn das geht, brauch man dafür premium? Bin noch ganz neu hier. )

Zum Thema Empathie ist mir auch noch etwas eingefallen, dass manche interessant finden könnten.

Wie erwähnt reagiere ich kaum auf das Leid anderer. Es bewegt mich emotional nur sehr begrenzt oder wenn es mich rührt dann meistens eher zu Zorn über die Ungerechtigkeit. (Und ich bin sonst super emotional. Ich habe heute ungefähr vier Mal geheult, je nachdem wo man Anfang und Ende zählt, wegen 2 er Videos und ein wenig Selbstreflektion. Ich bin SEHR leicht zu rühren.)

Entsprechend reagiere ich emotional total auf die Freude, den Genuss oder den Gewinn meiner Freunde. Während mich ihr Leid eher in einen kalkulativen Zustand versetzt springe ich bei Freude mit ihnen durch den Raum und heule vielleicht sogar mehr als sie! Es ist fast schon wie eine Art semi permable emotionale Schutzschicht die tendenziell eher gutes durchlässt. Was verdammt praktisch ist denn ich bin in vielen Dingen sehr unsicher, da wäre Mitleid (Im wörtlichen Sinne) kontraproduktiv.

Danke, gerne wenn es dich als Person betrifft. Wenn auch andere hierbei zu ihrer Situation manchen Gedanken aufnehmen können, und dadurch profitieren können schreibe ich es lieber hier.
****p35 Mann
7.677 Beiträge
Zitat von *******_57:
Zitat von ****el:

Falls ihr da noch irgendwelche Fragen habt, schreibt mir gern eine PM (wenn das geht, brauch man dafür premium? [...]
Danke, gerne wenn es dich als Person betrifft. Wenn auch andere hierbei zu ihrer Situation manchen Gedanken aufnehmen können, und dadurch profitieren können schreibe ich es lieber hier.
@****el *dito* ...danke - und ja, für eigeninitiierte (nicht beantwortende oder für Likes bedankende) Clubmails braucht es hier meines Wissens zumindest als Mann eine Premiummitgliedschaft *zwinker*

Aber übrigens: Psychologisch betrachtet liegen Freude und Trauer gar nicht so weit voneinander entfernt
*****sin Mann
8.514 Beiträge
generell: Als Frau kann man auch nur mit Plus oder Premium schreiben.

Ansonsten empathisch bin ich auch nur, wenn ich mich gedanklich in ne Situation hineinversetzen kann. Und bei Leuten, die ich mag.

Ungerechtigkeiten regen mich auch tierisch auf.
****el Frau
217 Beiträge
Zitat von *****sin:
generell: Als Frau kann man auch nur mit Plus oder Premium schreiben.

Ansonsten empathisch bin ich auch nur, wenn ich mich gedanklich in ne Situation hineinversetzen kann. Und bei Leuten, die ich mag.

Ungerechtigkeiten regen mich auch tierisch auf.

Ahh Danke für die Aufklärung!
Ich empfehle da mal das Buch: "Der Junge, der zu viel fühlte" von Lorenz Wagner.

Autismus ist keine Einschränkung der Gefühle. Man fühlt nicht weniger oder gar nicht. Das Gegenteil ist der Fall. Man fühlt zu viel, viel zu viel. Die Reize knallen nahezu ungefiltert ins Gehirn, der natürliche Filter funktioniert nicht so gut. Es wird überfordert und reagiert sehr vernünftig. Es startet einen Shut-Down. Wie ein überlasteter Computer, es verlangsamt/schaltet teilweise ab, um sich zu erholen. Daher wirken Autisten oft emotionslos oder gefühlskalt, in sich gekehrt. Oder sie lenken sich mit anderen Dingen ab, um aus der Überlastung wieder herauszukommen, wie z.B. routinierte Bewegungen/Verhaltensweisen/Ticks.

Wie stark der natürliche Reizfilter ausfällt und in welchen Bereichen (Akustik, Optik, Sensorik, etc.), ist sehr individuell. Daher gibt es auch sehr unterschiedliche Formen des Autismus.

Reizarme Umgebungen sind für Autisten ein Segen. Das reduziert die Überlastung.
*******Punk Frau
5.060 Beiträge
Schreibst Du aus eigener Erfahrung?

Die Beschreibung trifft allerdings auch die dissoziative Störung zu.
********mira Frau
2.805 Beiträge
@*********enza Du hast mich nicht gefragt, aber ich antworte dennoch mal, weil das für mich genau so ist.
Ich bin Autistin, habe aber auch eine kPTBS und DIS. Grundsätzlich treffen etliche Symptome auch auf andere Diagnosen zu, aber das mit den Emotionen und Shutdown ist tatsächlich "typisch" für Autismus.
****p35 Mann
7.677 Beiträge
Die Autismusforschung nahm ihren Anfang überhaupt erst darin, als man merkte, dass zwar viele Symptome ähnlich anderen Erkrankungen sind (spz. damals die Schizophrenie), aber es eben auch entscheidende Unterschiede gibt und so suchte man nach konkreteren Diagnosemaßstäben, auch, um den offensichtlich differenten Ursachen auf den Grund zu gehen.
Nur, um das noch für alle klarzustellen: Autismus ist keine Schizophrenie, auch wenn manche Symptome sich ähneln (z. B. häufig auftretende Schwierigkeiten, Gesichtsausdrücke oder überhaupt nonverbale Sprache lesen und deuten zu können) - die Ursache ist eine völlig andere.
*******Punk Frau
5.060 Beiträge
@********mira

Das finde ich total interessant. Ich habe auch eine kPTBS und eine dissoziative Störung.

Bei mir kommt es durch ausschließlich emotionale Gewalt im Elternhaus. Ich habe Gefühle, Sinne und Erinnerungen abgespalten, um zu überleben.

Werde aber bis heute falsch diagnostiziert.
*****sin Mann
8.514 Beiträge
heute kam auf dem mdr die Doku "Raus aus dem GLaskasten" Da wird Autismus was Vielschichtigkeit angeht gut dargestellt wurde.
*******Punk Frau
5.060 Beiträge
Ich finde leider nichts dazu in der Mediathek.
********mira Frau
2.805 Beiträge
*******Punk Frau
5.060 Beiträge
Danke.

Ich weise ja auch Symptome von Autismus und ADHS auf.
*******su80 Frau
533 Beiträge
Als Mutter eines 15 Jährigen Autisten- Hfa- KEIN Autist gleicht dem anderen.

Ich kenne solche Aussagen nämlich und sie sind völliger Quatsch!

Für mich als Nicht Autist schon eine Gradwanderung aber wie gesagt auf mein Kind bezogen.

Kommt immer drauf an wie sich was äußert und das Gegenüber damit umgehen kann.

Mein Sohn z.B. hat Spezialinteressen, frag ihn wo Mutter 2568 in irgendeiner NASA Mission Xy eingebaut ist- er weiß das!

Find ich vollkommen irre daß er sich das merken und auch abrufen kann.
Mathe- wir können einpacken, er geht in die Uni, spezielles Programm für Hochbegabte- ich versteh nicht einmal worum es da geht mein Sohn braucht keine 2 Sekunden.

Ist mir manchmal fremd, bewundere ich zuweilen aber unterm Strich ist das echt nicht mein erster Gedanke wen ich an mein Kind denke, der erste Gedanke ist das ich ihn liebe und froh bin das ich ihn habe!
*******_82 Mann
1.056 Beiträge
@***zz Danke für die Frage.
In erster Linie würde ich einen Autisten als "normalen" Menschen betrachten. Jeder Mensch ist anders, hat seine Eigenschaften und somit individuell.
Meines Wissens gibt es unterschiedliche "Ausprägungen" von Autisten. Hier würde ich mich freuen, wenn man damit offen kommuniziert wie man umgehen soll, damit eine reibungslose Kommunikation stattfinden kann. Ich muss ehrlich sagen, ich habe da nicht viel Ahnung und benörige Aufklärung.
Wichtig ist: Ich bin neugierig, du bist neugierig, dann kann wohl wenig schief gehen.

Und sollte keine Interesse mehr bestehen, dann hat es andere Gründe. z.B. Interessen sind zu unterschiedlich, aber nicht weil du ein Autist bist.
******eat
464 Beiträge
Bin selber Autist*in und ich denk dann immer über den Mangel an Fachärzten nach, wie lange es dauert im Erwachsenenalter ne Diagnose zu bekommen und wie das ganze Diagnoseverfahren FINTAS* diskriminiert. Also eher „ahhh so viel Stress“.

Wenn ich an autistische Menschen denke, fällt mir zuerst auf, dass ich deutlich entspannter werde. Ich kann meist besser mit neurodiversen Menschen interagieren. Neurotypische Menschen stressen mich oft sehr einfach dadurch, dass Kommunikation und andere Interaktionen mit diesen immer irgendwie unheimlich viel Anstrengung und Planung enthalten. Smalltalk, aber mit unausgesprochenen Regeln, nicht unterbrechen, aber auch nicht schweigen. Mal emotionaler Support, mal tatsächlich die Meinung, wenn jemand schlecht gelaunt ist…. Soooo verwirrend!

Das hab ich bei vielen Autist*innen, aber auch anderen Geschmacksrichtungen von Neurodiversität eher weniger.


Man muss dazu aber sagen, dass:
-mein Masking wirklich gut ist (Stims sind meist eher unauffällig und Overload wird mit Überreizung und sehr viel Schlaf kompensiert),
-ich super emphatisch und sozial kompetent rüberkomme (hab einfach nen Spezialinteresse bezüglich Menschen und Psychologie und erkenne schnell Muster im Verhalten )
-ich nie als autistisch gelesen werde (oder man mir glaubt) weil ich nicht dem gesellschaftlichen Stereotyp entspreche und
-ich deswegen auch nur von anderen Betroffenen Rücksicht und Verständnis erfahre bezüglich meiner Erfahrungen und Problembereiche (Eigene Körper und Emotionswahrnehmung, Konfliktvermeidung, soziale Ängste im Kontakt mit Menschen)


Also meine Gedanken sind bissel vom genauen Teilbereich abhängig, aber grundsätzlich eher positiv ^^
******eat
464 Beiträge
Zitat von ****ri:
Ich empfehle da mal das Buch: "Der Junge, der zu viel fühlte" von Lorenz Wagner.

Autismus ist keine Einschränkung der Gefühle. Man fühlt nicht weniger oder gar nicht. Das Gegenteil ist der Fall. Man fühlt zu viel, viel zu viel. Die Reize knallen nahezu ungefiltert ins Gehirn, der natürliche Filter funktioniert nicht so gut. Es wird überfordert und reagiert sehr vernünftig. Es startet einen Shut-Down. Wie ein überlasteter Computer, es verlangsamt/schaltet teilweise ab, um sich zu erholen. Daher wirken Autisten oft emotionslos oder gefühlskalt, in sich gekehrt. Oder sie lenken sich mit anderen Dingen ab, um aus der Überlastung wieder herauszukommen, wie z.B. routinierte Bewegungen/Verhaltensweisen/Ticks.

Wie stark der natürliche Reizfilter ausfällt und in welchen Bereichen (Akustik, Optik, Sensorik, etc.), ist sehr individuell. Daher gibt es auch sehr unterschiedliche Formen des Autismus.

Reizarme Umgebungen sind für Autisten ein Segen. Das reduziert die Überlastung.

Gleichzeitig geht die Überreizung aber auch mit krassem Verhalten der Kinder teilweise einher, das dann abgewertet wird und dadurch vom Kind dann oft unterdrückt wird, was dann auf Dauer diese vermeintliche Emotionsarmut/Roboterartike verursacht. Verhalten wird vermieden als Schutz und dass das wieder los zu lassen und wieder das tun, was sich eigentlich richtig anfühlt, ist der unmasking Prozess, oder (Wenn ich das so spät noch richtig hinbekomme).
Grundsätzlich sind Autist*innen doch durchaus sehr emphatisch und feinfühlig, weil viele Reize wahrgenommen werden. Als Schutzmechanismus vor nem Overload werden diese dann nur oft verdrängt oder ignoriert ODER man kann damit nicht umgehen, weil die Regeln dazu fehlen, welche Reaktion angebracht sind. Auch die eigenen Emotionen und Gefühle können zu viel sein. Ich meine in ner Studie gelesen zu haben, dass Autist*innen oft Probleme mit Emotionswahrnehmung/-regulation bei sich haben und auch Schmerz und Körperwahrnehmung nicht nur super empfindlich, sondern auch super abgedämpft sein kann.

Also nur, wenn die Überreizung nicht so groß ist, dass die Interaktion mit dem Umfeld so stark beeinträchtigt wird, z.b. durch non-verbalität etc. auf Grund mangelnder Kapazitäten des Gehirns neben den ganzen Reizen, noch den „normalen“ Entwicklungsprozess hin zu bekommen und deswegen oft ein nicht so großer Maskingdruck dem Kind gegenüber vermittelt wird.


So im Nachhinein betrachtet, sehe ich sehr klar an Kinderfotos, wo ich angefangen habe meine Gefühle nicht mehr zu zeigen (lächelt und lache nicht mehr drauf) und versucht habe menschliches Verhalten zu lernen (z.b. meine ich lese 100 Seiten die Stunde Bücher für Jugendliche und Erwachsene-Phase mit 10-12) damit ich nicht zu laut, zu unhöflich, komisch oder anders nervig bin. Overloads wurden im eigenen Zimmer durchs ins Kissen weinen und unauffälliges weniger körperliches Stimming immer häufiger.

Ich glaube also, dass das als klassisch autistisch wahrgenommene Verhalten null mit mangelnden Gefühlen, sondern eher mit Selbstschutz zu tun hat. *g*
*****sin Mann
8.514 Beiträge
Kennt ihr das Gefühl auch, dass der Joyclub eher so eine Art Ersatz für den mangelnden Filter für euch herhält?
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