An Paradise_89.
Es gibt ebenfalls Menschen, welche garnicht wissen, wie sie sexuell veranlagt sind und können sich deshalb auch nicht zielgerichtet mit anderen passenden Menschen "verbinden". Ein Beziehungsfindungsprozess findet nicht oder nur "fehlgeleitet" statt. So ist es mir selbst mal ergangen und, ja, es ist ein langandauernder Prozess des sich darüber "gewahr" werdens.
Ich selbst war ja auch mal der Meinung, nein der Überzeugung, ebenfalls heterosexuell veranlagt zu sein, obwohl die noch erwähnten Beziehungsmodelle mit mir garnicht funktionierten. So kann man eben auch einer sexuellen Illusion nachlaufen.
Wenn ein solches Phänomen bei einem selbst erkennbar ist, dann spricht man von sog. "latenter Homosexualität" oder auch von sog. "latenter Bisexualität".
Mal ganz vereinfacht erklärt: Durch die Genetik ist die sexuelle Veranlagung "vorgegeben", sie ist daher nicht frei wählbar, wie wenn man im Kaufhaus irgendwelche Waren aussuchen kann. Idealerweise findet eine Verknüpfung mit dem eigenen Bewusstsein in jungen Jahren statt, somit man dann weiß in welche Richtung die persönliche Sexualität gehen soll. Bei einigen Menschen ist dieser Prozess "gestört", sorry für das harte Wort, oder besser formuliert, zeitversetzt. Das kann, wie in meinem Falle durchaus mehrere Jahre dauern, bis diese Erkenntnis im persönlichen Bewusstsein verankert wird.
Bei mir hat dieser Entwicklungsprozess 30 Jahre lang gedauert. In Worten: DREISSIG JAHRE. OK, wie habe ich es dann bemerkt, bzw. wie wurde ich darüber gewahr.??
Durch das Beobachten meiner Mitmenschen seit meiner Jugendzeit. Damals konnte ich eben deutlich beobachten, wie sich die Mädels und Jungens so zusammengefunden hatten, Thema erste Liebe, erste Verpartnerung als Schüler. Mit grossen Augen konnte ich dieses Phänomen immer wieder feststellen, ohne wirklich aktiv daran teilzunehmen, da dieser Vorgang bei mir selbst komplett "ausser Kraft gesetzt" ist. Nur wusste ich damals eben nicht warum.
Weibliche Mitmenschen hatten mich selbstverständlich auch wahrgenommen, keine Frage, aber eben nie als potenziellen Liebes- oder Beziehungspartner. Da gab es immer eine gewisse emotionale Distanz, so wie eine unsichtbare Schranke, welche immer herunterklappte. Das hatte aber definitiv nix mit Sympathie oder eher der Antipathie zu tun. Man kann es sich wie zwei Plus-Magnete vorstellen, welche sich immer abstossen.
Als Jugendlicher konnte ich das sehr deutlich spüren und wahrnehmen, aber nicht erklären.
Da kam mir mal eine eigene Theorie in den Sinn, da ich eben, vielleicht etwas übertrieben, krampfhaft nach Antworten gesucht hatte, welche mir damals niemand geben konnte.
Theorie-Vorschlag. Jeden Menschen umgibt eine Art AURA. Die kann man nicht sehen, wo wie man Farben o.ä. sehen kann, aber man kann sie spüren. Innerhalb dieser AURA lässt sich auch ablesen, oder erspüren, ob ein Mensch für einen anderen Menschen "kompatibel" erscheint, auch in sexueller Hinsicht. Kurz gesagt, ja gewagt, ich weiß, aber so ergibt es für mich einen Sinn: "Man kann an der AURA erspüren, wie ein anderer Mensch veranlagt ist". Das hat jetzt nichts mit anderen phänotypischen Merkmalen zu tun, wie z.B. sportliche Typen, sympatische Menschen usw.
Später stolperte ich online über die von mir bereits erwähnten Latenz-Begriffe und deren Erklärungen dazu. Das hatte mir die Augen geöffnet, denn es traf hundertprozentig auf mich und meine Veranlagung zu.
Kurz gesagt: Genetisch ist es vorgegeben, wie man sexuell veranlagt ist, aber manche Menschen, welche diesem Latenz-Phänomen unterworfen sind, wissen es einfach noch nicht. Ich selbst halte dieses Phänomen für eine Art Entwicklungsverzögerung in sexueller Hinsicht, für welche man sich aber niemals schämen müsste. Aufklärung dahingehend ist eben, wie so manches anderes in Deutschland leider immer noch recht spartanisch. Da sind wir, leider, immer noch ein Entwicklungsland, ebenso in dem grossen Bereich der Psychologie, der Therapiemodelle und -ansätze. Wäre schön, wenn sich in diesen Sektoren mal was ändert und eine Weiterentwicklung und weitere wichtige Hilfestellungen bemerkbar werden.