Hallo zusammen!
Ganz allgemein betrachtet, halte ich das für ein sehr vielschichtiges Thema. Wohl so vielschichtig wie wir alle eben verschieden sind und somit auch verschiedene Ansprüche, Prioritäten oder Erwartungen an eine Liebe haben. Wahrscheinlich sogar an die jeweilige Liebe.
Wenn dieser Rahmen für alle und immer gleich wäre, könnte ja eben ein für alle und immer gleich geltender Verhaltenscodex = Leitfaden erstellt werden, der seinerseits auch für alle immer funktioniert.
Da sich die Dinge nun bekanntermaßen völlig anders und zwar auch jedes Mal anders verhalten, ist es mit der Liebe, vor allem der dauerhaften, eben recht kompliziert.
Für mich persönlich ist als allererstes wichtig das man sich offen, ehrlich und unverstellt begegnet. Wenn sich eine Seite oder gar beide verstellen, ist die Gefahr, dass die oder der entsprechende sich ein falsches Bild macht, noch um ein Vielfaches höher als sie ohnehin schon ist. Natürlich versucht im Allgemeinen jeder sich der Situation geschuldet möglichst positiv zu präsentieren. Das ist ja auch kein verstellen sondern für mein Empfinden ein wohlwollendes Bemühen.
Wenn ich von meiner Auserwählten kein Interesse ihrerseits verspüre, entwickelt sich von Anfang an nicht wirklich etwas für mich.
In meinem Leben hatte ich bisher eine große andauernde Liebe und 2 - 3 kürzere.
In meiner frühen Jugend war ich mit der 1. Frau, besser gesagt mit dem 1. Mädchen mit dem ich Sex hatte ein gutes Jahr zusammen. Das Ganze ging auseinander, weil wir in mir wichtigen Punkten nichtmehr übereinstimmten. Wahrscheinlich von Anfang an nicht und ich war noch zu jung, unerfahren um das vorher zu erkennen. Damals hatte ich auch das Bedürfnis nach sexueller Abwechslung was ich gern mit ihr gemeinsam erleben wollte. Als ich ihr das erklärte, war sie zuerst begeistert. Als das konkreter werden sollte, gab es immer mehr Spannungen, wir haben uns immer öfter alle möglichen Geringfügigkeiten vorgehalten und schließlich haben wir uns getrennt. Bevor ich mit einer weiteren etwas hatte.
Ähnlich ist es mir danach nochmal ergangen. Allerdings war das ausschlaggebende Thema ein anderes. Unsere Vorstellungen von Niveau gingen in uns wichtigen Ebenen zu weit auseinander.
Nicht viel später lernte ich meine zukünftige Frau kennen. Wir waren genau 27 1/2 Jahre verheiratet und wir haben uns nie getrennt. Leider ist sie im Dezember 2014 verstorben. Unsere Ehe und somit auch unsere Liebe waren sehr lebendig. Damit meine ich, es gab kein gleichmäßiges Dahinplätschern zwischen uns. So will ich es mal umschreiben. Wir lagen intellektuell soweit beieinander, dass es sich für uns beide gut anfühlte. Sie hat mich nicht auf einen imaginären Sockel gestellt und mich auch nicht angehimmelt. So etwas wollte ich auch nie. Sie hat mich geliebt und ich habe sie geliebt. Sie war eine sehr selbstbewusste und willensstarke Persönlichkeit. Wir haben uns gegenseitig geachtet, gestützt und gefördert. Sowohl beruflich wie auch in unseren weiteren Interessen. Auch Haushalt, Kind, Freizeit..., kurz alle Bereiche lagen von der 1. Minute an in unserer gemeinsamen Verantwortung. Natürlich hatte jeder seine Stärken und Schwächen so, dass wir uns ergänzt und aufgeteilt haben.
Sie war die Frau mit der ich auf Augenhöhe gelebt habe. Mit einer die mir am sprichwörtlichen Rockzipfel hängt, konnte und kann ich nichts anfangen. Natürlich gab es durch diese Konstellation immer wieder Berührungspunkte. Mal mehr, mal weniger. Das ist auch nicht immer bequem. Dennoch ist es für mich das, was eine tragfähige Liebe ausmacht. In unseren Höhen und Tiefen gab es auch die Situation, in der wir dachten, wir sollten uns trennen. Letztlich haben wir uns zusammengesetzt und haben uns ergebnisoffen ausgesprochen.
Das Ziel war also nicht wie wir unbedingt zusammenbleiben können. Das Ziel war uns gegenseitig in aller Ruhe und Besonnenheit klarzumachen wo jeder von uns steht, was jeder von uns will und was nun weiter geschieht. Es war also auch kein Gegeneinander wobei einer gewinnt und einer verliert.
Es war wirklich ein Offenlegen von Interessen, Wünschen und Neigungen. Letztlich ist uns bewusst geworden, wir beide wollen das wir zusammen bleiben. Bei den sich konträr gegenüber stehenden Positionen konnten wir aufeinander zugehen und uns über Toleranzen und Grenzen verständigen.
Ein paar Jahre nachdem meine Frau verstorben war, hatte ich eine Beziehung für ein gutes Jahr. Wir waren anfangs auch wirklich verliebt. In dieser Beziehung war die Situation so, dass sie mich auf eben den im Vorfeld genannten Sockel stellte. Anfangs konnte ich ihr noch klarmachen, dass ich das nicht brauche und nicht möchte. Ebenso konnte ich ihr noch vermitteln, dass sie doch in keinster Weise eine geringer wertige Persönlichkeit ist, dass sie sich vor allem auch ihrer Fähigkeiten und Stärken bewusst seien soll und diese auch problemlos wie selbstsicher einsetzen, anwenden kann und soll. Ofensichtlich war sie das nicht gewohnt.
Da nun mehr Freiheiten, mehr Entwicklung und daraus mehr Möglichkeiten naturgemäß auch immer mehr Verantwortung, mehr Risiken und an vielen Stellen schlicht mehr Arbeit bedeuten, wollte sie das so dann auch nicht immer. Sie hat sich mehr und mehr wieder in die Position begeben Dinge, die sie selbst auch stören, als gegeben hinzunehmen, anstatt sie anzugehen und zu ändern. Ich für mein Teil habe mich ebenfalls mehr und mehr zurückgezogen bis die Beziehung zu Ende war. Die Liebe war es in dem Fall schon ehr.
Schon der alte Herr Geheimrat hat ja einst geschrieben:
...
"Eröffn’ ich Räume vielen Millionen,
Nicht sicher zwar doch thätig-frei zu wohnen."
...
Zusammengefasst und etwas verallgemeinert möcht ich sagen:
Liebe vergeht für mich, wenn das für mich Erstrebenswerte, Wichtige, welches für mich hohe Priorität hat, immer weniger zu spüren ist und ich mir dessen immer weniger sicher bin.
Mehr noch, wenn ich immer mehr das Gefühl habe das es nicht da ist.
Sehr schade finde ich es, wenn eine gute Liebe wie Beziehung wegen Missverständnissen zerbricht. Offensichtlich passiert dieses leider nicht selten.
So viele von euch haben ja schon geschrieben das ihnen ehrliche Offenheit über die eigene Person und miteinander reden, über genau diese Dinge, wichtig sind. Das empfinde ich ebenso.
Falls mich nun jemand von euch fragen möchte ob ich mir bei alledem sicher bin, kann ich leider nur antworten: Wie kann ich mir absolut sicher sein? Selbst wenn ich es genauso fühle.
Irrtümer begleiten uns ja ständig. Versuchen wie ihre Anzahl gering zu halten und/oder sie baldmöglichst aufzudecken.
Um den Alten nochmal aus gleichem Werk zu zitieren
(Diesmal nicht aus den letzten Seiten, sondern aus den ersten.):
…
"Es irrt der Mensch so lang er strebt."
…
In diesem Sinne wünsche ich euch ein glückliches Händchen für eine glückliche Liebe.
Herzlichst Zentaur T