Die Renaissance der Pfadfindermentalität
Neulich beim Sport…fiel mir auf, dass die Formation von Gruppen wohl derzeit im Trend liegt. Beobachtet in Kursen wie sie heute nahezu jedes Fitness-Studio anbietet. Diese Kurse werden naturgemäß von Trainern durchgeführt.
Vorneweg: Ich bin ein glückliches Einzelkind. Folglich bin ich es gewohnt, mich in dem Umfeld, in dem ich mich bewege, auch ohne Begleitung natürlich aufzutreten. Ganz sicher keine Eigenschaft, die ausschließlich Einzelkindern vorbehalten ist, möglicherweise aber eine Erklärung für das gewählte Thema, keinesfalls aber eine Einladung zum Psychologisieren mit Tiefenschärfe.
Zurück zum Anfang: Nach einer Weile werden einem die Gesichter in den Kursen vertrauter. Normal, das bedingt die Regelmäßigkeit der Besuche. Die eine oder andere wird freundlich begrüßt, wie es sich ergibt - mehr aber auch nicht. Männer ziehen anscheinend die schweißtreibende Arbeit an Geräten vor. Sie findet man in den Kursen jedenfalls seltener.
Kurzum: Hier geht es vor allem um Frauen, die mit seltenem Eifer Gruppenzugehörigkeit anstreben und diese im Anschluss intensiv pflegen. Besonders dabei hervorzuheben ist, die Zugehörigkeit zum/r Trainer/in, die in absurder Weise mit dem Bild „Jesus und seine Jünger“, wären diese Personen weiblich gewesen, vergleichbar ist. Keine Teens, keine Twens, nein, die Damen bewegen sich jenseits der 30 oder 40 Jahre. Egal, in welchem Studio der/die Trainer/in eine Trainingseinheit absolviert, die Gefolgschaft steht getreu an seiner/ihrer Seite.
Anfänglich mögen „Bussi-Kultur“ und die damit einhergehende Belanglosigkeit einen harmonisch harmlosen Eindruck vermitteln, gelte es nicht, die Favoritenrolle, die sich stets von Neuem stellt, zu besetzen. Bei allen Aktivitäten, die sich inzwischen auch auf den Privatbereich ausgedehnt haben, wird ein gewisser Teilnahmedruck unter den „Jüngern“ spürbar. Woher dieses Wissen? Die Omnipräsenz des Gruppenverbandes und die Lautstärke der Kommunikation halten einen ungewollt auf dem Laufenden.
Selbstredend sind die „Jünger“ für die Rekrutierung der Neuen zuständig. Schließlich muss die Entourage zahlenmäßig ständig aufgerüstet werden. Falls Rekrutierung droht, werden Verhaltenheit, Distanziertheit oder schlicht Gleichgültigkeit seitens der Individualisten und jenen, die es partout bleiben wollen, abgestraft.
Kein Sex, kein Crime, sondern eine gesellschaftliche Frage, deren Beantwortung sich folglich nicht am konkret beschriebenen Beispiel festbeißen muss. Es geht mir um Folgendes:
1. Skizziertes Beispiel ein Einzelfall, oder die Renaissance der
Pfadfindermentalität?
2. Ein typisch weibliches Verhaltensmuster, oder bloß wieder ein
Klischee?
3. Verhaltensweisen, die Männer aus ihren Communities ebenfalls
gut kennen?
4. Gruppenzugehörigkeit - ein menschliches Bedürfnis, das sich
aufgrund der zunehmend angespannten wirtschaftlichen Lage
noch weiter verstärken wird? (Anpassung ist Trumpf –
Individualisierung war gestern.)