Der Puppenspieler
Teil 1„Was ist Sex schon wert, ohne Gefühle für die andere Person“, fragte ich sie. „Ohne eine persönliche Geschichte drumherum!?“ Ich schwenkte mein Rotweinglas. „Also mir würde da etwas fehlen“, schob ich nach und nahm einen großen Schluck.
Sie lächelte in sich hinein. Ihr rotes Kleid war bezaubernd. Es schmiegte sich sanft an ihre Haut. Die Konturen zeichneten ein Geschöpf traumhafter Schönheit. Ich konnte kaum einen Gedanken fassen und war froh, als sie den quälenden Moment der Stille mit ihrer Stimme füllte: „Ich hatte schon oft spontanen Sex mit Männern und Frauen.“
Ich verschluckte mich fast am Wein und spürte dieses Brennen im Hals. Sie brachte mich aus dem Konzept und ich dachte sofort an das Dating-Seminar. Jetzt musste ich umschalten, aktiv werden und die letzte Chance ergreifen. Alles oder nichts! Thomas der Coach hatte in solchen Situationen immer das ausgesprochen was er dachte und so legte ich los: „So wie du da sitzt mit deiner unglaublichen Schönheit, würde ich mich jetzt am liebsten gleich auf dich stürzen und dich jetzt und hier auf dem Teppich nehmen. Vor all den Leuten im Restaurant. Ich halte es kaum aus so kultiviert zu tun und darauf zu hoffen, dass wir uns nach diesem Abend wiedersehen. Stattdessen möchte ich dir jetzt nah sein, dich stöhnen hören und mich wild an dir vergehen.“
Es dauerte einen Augenblick, doch dann schaute sie mich zum ersten Mal heute Abend etwas anders an. „Und was ist mit den Gefühlen?“, fragte sie.
In der Hoffnung auf dem richtigen Weg zu sein, legte ich mutig nach: „Ich weiß es nicht mehr, ich bin verwirrt, doch ich möchte nicht das Du es merkst. Ich möchte unabhängig und gefestigt erscheinen. Am besten unerreichbar, so als bräuchte ich Dich nicht. Das ist doch das Spiel oder nicht?“
„Das ist doch unser Spiel!“, antwortete sie. „Wir Frauen müssen so spielen. Wenn ihr Männer es auch spielt, dann funktioniert es nicht!“
„Und was bitte ist unser Part dabei?“
„Ihr sollt unbeeindruckt euer Ding machen! Mehr wollen wir gar nicht.“ Sie holte ihr Portemonnaie aus der Tasche, legte einen Schein auf den Tisch und ging.
Ich schaute ihr hinterher und sank langsam in meinen Stuhl. Ganz einsam und allein saß ich da, so zurückgelassen mit meinem Wein, so enttäuscht von dem was da gerade geschehen ist. Ich fühlte mich jämmerlich.
Alles zog sich in mir zusammen und plötzlich quoll es mir aus dem Rachen! Ich ließ es einfach raus und kotzte auf den Teppich! Vor all den Leuten im Restaurant.
Ich sah noch, dass einige der Gäste würgend zur Toilette rannten. Die Kellner kamen schnell herbei und zerrten an mir. Einer telefonierte aufgeregt. Wenig später hörte ich die Sirenen heulen und bald schon wurde ich in den Krankenwagen geschoben. Ein paar Stimmen riefen noch nach mir… doch dann war alles dunkel…
Jemand blendete mich mit einem grellen Licht. Als sich das verschwommene Bild zu einem Arzt zusammensetzte, war klar das ich in einem Krankenhaus gelandet bin. Er schaute mich irgendwie merkwürdig an und stellte mir komische Fragen: „Wissen sie wo sie sind?“, „Wie ist ihr Name?“, „Welches Datum haben wir heute?“ Auch er hatte sein Spiel und ich machte mit. Sie untersuchten mich und fanden nichts. Es dauerte noch ein paar Stunden, bis ich wieder vollkommen bei Bewusstsein war.
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