Ohne jetzt alle Seiten gelesen zu haben....
(man möge mir verzeihen, wenn ich bereits Gesagtes anbringe
)
Ich gebe zu, ich habe so ein Konstrukt bisher noch nie gehabt. Nicht weil ich es nicht wollte, sondern weil ich bisher in Beziehungen war und sowas wie Casual Sex bzw. Freundschaft+ für mich schlicht und ergreifend nicht in Frage kam. Indiskutabel nicht, aber ich konnte der Idee bisher nie so viel abgewinnen.
Nachdem ich aber nun seit 2,5 Jahren Single bin (und nein, ich war nicht die ganze Zeit enthaltsam), denke ich mittlerweile, dass mit meinen gerade 50 Jahren die restliche Zeit meines Lebens aller Wahrscheinlichkeit nach deutlich kürzer sein wird als die Zeit, die ich bisher sexuell aktiv gehabt habe. Und die möchte ich gut nutzen. Denn ich lebe heute! Wenn sich eine Beziehung entwickelt, fein. Wenn nicht, dann ist das aber jetzt auch kein Grund, vollkommen abstinent zu bleiben. Nachdem ich in den letzten zwei Jahren auch hier und da emotional "ordentlich auf die Fresse bekommen" habe, bin ich als gebranntes Kind entsprechend vorsichtiger geworden. Ich möchte einfach nicht mehr, dass mir jemand nochmal so wehtut, wie es in der Vergangenheit geschehen ist. Auf der anderen Seite bin ich auch noch zu jung, um auf Sex zu verzichten, nur weil keine Beziehung um die Ecke lauert.
Ich für meinen Teil möchte die Annehmlichkeiten einer Freundschaft+ für mich in Anspruch nehmen (und damit meine ich Freundschaft, und nicht sowas in der Art wie "hey, ich hab Lust, kommste vorbei?"), ohne aber in die Beziehungsfalle zu tappen. Ich wähle den Ausdruck Beziehungsfalle bewusst, aus o. g. Gründen. Wenn die Vorzeichen klar sind à la "wir beide pflegen eine Freundschaft+, wir verbringen einen Teil (!) unserer Freizeit miteinander, machen vielleicht hier und da dummes Zeug, lachen, tauschen uns auch mal in ernsthafter Unterhaltung über Dinge jenseits der Sexualität aus und kümmern uns ein wenig umeinander, aber eben nicht in dem Umfang, den eine Beziehung mit sich bringen würde, dann weiß doch jeder, wo er steht, wo sein Platz ist bzw. sein sollte.
Nun mag es sein, dass der eine in eine solche Freundschaft+ hinein geht mit der Idee, dass sich daraus ja vielleicht auch eine Beziehung ergeben könnte, wenn's denn gut läuft. Großer Fehler, meines Erachtens! Es ist eben die fehlende Erwartungshaltung beiderseits, die eine Freundschaft+ wohl erst möglich macht. Und wenn die Erwartung "Beziehung vielleicht" nicht im Raum steht, kann man wohl freier miteinander umgehen. Ich weiß, hier redet in vieler Augen wohl die Blinde vom Sehen. Aber so ist meine Idee einer Freundschaft+, über die ich mir wahrlich in den letzten zwei Jahren ordentlich Gedanken gemacht habe, ob es denn überhaupt eine Option für mich sein könnte.
Kommen wir nun zu der Ausgangsfrage, warum aus deiner Freundschaft+ denn (unter den allerwahrscheinlichsten Umständen) keine Beziehung wird. Es ist doch im Grunde so sooooo banal:
1. Ein "Partner" will doch irgendwann mehr, der andere nicht --> Ende der Freundschaft+. Wie sollte das auch funktionieren? Liebe kann man nun einmal nicht erzwingen. Und die Fairness gebietet es auch, immer ehrlich zueinander zu sein, inwieweit die ursprünglich gedachten Vorzeichen noch gegeben sind. Es heißt auch, dass man auf den anderen acht geben muss, ob man Zeichen einer Verliebtheit wahrnimmt. Ob man merkt, dass der andere sich mit der ach so quasi bedingungslosen Freundschaft+ in Wahrheit doch zunehmend eventuell quält.
2. Ein "Partner" findet jemanden, der sich auf das klassische Beziehungsmodell gerne - womöglich aus Verliebtheit/Liebe
- und mit Freude einlässt --> Ende der Freundschaft+. Da gibt es kein Vertun, das ist dann einfach so.
3. Man empfindet für den anderen zwar noch Freundschaft, aber eben nicht mehr dieses Plus-Gefühl --> Ende der Freundschaft+. Auch hier geht Kommunikation wohl über alles. Eine Freundschaft+ ist eben nicht nur "wir poppen uns die Hirne bedingungslos frei". Fühlt man sich eingeengt durch diese Freundschaft+, ist auch das Gefühl wohl das Ende des Konstrukts.
Meine Meinung: Über allem sollte Respekt stehen. Auch wenn man nicht die Verantwortung einer Beziehung füreinander hat, so hat man doch dennoch Verantwortung für den Menschen, mit dem man seine Sexualität - und ein bisschen/bisschen mehr darüber hinaus - nicht ganz zufällig teilt. Immerhin ist dieser jenige bis auf das "Liebes-Gedöns" der Mensch, der einen sehr intim und sehr verletzlich kennenlernen durfte. Der einem vielleicht auch in Dingen jenseits des Bettes hier und da hilfreich zur Seite gestanden hat. Auch eine Hingabe im Rahmen einer Freundschaft+ ist eine Art Geschenk. Das sollte man wohl nicht vergessen.
Jean Jacques Rousseau hat es seinerzeit sehr fein formuliert: "Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will". Und auch Emanuel Kant hat vor vielen, vielen Jahren sinngemäss erklärt, wie viel Freiheit der Einzelne beanspruchen kann: nämlich so viel, dass diejenige des anderen nicht tangiert wird.
Es scheint also kein sooooo neues Konstrukt zu sein, auch wenn die o. g. Philosophen Freundschaft+ wohl eher nicht im Sinn hatten
. Auch wenn ich sicher bin, dass es das auch zu ihrer Zeit schon gab. So viele Mätressen wie es gab.....
So, das waren sie, meine 2 Cents (wohl eher mehrere Euro
) zum Thema. Ich für meinen Teil weiß nicht, wie mir persönlich eine Freunschaft+ bekommen wird. Aber ich bin offen genug, es zu probieren. Und nein, das ist jetzt kein Aufruf, mich bzw. mein Postfach mit Offerten zuzuballern!