Beide Perspektiven
Da ich in zwei „vorzeitig beendeten Lebensbeziehungen“ (beides Ehen, einmal neun, einmal zwölf Jahre) sowohl der - plötzlich und überraschend - Verlassene als auch der - zagende und zaudernde - Verlassende war, kann ich die hier gefragte Perspektive auch mit dem Hintergrund des anderen Erlebensspektrums einnehmen.
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Was habt Ihr bereut? Was nicht?
Dass ich zu lange gewartet habe und zu keiner Zeit aktiv ein klares Ende herbei geführt habe. Aber nach der Lektüre aller Beiträge hier ist mir bewusst geworden, dass ich einfach nicht der „Böse“ sein wollte. „Schuld“ findet sehr wohl statt, nämlich in einem selbst. Ich jedenfalls habe mich in der Rolle des Verlassenden (die ich übrigens als Zweites erlebt habe) als Schuldiger, als der Zerstörer gefühlt. Insofern habe ich ausgeharrt und langsam aber stetig darauf hingearbeitet, dass Sie jemanden findet, der Sie auffangen kann. Das ist gelungen.
Also: Bereut habe ich die lange Zeit, die ich ausgehalten habe. Das würde ich heute schneller machen. Nicht bereut habe ich, dass ich so lange gewartet habe, bis auch Sie soweit war.
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Welche Ängste / Hoffnungen haben sich bestätigt, welche nicht?
Die Angst, niemals wieder lieben zu können hat sich nicht bestätigt. Die Hoffnung, dass die nächste Beziehung leichter wird, hat sich ebenfalls nicht erfüllt
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Wie lange habt Ihr gebraucht von der ersten Idee bis zur Umsetzung
Da gab es keine „erste Idee“, keinen konkreten Zeitpunkt der Erkenntnis. Irgendwann auf dem Weg begannen die Zweifel zu überwiegen. Da änderte auch der „tolle Sex“ nichts, den wir jeden Abend, aber auch wirklich jeden Abend hatten. Alles mutierte zu Leblosigkeit, Lieblosigkeit, selbst das allabendliche Ficken, selbst die immer wilderen Spielchen bis hin zu SM und Swingen - all das konnte die eigentliche Grundlage der Beziehung nicht heilen. Das lange Sterben hat danach aber immer noch drei, vier Jahre gedauert (selbst verursacht, s.o.).
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Welche Relevanz haben/hatten für Euch die Aspekte Lebenszeit, Selbstwert, Gleichgewicht und Respekt?
Respekt war ausschlaggebend. Respekt vor mir selbst. Wenn ich Frau und Kinder verlassen würde, nur weil
ich in der Beziehung keinen Sinn mehr sah, könnte ich keinen Respekt mehr vor mir haben. Es wäre mir hochgradig unreif und krankhaft egoistisch vorgekommen. Also musste die Erkenntnis darüber bei beiden Beteiligten reifen: Auch Sie musste so weit sein, sich nach etwas anderem zu sehnen.
Lebenszeit, Selbstwert? Gleichgewicht? Abstrakte, theoretische Begriffe, seinerzeit, die nur sehr unterschwelligen Einfluss hatten.
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Wenn Ihr den Weg noch einmal gehen könntet, was würdet Ihr anders / genau so machen?
Da aus jener Verbindung zwei wundervolle Kinder hervorgegangen sind, würde ich alles genau so machen, nur um deretwillen - ja, ich würde mich sogar schwer hüten, etwas besser machen zu wollen, denn so, wie sie sind, sind sie gut.