Lieber SciFi2
Ich kann dir die Frage(n) vielleicht beantworten, wenn ich dir meine Sicht darlege...
Ich durfte den Begriff des „Reaktionsfetischisten“ erst vor etwa einem Jahr kennenlernen – obschon vermutlich mein ganzes Leben danach ward.
Aus der wirklich ganz persönlichen Sicht des Top/Dom/Sad - der alle die drei Punkte bis ins extreme auslebt – der ich bin, interpretiere ich meine Neigung so: Es macht mir ja nicht wirklich Spass meine Sub/Sklavin zu malträtieren, damit ich meine Gelüste als Sadist auslebe und sie es nicht mag. Auch wenn ich die Meine vor mir knien habe und sie tut es weder für mich, noch weil sie es wirklich will, noch gibt es ihr etwas finde ich das obsolet.
Wenn hingegen die Meine mir zeigt, dass sie wirklich vor mir knien will, wenn die meine mir mit dem Winden ihres Körpers zu verstehen gibt, dass meine Schläge genau da ankommen, wo und wie ich es will und ich spüre, dass sie das so gerne für mich aushält und mich stolz machen will, DANN lebe ich von den Reaktionen.
Ich durfte mit meiner damaligen Partnerin einst einem Paar an einem Event zusehen. Er schlug im Stakkato auf sie ein, wirklich über eine halbe Stunde, und seine Sklavin zeigte null Regung, gab keinen Laut von sich, bewegte sich nicht. Meine Partnerin und ich empfanden dieses als sehr unschön, lebten wir beide doch genau davon, dass ich die Meine hören möchte, dass ich sie winden sehen möchte, sie stöhnen und süss leiden. Nur dann kickt es mich auch, dann fliege ich mit ihr zusammen immer tiefer in den Rausch. Ich liess kürzlich eine Sklavin derart fliegen, dass ich ob ihrer Reaktion (die war heftig!) selbst am ganzen Körper erzitterte und in ein völliges Flash kam. DAS ist, was ich suche...
Ich kann dies vielleicht anhand eines weiteren Beispiels erklären: Eine junge und unerfahrene Sub fragte mich, ob meiner Härte beim Schlagen, ob ich sie nicht zu sehr fordern oder quälen würde, da ich mir ja mehr gewohnt bin. Das war eine sehr interessante Frage, denn fürwahr streben wir immer nach höheren Ektasen, citius, altius, fortius im BDSM Rausch....
Ich entgegnete ihr, dass ich mit einer Debütantin und einer sehr weit entwickelten Sklavin genau die selben Gelüste erfahren kann. Den hier entsteht wahrer Reaktionsfetischismus; wird die Reaktion einer erfahrene Sklavin nach mehr und härteren Schlägen fordern, lässt die neuen Erfahrungen die frische Sub schon bei geringer oder mittlerer Zucht sie genau gleich reagieren; ihr Körper windet sich und sie hält es gerne aus für ihren Herrn, möchte ihn Stolz machen. Durch das, dass ich meinen Sadismus anhand der sofortigen Resonanz intensiv aus- und erlebe, kann ich das selbe Gefühl auf jeder Stufe des Quälens erfahren. Ich stelle einfach in den Raum, dass ein Sadist, welcher wirklich nur darauf steht, dass das Gegenüber leidet, die Note dieser Differenz nicht erkennt.
Demnach ist Reaktionsfetischismus nicht eine Flucht, sondern das angenehmste Nebenprodukt des Sadismus.
Ich kann dir deine Seite des Bottom nicht erklären, da selbst nie erlebt. Doch kann ich mich so sehr in meine Partnerin hineinversetzen, dass ich ihre Lust selbst spüre, einfach divergent. Sie empfindet die grösste Lust, den Schmerz nicht bloss zu spüren (das geht auch beim Zahnarzt...), sondern den für mich, ihren Herrn zu erleben. Mit dem Wissen, dass auch ich an dem sauge, es aufnehme kickt sie das umso mehr. Sie lässt den Schmerz durch ihren Körper fliessen und schenkt ihn mir wiederum als Reaktion ihrer. Nur an dieser Reaktion erkenne ich „mein Werk“, direkt und unmittelbar – nicht an den Striemen die später entstehen... Und so schenkt sie mir auch sich, ob es ihr Orgasmus, ihr Körper oder eben Schmerz ist, für mich ist das auch ein beachtlicher Teil des D/S. Doch dazu werden sich andere sicher divergent äussern. Wie gesagt, MEIN BDSM.
Ich hoffe, dass ich damit diesen Begriff etwas be- und umschreiben konnte.
Zum Grusse
Nertan