Rot, Gelb, Grün, - Schwarz
Ich will auch ein Klugscheisser sein!
Also 1. "savewort" ist eine so schreckliche Kunstwort-Erfindung wie der Ampelcode einer Session den Touch einer Turnübung gibt. Die Amis nennen das Ding "safeword", weil "safe" "sicher" heisst, wogegen "to save" "erretten" heisst (Warum bin ich nicht Englischlehrer geworden?). Sub soll sich sicher fühlen, zu einer nötigen Rettung soll es gar nicht kommen müssen. Wer gegen Anglizismen ist, dem würde ich "Sicherheitswort" durchgehen lassen. "Stoppwort" finde ich auch ganz ok.
Und 2. puppenspielers kraft der dominanz erahne ich immer wenn ich seine endlosen satzungetüme ohne jegliche gliederung durch punkte und kommata lese denn da ahne ich wie die peitsche auf und nieder schwingt mit vehemenz da ist kein halten und sein enthusiasmus geht mit ihm durch aber er liebt sein weib da bin ich mir sicher wobei ich mit interpunktion von grosskleinschreibung ganz zu schweigen ich seine beiträge noch viel lieber lesen würde
Zudem 3. scheint mir, Alre, dass puppenspieler das "l" in deinem Nick für ein grosses "i" hält und deshalb, bei konsequenter Kleinschreibung, aus "Alre" "aire" wird. Eine "Aire" ist eine barocke Tanzform; steht dir auch gut, musst dich also nicht gekränkt fühlen.
Und jetzt noch was ganz Inhaltliches:
Ich habe meine Sub überhaupt erst dazu bekommen, sich auf SM einzulassen, weil ich ihr die Geschichte mit dem Stoppwort erklärt habe und ihr beim Barte des Propheten (äh – nein, das darf ich nicht schreiben), also beim Barte meines Urgrossvaters geschworen habe, dass ich sofort mein grausliges Tun beenden würde, würde sie das Stoppwort aussprechen. Weil sie ein stolzes Weib ist, hat sie es natürlich nie gebraucht.
Heute, nachdem VIEL Vertrauen und Kenntnis der Reaktionen des Anderen zwischen uns gewachsen ist, gibt es auch Sessions, vor denen ich ihr sage, dass es kein Stoppwort gibt. Auch nicht geben kann, weil sie etwa einen Ballknebel im Mund hat. Das erschwert die deutliche Artikulation eines Stoppwortes nicht unerheblich.
(Weil wir hier ja auch unserer pädagogischen Verantwortung gegenüber Start-Ups gerecht werden wollen: Es gibt trotz Knebel natürlich Stoppwort-Ersatz-Möglichkeiten. So gab ich meiner Liebsten, gefesselt und geknebelt, auch schon einen Metallgegenstand in die Hand und sagte ihr, dass sie ihn nur fallen lassen müsste; dies wäre gleichbedeutend mit dem Nennen des Stoppworts.)
Auch für den Ampelcode möchte ich noch eine Lanze brechen, auch wenn ich puppenspielers Gedanken sehr gut nachvollziehen kann. Es gibt ja verschiedene Möglichkeiten, wie sich zwei Menschen SM (nicht D/S; ich rede von Lustschmerzspielen) nähern können. Aber eine davon ist, dass sie bewusst eine "Lehrstunde" abhalten. Dom peitscht Sub, und Sub berichtet, wie es sich anfühlt. Damit bekommen beide ein Gefühl, wo die Grenzen ihres Spielraumes sein könnten, innerhalb dem die Aktionen beiden Lust machen. Nun ist dabei das Problem, dass ein Sub, der Romane über sein Befinden erzählt, während er gepeitscht wird, die Stimmung mächtig abkühlt und vor allem sich selbst gar nicht so recht auf seine Empfindungen konzentrieren kann. Da hilft der Ampelcode: kurz und knackig drei einsilbige deutsche Worte, und Dom weiss, wie der Spielstand ist.
Ausserhalb solcher Lernübungen wird für mich der Ampelcode auch zur Farce, denn dann fühlte ich mich als Dom zum blossen Ausführungsorgan der Erregung der Schmerzlust meiner Sub degradiert. Wenn Menschen sich in dieser Stellung eines "höheren Masseurs" gefallen – bitte sehr, aber so ein bisschen möchte ich doch meine Dominationslust auch ausleben, und da will ich Sub auch mal einen Schlag mehr geben, wenn ihre Ampel schon auf Rot steht.
Ich möchte euch aber nicht vorenthalten, dass ich für mich einen wunderbaren Einsatz des Ampelcodes gefunden habe:
Ich stelle mir die Ampel während einer Session im Geiste vor.
Kurz die Augen zu, und ich sehe, welche Farbe leuchtet, und so weiss ich immer genau, wo meine geliebte Sub gerade steht.
Ach, und à propos SSC:
Der Begriff SSC wurde ursprünglich nur dafür entwickelt, bei Vanillas (also den herrschenden Gesellschaftsströmungen samt den von diesen gewählten Politikern) mehr Toleranz für BDSM einzufordern. Er sollte zeigen, dass BDSM sich durchaus im Rahmen christlicher Ethik und des Grundgesetzes bewegt. Er war also als Funktion in einem politischen Kampf gedacht. Mit dem, was BDSMler eigentlich miteinander machen, hatte er anfänglich nichts zu tun.
stephensson
art_of_pain