Übertriebene positive Eigenschaften werden negativ
Es wurde hier im Thread ja schonmal angemerkt, dass "Selbstbewusstsein" als Begriff mehrere Bedeutungen hat. Die rein philosophische Bedeutung - im Sinne von "sich seiner selbst bewusst sein" - hat die TE sicherlich nicht gemeint, aber wenn man die mal betrachtet, könnte man auch noch zu der Erkenntnis kommen, dass auch Selbstbewusstsein im umgangssprachlichen Sinne nicht nur beinhaltet, seine eigenen Stärken zu kennen, sondern sich auch der eigenen Schwächen bewusst sein.
Denn sind wir mal realistisch: Selbst die stärksten Männer und Frauen - hier und anderswo - haben Schwächen.
Es kann auch eine Schwäche sein, immer die Kontrolle behalten zu müssen. Diese Tendenz mag aus früheren Erfahrungen und Verletzungen resultieren, bedeutet aber im Endeffekt, dem nächsten Gegenüber - dem Menschen, mit dem man vielleicht eine Partnerschaft eingehen will - erstmal zu unterstellen, dass er/sie nicht vertrauenswürdig ist. Damit mag man richtig liegen, aber für eine wirkliche Partnerschaft - oder auch nur für das Entstehen einer solchen - ist so eine Mauer Gift.
Und jetzt hole ich ein ganz altes Zitat aus der Mottenkiste dieses Threads:
*******na57:
Männer sagen selten "Also, hmm, ich denke, meiner Meinung nach, also versteht mich richtig, ich habe ja nicht so die Ahnung, aber meint Ihr nicht , dass ...", wenn sie eine Aussage machen. Sie sagen Dinge als Tatsachen - manchmal sogar dann, wenn es offensichtlich nur Spekulationen sind.
Auch letzteres ist in meinen Augen nicht selbstbewusst, sondern vielmehr der Versuch, eine Unsicherheit zu übertünchen. Ich habe eine naturwissenschaftliche Ausbildung genossen, und somit formuliere ich oft Unsicherheiten explizit aus - eben weil ich mir dessen bewusst bin, dass ich es nicht weiß.
Die Lösung kann also nicht sein, dass sich Frauen jetzt die "Männersprache" - wie Katharina57 das genannt hat - aneignen. Denn wie man sieht, ecken die Männer mit dieser Art Sprache durchaus an - übrigens auch bei so manchem Geschlechtskollegen. Und Gleichstellung soll ja nicht heißen, dass wir jetzt einfach alle Fehler vom jeweils anderen Geschlecht übernehmen, nicht wahr?
Ich selbst wünsche mir eine selbstbewusste Partnerin in dem Sinne, dass wir als Partner und nicht als "Herr" und "Hündchen" eine Partnerschaft leben können, und die selbstbewusst genug ist, auch meine Lernprozesse als Mensch mit Schwächen mitzugehen.
Denn es geht ja nicht darum, jetzt plötzlich nur noch als ein großer Pudding durch die Gegend zu laufen, der früher mal aus zwei Teilen bestand, sondern darum, ein gemeinsames Leben zu gestalten, in dem beide sich in ihrer Art entfalten können, sie selbst sein können, aber auch die Gemeinsamkeiten, die Nähe, die Geborgenheit, das nicht-immer-stark-sein-müssen mit dem anderen genießen können.
Zurückkommend auf die Frage der TE: Ich glaube nicht, dass Selbstbewusstsein in dem Sinne, das ich hier dargelegt habe, bei der Partnersuche hinderlich ist. Es wird allerdings womöglich bedeuten, dass der Pool, aus dem die Partner kommen, insgesamt kleiner wird, aber da die anderen eh nicht passen würden, ist das in dem Sinne kein wirklicher Verlust.
Hinderlich sein können allerdings Kontrollsucht und Anspruchsdenken.
Wie immer können alle positiven Eigenschaften zu negativen werden, wenn man sie übertreibt.