Kommune 2
Mit einem Schmunzeln habe ich gerade im Radio etwas über das Matratzenlager des Erstkommunarden Rainer Langhans in Leipzig gehört.
Ich mache es mir mal einfach und arbeite mit copy/paste, da wird am Besten beschrieben wie er mit seiner
Kommune 2 mal wieder die Medien an sich bindet und alle, alle auch prompt darauf anspringen. Am Schärfsten finde ich ja den Schlußsatz der Beitrages (Ich habe ihn nun vornean gestellt). Letztendlich machen wir es ja hier im Joy auch nicht anders
Über einen anderen der 68ziger werde ich auch noch berichten, Klaus Wagenbach, Gründer und Herausgeber des Wagenbach Verlages 1964, auch er ist sich bis heute treu geblieben, trotz zahlreicher Widerstände. Ich habe mich gestern schon mal mit meinem Beitrag über ihn beschäftigt und hier werden wir dann neben der politischen Seite der 68ziger auch die kulturelle Seite kennen lernen, soweit das hier in einem kleinen Beitrag überhaupt möglich ist. Es werden nur so ein paar Spots sein, trotzdem war ich erstaunt, wie NAH ich das eigentlich alles miterlebt habe.
Und das ist der Brüller des Tages
Auch der Rainer trifft sich heute mit der Brigitte, der Christa, der Gisela und der Jutta am liebsten im Internet. "Das mit dem Körper-Encounter sei weniger geworden", sagt er. "Mein Harem verkehrt im Netz."
Kommune 2.0
Von Christoph Twickel
Früher Matratzenlager und freie Liebe, jetzt Laptop und Brötchen: Zur Leipziger Buchmesse ist Ex-Kommunarde Rainer Langhans in eine lokale WG gezogen. Beim Einzug überraschte er seine Mitbewohner mit einer Erkenntnis: Das Internet besiegele den Sieg der Achtundsechziger.
Weiße Locken, weiße Weste, alles weiß, auch die Birkenstock-Slipper. Mit 68 Jahren sieht er noch immer aus wie eine wandelnde Kommune. Doch Rainer Langhans ist ohne seinen "Harem" eingezogen in die Demmeringstraße 21. Überhaupt, so richtig nach freier Liebe sieht sie nicht aus, die Verlagskommune, die der Blumenbar-Verlag während der Leipziger Buchmesse in der Off-Galerie im Stadtteil Lindenau ausgerufen hat. Eher nach New Economy: gemeinsamer Frühstückstisch, Papphocker, im Nebenzimmer ein Matratzenlager, ein paar Laptops. Und nur eine Dusche - deshalb sind Pressefrau und die Verlagspraktikantin lieber in eine Pension gezogen.
Kommune? "Projekt" heißt so was in den Zeiten der digitalen Boheme. Auch Langhans' Buch ist so ein Projekt: "Ich bin's. Die ersten 68 Jahre" heißt die Autobiografie, die der kleine Münchner Verlag veröffentlicht hat. Man sollte sagen: die Verleger und Co-Autor Wolfgang Farkas dem Ex-Kommunarden abgerungen hat. Denn lieber als über die wilde Vergangenheit hätte Rainer über sein spirituelles Hier und Jetzt berichtet. Er hatte da auch schon was geschrieben. "Aber das ging wohl nicht", sagt Langhans und schickt einen halbeinsichtigen Blick zu Farkas, der zum Frühstück in die Verlagskommune gebeten hat.
Eine Handvoll Kulturjournalisten ist der Einladung gefolgt. "Für mich ist das Buch nur der Anlass, mit euch über all das zu reden", sagt der Rainer. Die Journalisten gucken betreten auf den Brötchenkorb. Über "all das" mal reden? Rainer, der Pudding-Attentäter, der Obermeier-Lover, der esoterische Dampfplauderer. Der Sätze sagt wie: "Spiritualität in Deutschland heißt Hitler."
Da ist man froh, dass er in seiner Autobiographie nicht all zu hoch auf den Baum der Erkenntnis klettert. Darin geht es um den Rudi, den Rainer-Werner, um Brigitte, Christa, Gisela und Jutta. Und um den Andreas auch, den Baader. "Den haben wir ja erzogen in der Kommune", sagt Langhans und ärgert sich ein bisschen über den RAF-Erinnerungsboom. Na klar, die RAF, Sex and Crime, das gehe ja immer! "Aber seitdem der Film von der Uschi gefloppt ist, ist unsere Seite der Geschichte Kassengift", sagt er. Langhans' Seite der Geschichte ist ja eher die feinstoffliche, der Weg in die Innerlichkeit. Keine revolutionäre Rodelbahn, schon damals nicht, in den Tagen der Kommune: "Wir haben uns erst mal wochenlang eingeschlossen und uns analysiert", erinnert sich Langhans. "Das war ein Marathon-Encounter, da kam keiner raus. Das war auch grausam, na klar."
Angstpatienten und Knappheitsterroristen
Es war der richtige Weg, darauf besteht er. Der Rudi, die Ulrike, die Gudrun, die haben es falsch gemacht. "Das sind doch nicht irgendwelche Fabriken, die uns unterdrücken", ruft der Rainer den frühstückenden Kulturjournalisten zu. "Das sind doch wir selbst!" Und damit es keiner missversteht: Das mit der freien Liebe war schon damals kein Gruppensex. "Es sind die Körper, die zwischen Männern und Frauen stehen", sagt der Rainer. "Sex findet ja nicht im Genitalbereich statt, sondern zwischen den Ohren."
Mit oder ohne Matratzenlager: Der Siegeszug der Kommune ist unaufhaltsam, glaubt der Rainer. Zwischen den Ohren und im virtuellen Raum. Der Rainer, sagt sein Verleger, hätte nur eine Bedingung für die temporäre Verlagskommune gestellt: dass es einen Internetzugang gibt. "Das Internet", sagt der Rainer. "Das ist genau das, was wir immer wollten."
Die Kulturjournalisten staunen: Befreiung durch MySpace und YouTube? "Ja, doch!" ruft Langhans. Die Jugend ist nur zum Schein angepasst, weiß er. "Die sagen, dass sie Familie und Job wollen, damit man sie in Ruhe lässt. Aber in Wahrheit sind die schon längst nicht mehr hier. Die sind im Virtuellen. Die wollen mit diesen ganzen Angstpatienten und Knappheitsterroristen nichts mehr zu tun haben. Das ist die Kommune, die gewonnen hat!"
Spiegel online
By the way
Ein anderer 68ziger ist auch gerade in Leipzig mit einer Kunstausstellung, Gunter Sachs, welch eine Duplizität der Ereignisse.