aus(ge)treten
Es gibt viele Wörter, die eine Doppel- oder sogar Mehrdeutigkeit aufweisen. Wörter, die von verschiedenen Gründen unterschiedlich interpretiert und verstanden werden. Wörter, bei denen es zu zahlreichen Assoziationen kommt, wenn man sie in eine Gruppe gibt und die Anwesenden spontan ihre Gedanken zu diesem einen Wort äußern sollen.So ist das auch mit dem Wort austreten bzw. ausgetreten. Das naheliegende ist hier natürlich der Tritt mit dem Fuß. Es könnte sich auch um das Absetzen von Stuhlgang handeln. Wobei auch der Austritt oder genauer gesagt, das Verlassen eines Vereins, einer Partei oder Gruppe, gemeint sein kann.
Ich verbinde mit diesem Wort das Austreten oder Ausschlagen eines Pferdes mit seinen Hufen. Ich erinnere mich an ein ganz besonderes Pferdchen, das lebte auf einem Ponyhof und meinte, es sei etwas Besonderes.
Irgendwann beschloss es, an Pferderennen teilzunehmen und dort zum Star aufzusteigen. Zum Sieg reichte es allerdings nicht, es war nicht gut genug. Andere Pferde hatten mehr Power und Durchhaltevermögen.
Das wollte sich das Pferdchen nicht bieten lassen und griff zu unfairen Mitteln. Während des Rennens begann es auszutreten, wenn andere zu nah kamen und es überholen wollten. Erst als die Medien ein riesigen Rummel veranstalteten, wurde das Pferdchen verwarnt.
Doch es wollte unbedingt gewinnen und allen anderen die Schau stehlen und es beschloss, einen Schritt weiter zu gehen. Es musste schneller werden, um jeden Preis und um das zu erreichen, verschaffte es sich verbotene Substanzen und konsumierte diese.
Anfangs fiel das gar nicht auf, denn es schien sich langsam vorzukämpfen und aus letzter Reserve die benötigte Energie für den Sieg zu schöpfen. Doch was so ein richtiger Star ist, der ist vom Start an in Führung liegend und bleibt dort, dachte sich das mittlerweile größenwahnsinnige Pferdchen.
Den anderen Rennteilnehmern wurde dieser sich wiederholende Rennablauf suspekt. Das Pferdchen wurde beobachtet und der Verstoß gegen das Dopinggesetz in Bild und Ton festgehalten.
Hoffnung machte sich unter den anderen Pferden breit, dass es bald wieder mit legalen Mitteln zugehen sollte. Ihre Hoffnungen lösten sich allerdings in Luft auf und sie erlebten einen herben Rückschlag.
Die bei der Rennleitung eingereichte Klage wurde als Hirngespinst abgewiesen. Dem Pferdchen war es mittlerweile gelungen, solch einen Einfluss auf die Rennleitung zu nehmen, dass diese die Regelverstöße deckte und verschleierte. Die anderen Pferde resignierten, denn das Pferdchen hatte inzwischen auch die gesamte Presse auf seiner Seite.
Und die Moral von der Geschichte: traue nie einem gedopten Gaul vom Ponyhof.
© majberlin im Februar 2015