Vielleicht aber auch OBJEKTIV und nur nicht für jeden erkenntlich. Das ist wie mit dem Blinden und dem Licht; erkennen könnt' er's, nur sehen eben nicht. Und das sogar in Versform, um dem "Kunstbegriff" mal mit der dazu passenden Portion Kitsch zu begegnen.
In der Sache selbst mag es ja sein, daß man mit Lessing ein "praxisnahes" Ergebnis erzielt, aber warum diesen Umweg der Variable?
Nimmt man an, wir haben nicht vollständige Erkenntnis. Dann wird vorgeschlagen, als Grundlage einfach den Konsens zu wählen. Das macht aber nur da Sinn, wo Konsensfähigkeit praktisch möglich ist und der Konsens an sich tauglich.
Ich könnte beispielsweise einen Stein fallen lassen. Die drei anwesenden Beobachter sind sich einig, daß der Stein nicht nur stets die gleiche Beschleunigung erfahren hat, sondern zudem auch stets die gleiche Geschwindigkeit inne hatte. Die objektive Wahrheit, daß es Gravitation gibt, ist doch nun aber nicht Ergebnis der konsensualen Beobachtung, sondern unabhängig davon.
Genausowenig begründet der Konsens immer gleicher Geschwindigkeit doch nicht eben dies als objektive Tatsache. Die Geschwindigkeit nimmt zu. Es findet eine gleichmäßige, nicht eine gleichförmige Bewegung statt.
Im Bereich der Werteordnung wird es nun schwierig. Das Verhältnis zweier Körper zueinander läßt sich (ja,ja, noch nicht vollständig bewiesen) streng mathematisch darstellen, errechnen, messen, malen, usw.. Ich muß keine Wertung abgeben.
Beim Menschen und seinem Handeln sieht das etwas anders aus, und das ist das Problem der menschlichen Natur. Irgendwann ist man auf die fixe Idee gekommen, daß "das alles" einen Sinn haben muß, der sich möglichst um den mittig vernabelten Menschen herum dreht. Die Religion bedient dieses Bedürfnis großartig.
Anstatt sich nun zu fragen, warum der Mensch so oder so handelt, wie das alles funktioniert, ging man einfach davon aus, daß der Mensch 'was besonderes ist. Dazu kam noch, daß die Vorgänge im Menschen höchstkomplex sind und sich nur schwer am lebenden Objekt darstellen lassen und am toten teils unmöglich aufzufinden sind.
Um nichts ungeregelt zu belassen, schafft man nun ein freischwebendes System einer Werteordnung, die die Energiebilanz nach unserer Bewertung optimiert. Mitunter als Kanon, wie die Zehn Gebote, dann wieder als Ein-Satz-Satz, wie die abstrakte kantsche Handlungsmaxime.
Um nun wieder zur Ausgangsfrage zu kommen, und meinem Einwand der problematischen Subjektivität; es ist möglich, da die Mechanik des Handelns nicht zweifelsfrei erkannt ist, und wir nur eine willkürliche Bewertung vornehmen, diese Bewertung ständig erneut vorzunehmen. Teils ist dies auch zwingend, wenn der gesellschaftliche Konsens sich gravierend verändert.
Umschreibt man nun aber diese Werteordnung nur als subjektive Wahrheit, dann kann es einen Werteverfall schon formal gar nicht geben, da der Wert in der Werteordnung ja nur Variable für einen bestimmten Konsens ist, also nicht "verfällt". Lediglich der Vergleich zweier Zustände könnte eine negative Differenz aufzeigen, die aber auch nur formal wäre. Vom Standpunkt ausschließlich subjektiver Wahrheit ist der jeweilige Konsens der Werteordnung in sich schlüssig, damit der Wahrheitssatz der Werteordnung. Es gibt trotz "formaler" Negativbilanz keine wirkliche Negativbilanz, weil der neue Konsens eben das definierte Ultimum ist.
Genau das aber empfinde ich als wirklich gefährlich, und durch objektive Definition umgehen zu müssen. Das Vorhandensein, oder bei Nichterkenntnis die interimsmäßige Schaffung eines objektiven Bezugspunktes ermöglicht den Vergleich, da nicht zwei objektive, gegenläufige Aussagen gleichzeitig wahr sein können.