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Wie authentisch sind Pornos?

Sexprofis, Pornotricks & erotische Illusionen

Wie fake dürfen Pornos sein und welche Tricks finden bei Pornodrehs Anwendung? Pornoregisseurin Paulita Pappel geht selbstbewusst mit der Lücke zwischen Fantasie und Realität um. In ihrem neuen Buch "Pornopositiv" zeigt sie, wie uns Pornos sexuell befreien können. Ein Buchauszug.

 

Auszug aus "Pornopositiv" von Paulita Pappel

 

Authentisch

"Sind deine Orgasmen echt?", bin ich schon öfter gefragt worden. Als Pornodarstellerin. Privat hat mich keine:r gefragt. Dabei waren viele Orgasmen vorgetäuscht, sowohl am Set als auch im Schlafzimmer. Was ich persönlich auch nicht schlimm finde. Es gibt viele Gründe dafür, einen Orgasmus vorzutäuschen, und entgegen dem verbreiteten Glauben sind es nicht nur Frauen, die das tun. Performancedruck, Angst vor der Frustration der Partner:innen, plötzliche Lustlosigkeit oder sogar, um die Lust für später zu steigern, sind die gewöhnlichsten Gründe. Sie sind alle legitim, und wir sollten sie nicht per se negativ beurteilen.

Wie authentisch sind Pornos?
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Paulita Pappel arbeitet als Regisseurin und Produzentin von Pornofilmen und ist Gründerin der Pornofilm-Plattformen Lustery und Hardwerk. Im JOYclub ist sie als Coach Teil des Kurses "Der Porno-Guide". Besuche Paulitas Webseite, wenn du mehr über sie und ihre Arbeit erfahren willst!
 
In ihrem 2023 erschienenen Buch findest du Paulitas geballtes Pornowissen – für einen befreienden Umgang mit Pornos und eine selbstbestimmte Sexualität. Direkt zum Buch.
 

Wir können Sex haben, schönen Sex haben, ohne Orgasmen

Anstatt Menschen dafür zu beschämen, sollten wir versuchen, den Druck und die Erwartung, beim Sex immer einen Orgasmus bekommen zu müssen, abzubauen. Wir können Sex haben, schönen Sex haben, ohne Orgasmen. Wir können auch lernen, deutlicher über unsere Vorlieben und Praktiken zu kommunizieren, die uns zum Orgasmus bringen, wenn wir uns das wünschen. Manchmal gibt uns eine bestimmte Vorstellung oder ein bestimmtes Bild den letzten Kick.

An dieser Stelle können Pornos ganz praktisch ins Spiel kommen, geguckt oder vorgestellt, auch wenn wir mit anderen Menschen zusammen Sex haben und nicht nur solo. Wenn wir uns nicht schämen. Vielen Menschen fällt es eben leichter, zu kommen, wenn sie einen Orgasmus bildlich dargestellt sehen, was die Beliebtheit der Ejakulation beim Porno erklären könnte.

Pornos zur Inspiration

 

Cumshots verkaufen sich gut

Es stimmt, dass die meisten Pornofilme überschwängliche Orgasmen darstellen. Der Cumshot, meistens verstanden als Ejakulation des cis-männlichen Darstellers, wird oft als Höhepunkt zelebriert und auch "Money Shot" genannt. Im Allgemeinen bezeichnet Money Shot beim Film eine kostspielige oder besonders spektakuläre, kommerziellen Erfolg versprechende Aufnahme. Cumshots verkaufen sich gut. Manche Produktionen nutzen Fake-Sperma, um den Cumshot zu garantieren oder mit Quantität zu beeindrucken. Es gibt auch Pornogenres, die sich auf diese Ejakulationen fokussieren, Bukkakes zum Beispiel, wo oftmals gar keine Penetration dargestellt wird, sondern nur Ejakulationen auf dem Gesicht, Mund und Körper von Darstellenden, meistens cis Frauen. Aber auch die sogenannte weibliche Ejakulation, oder Squirting, wird gern abgebildet und verkauft sich gut.

Mehr Einblicke

Wir könnten verschiedene Thesen aufstellen, warum Ejakulat in Pornos so beliebt ist. Ich denke, zum einen ist es das, was sonst als pornografisch zensiert wird und was wir nirgendwo sonst sehen können; zum anderen fungiert es als eine Art Beweis, dass das, was passiert, "echt" ist. Aber vor allem ist es wohl so, dass Menschen sich gern die Lust anderer angucken.

 
Als Unterhaltungsprodukt muss der Porno keinen Anspruch auf Echtheit haben.
 

Wir können einen Film genießen und emotional davon berührt werden, obwohl wir wissen, dass er gespielt ist. Genauso können wir von einer Sexperformance erregt werden, auch wenn wir wissen, dass gewisse Mittel zur Überzeichnung genutzt wurden. Manchmal können wir etwas genießen, weil es eben nicht echt ist, sondern unter sicheren Bedingungen für unser Vergnügen inszeniert wurde. Ich plädiere dafür, offener über die "Pornotricks" zu sprechen, damit wir keine täuschenden Bilder vermitteln, die eventuell falsche Erwartungen erzeugen. Den meisten Pornos, die in Studios produziert werden, geht eine Menge Vorbereitung voraus, und die Darstellenden pflegen bestimmte Kompetenzen. Auch gibt es Tricks, die die Leistung oder Performance steigern – sie werden den Zuschauern oft nicht offenbart, um die Illusion der Fantasie zu bewahren.

 
Pornoproduzentin, Illusionistin und Feministin: Paulita Pappel
Pornoproduzentin, Illusionistin und Feministin: Paulita Pappel
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Mit einem dreifachen Rückwärtssalto ins Bett?

Die vielleicht größte Illusion, die Pornos vermitteln, ist die, dass alle menschlichen Körperöffnungen immer feucht und bereit für die Penetration sind. In Wirklichkeit ist es gängige Praxis, dass Pornodarstellende abseits der Kamera Gleitmittel an Vaginaleingängen und Ani auftragen. Pornos mit Fokus auf Analsex können den Eindruck erwecken, dass man ohne große Vorbereitung mehrere Penisse in den Anus einführen kann oder dass es möglich ist, stundenlang steinharte Erektionen zu haben. Dabei verlangen diese Praktiken von den Darstellenden meistens eine strenge Diät, die Einnahme von Medikamenten, die die Verdauung regulieren, und die Dehnung des analen Schließmuskels mithilfe von Dildos oder Dilatatoren.

Für die Darstellenden mit Penis auf der gebenden Seite ist es für manche Genres gängige Praxis, Potenzpillen oder Injektionen direkt in den Penis zu verwenden, um länger anhaltende Erektionen zu erreichen. Darstellende, die squirten, trinken vor einer Szene oft viel Wasser, um die Flüssigkeitsmenge zu erhöhen und die Szene spektakulärer erscheinen zu lassen. Wenn wir wissen, dass die Darbietungen durch solche Praktiken abseits der Kamera unterstützt werden, können wir sie von anderen Begegnungen im wirklichen Leben unterscheiden, so wie wir eine akrobatische Darbietung bewundern können und nicht erwarten, dass wir selbst oder unsere Sexualpartner:innen mit einem dreifachen Rückwärtssalto ins Bett kommen.

Mythen und Pornos

 

Film ist eine künstlerische Interpretation

Dieses Wissen ist wichtig, damit wir uns nicht mit den Sexprofis vergleichen, die in Pornos auftreten, und damit wir uns im Vergleich zu ihnen nicht weniger fähig fühlen. Trotzdem müssen wir diese Darstellungen nicht moralisch verurteilen.

Film ist eine künstlerische Interpretation. Dass ein Porno unrealistische Elemente enthält, heißt nicht, dass er "fake" oder "falsch" ist. Wenn wir uns eine Aufnahme von einem romantischen Ausritt am Meer bei Sonnenuntergang anschauen, sehen wir auch eine idealisierte Darstellung, die bei uns eine spezielle Emotion auslösen soll. In der banalen Realität kann es sein, dass der Hintern vom Reiten wehtut oder der Strand von Mücken belagert ist. Aber durch künstlerische Mittel erzeugen wir bei den Zuschauenden eine Fantasie. Pornos stellen auch bestimmte Fantasien dar. Und Fantasien sind ein gesunder Teil unserer Sexualität.

Vorsicht, frei fliegende Fantasien

Ein gewisser Grad an Performance ist oft ein Bestandteil von Sex, und das ist auch nicht schlimm. Es kann großen Spaß machen und befreiend sein, etwas Bestimmtes darzustellen und damit zu spielen. Wir reden, vor allem im BDSM-Kontext, oft über "Play", also das Spielen. Sexualität kann ein Ort des spielerischen Ausprobierens sein, an dem wir uns selbst auf einer Ebene erforschen, die nicht so ernst sein muss. Ebenso bieten Pornos einen Raum an, in dem Sexualität verhandelt werden kann und Konsument:innen sich ohne große Fallhöhe an neue Praktiken, Konstellationen oder Dynamiken heranwagen können. Und das mit einer Leichtigkeit, mit Humor sogar.

Sexualität ist ein ernstes Thema. Deswegen sollten wir ihm öfter mal mit Humor begegnen.

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Buchvorstellung: "Pornopositiv"

Paulita Pappel versteht Pornografie als Werkzeug der Emanzipation, als sicheren Ort der sexuellen Selbstentdeckung. Wenn der Porno nicht länger an den Rand der Gesellschaft gedrängt würde – in die Schmuddelecke –, wäre ein Kulturwandel möglich, mit dem wir Platz für Vielfalt, für Unterschiede und für Gleichheit schaffen könnten. In ihrem Buch zeigt Paulita Pappel, wie wir uns so von verinnerlichten Ängsten und Scham befreien und eine selbstbestimmte Sexualität leben können.

Wie authentisch sind Pornos?


Buchinformationen:
"Pornopositiv. Was Pornografie mit Feminismus, Selbstbestimmung und gutem Sex zu tun hat"


Verlag: Ullstein Paperback
208 Seiten
Softcover: 16,99 EUR
E-Book: 14,99 EUR
ISBN: 978-3864932366

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