Vatertag
Das Geschenk für mich, wir zelten. Irgendwo in der Pampa auf einem schönen Platz am See. Es ist seit Stunden sonnig. Mein Sohn und ich angeln, meine Tochter bleibt beim Zelt und hat irgendwann den Grill bereit. "Jede Wette, ihr bringt keinen Fisch mit." Wir grinsen, sparen uns jedes Wort.Mein Sohn hat gutes Angelzeug, ich nur das von früher, das so lange im Keller stand. Er will mir eine Angel von sich fertig machen, doch ich lehne ab und fummel stattdessen eine halbe Stunde lang mit verhedderter Schnur herum. Dann bringe auch ich etwas zu Wasser. Er ist ein bisschen wie ich, wir erfreuen uns an der Ruhe und reden dabei wenig. Dann hat er einen großen Barsch, es ist ein schöner Fisch und ich denke daran, wie ich früher mit meinem Vater an der Wannseebrücke welche gefangen habe. Der Fisch landet im Setzkescher, der am Ufer befestigt ist. Als meine Tochter vorbei schaut, das Handy wie immer in der Hand, verneinen wir, dass es schon Fisch gibt. Sie schaut uns eine Weile zu, dann klingelt das Telefon und sie verschwindet wieder. Meine größte Freude ist es, dass sie überhaupt mitgekommen ist. Sie zeigt es nicht, ich merke aber, dass es ihr hier gefällt. Und ich genieße es, meinen Sohn bei der Angelei zu beobachten. Er ist viel geschickter, als ich es in seinem Alter war. Er ist Feinmotoriker.
Später kommen drei Fische auf den Grill, meine Tochter bringt mir eine Flasche Bier, die sie aus der Kühltasche geholt hat. Sie hat die von uns ausgenommenen Fische zubereitet und es sind Kräuter daran, von denen ich keines in meiner Küche habe. Sie hat wohl doch damit gerechnet, dass wir etwas fangen.
Während wir essen, fährt eine Familie auf Rädern an unserem kleinen Lager vorbei. Die Mutter voran, dann zwei Knirpse und zum Schluss Vati, alle behelmt, mit Jack Wolfskin Jacken für jedes Wetter gerüstet. Sie hat irgendein Ziel vor Augen und keine Zeit, zu uns herüberzuschauen. Ich nehme einen Schluck aus der Bierflasche, worauf er zu mir blickt und ich ihm mit einem Augenzwinkern zuproste. Ein Schnürsenkel meiner braunen Wildleder-Chucks ist offen. Mir ist das egal. Ich lobe das gute Essen und als meine Tochter meint, beim nächsten Angelgang mitkommen zu wollen, bietet mein Sohn ihr seine Lieblingsrute an. Ich lehne mich in meinem Campingstuhl zurück und schließe die Augen. Irgendwann werde ich meinen Schuh zuschnüren. Nur jetzt gerade nicht.
m.brody
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