Wie kann ich als Vielreisender Kontakte knüpfen?

Ja, mir wurde schon oft gesagt, dass ich "nett" sei. Ich persönlich finde "nett" ja gut, aber dann kommt meist danach direkt die Relativierung, dass "nett" eben die Steigerung von "scheiße" ist.

Das wird ganz sicher so sein. Aber wo finde ich die Richtigen? Ich kann mich ja letztendlich nur mit denen treffen, die sich mit mir treffen wollen. Das ist immer das generelle Problem, wenn man auf das Internet zum Kennenlernen angewiesen ist. Man hat eben keinen gemeinsamen Hintergrund, keine verbindenden Elemente. Das passiert alles im vollkommen luftleeren Raum, was die Sache sehr kompliziert macht. Oft haben sich die Frauen nach einem Date beschwert, wie ich denn dazu komme, vollkommen anders zu sein, als sie sich das vorgestellt haben.

Ich habe gelegentlich auch Tanzkurse gemacht, aber da waren dann kaum Solo-Frauen, und wenn doch, dann eher so im Renteneintrittsalter. Das gilt überhaupt für mein ganzes Privatleben: Ich kenne kaum Leute in meinem Alter. Und wenn doch, dann sind die längst verheiratet und haben Kinder und können sich in die Befindlichkeiten eines Langzeitsingles nicht hineinversetzen. Ansonsten kenne ich überwiegend Leute im Alter meiner Eltern. Und deren Kinder, die so in meinem Alter sind, leben auf der ganzen Welt verstreut.

Ich war auch oft auf Singlepartys, aber da kam ich gerade mal bis "Guten Abend" und dann kam schon die Reaktion "bist nicht mein Typ".

Von daher - ich bin da echt ziemlich ratlos.

Die Variante kannte ich tatsächlich noch nicht. An einem gewöhnlichen Speeddating habe ich mal teilgenommen, das ist aber über zehn Jahre her. Da kam aber anschließend kein "Match" zustande, also ich hätte zwei der Damen gerne wiedergesehen, die mich aber nicht. Ich habe mich vor etwa 20 Jahren sogar mal für die Single-Beilage der Amica fotografieren lassen, bekam allerdings keinerlei Zuschriften, was vielleicht auch daran lag, dass die dort einen blöden Tippfehler hatten, der meine Aussage total verdreht hat ("Masse statt Klasse"). Das war ein Schuss in den Ofen.

So gegen Ende der 90er Jahre, das war für mich noch in der Vor-Internet-Zeit, habe ich zwei Jahre lang eine Datingline genutzt, das war so eine teure 0190-Nummer. Da hatte ich dann die ersten Dates, aber da hatte ich einfach noch keine Ahnung, dass es schlichtweg nichts bringt, wenn die sozialen und bildungsmäßigen Unterschiede zu groß sind. Ich wollte da immer offen rangehen und mich nicht von irgendwelchen gesellschaftlichen Normen leiten lassen, aber heute weiß ich, dass diese Normen schon nicht so ganz aus der Luft gegriffen sind.

Seit dem Jahr 2000 habe ich Internet und kam dann nach und nach dahinter, dass es dort auch Singlebörsen gibt. Die habe ich dann nach und nach ausprobiert, hatte Unmengen von Dates, kann das aber wohl wie folgt zusammenfassen: Frauen, die im Internet nach einem Kerl suchen, wollen in Wirklichkeit gar keinen Kerl haben, der im Internet nach Frauen sucht. In einem Profil las ich doch tatsächlich mal den Satz: "Es wäre für mich schöner, wenn Du hier eher aus Versehen gelandet bist".

Ich denke mal, wer irgendwo in einem Sportverein oder bei der Freiwilligen Feuerwehr ist, hat ganz andere Möglichkeiten, Leute kennenzulernen. Ich habe mich früher für historische Lokomotiven und historische Züge interessiert, aber in den ganzen Vereinen sind weit und breit keine Frauen aktiv. Hätte ich wissen können...

Beruflich ist es bei mir praktisch ausgeschlossen, irgendein Gespräch auf die private Ebene zu ziehen, weil ich ständig mit anderen Orchestern zu tun habe, und da in der Regel auch dicke Scheiben dazwischen sind. Ich bin ja nicht in erster Linie Dirigent, sondern Diplom-Tonmeister, also ich leite die Aufnahmen. Da sind dann eher die Dirigenten meine Ansprechpartner, und keine einzelnen Musiker. Ich dirigiere nur, wenn ich hin und wieder mal eine Filmmusik komponiere und selbst mit einem Studioorchester einspiele.

Naja, letztendlich suche ich alles. Denn alles ist ja besser als nichts. Bisher habe ich ja nur in Berlin und nur mit der Perspektive einer festen Beziehung gesucht. Da kam eben nichts raus. Daher wollte ich jetzt mal unterwegs schauen, um wenigstens mal ein paar nette Erlebnisse zu haben. Das mit der festen Beziehung scheint für mich einfach nicht drin zu sein. Dafür müsste ja letztendlich eine bereit sein, bei mir einzuziehen. Und das wird wohl aus den bereits genannten Gründen nicht passieren.

Noch mal zur Frage meiner bisherigen Erfolglosigkeit: Ich fürchte, dass ich das nicht komplett verheimlichen oder verschleiern kann. Denn die allermeisten Frauen schreiben einem natürlich in den allermeisten Fällen sehr schnell sehr konkrete Fragen. Sowas wie "Wann war Deine letzte Beziehung?" oder "Wie lang war Deine letzte (oder Deine längste) Beziehung?" kommt eigentlich immer. Die Frauen denken sich ja sicher nichts Böses dabei. Die können ja nicht ahnen, dass ich auf diese Fragen keine Antwort habe...

Nein, gar nicht. Außer wenn es um Dinge geht, die bis in die Gegenwart wirken. Also wenn zum Beispiel eine Frau ein Kind oder Kinder hat, dann finde ich das schon wichtig zu wissen, weil das ja auch ein wichtiger Teil des Lebens der Frau ist. Ich finde es übrigens unmöglich, wenn Frauen ihre Kinder als "Altlasten" bezeichnen, was in Tinderprofilen öfter mal vorkommt. Vielleicht finden die das irgendwie lustig, ich jedenfalls habe dann immer nach links gewischt, weil ich finde, dass sich das nicht gehört.

Ansonsten geht es ja um die gemeinsame Gestaltung der Zukunft, wie lange auch immer die sein wird, und da finde ich persönlich die Vergangenheit nicht so wahnsinnig wichtig. Ich denke ja auch, dass die Frauen sowas nicht fragen, weil sie mich in eine Schublade stecken wollen, sondern weil ihnen vielleicht keine anderen oder bessere Fragen einfallen, oder sie meinen, dass sich da Anknüpfungspunkte für ein Gespräch ergeben. Ich gehe ja immer von guten Absichten aus.

Wenn dann aber alle meine wohlwollenden Fragen mit der Gegenfrage "Warum willst Du das wissen?" beantwortet werden, dann ziehe ich irgendwann die weiße Fahne hoch...

Eine gewisse intellektuelle Leistungsfähigkeit ist beim Online-Texten natürlich erforderlich, aber vielleicht erwarte ich auch da schon zu viel...

Das soll ja kein Zwang sein, sondern das war immer so meine Idealvorstellung von Beziehung. Großes Kinderzimmer, Grundschule schräg gegenüber... Aber es kommt eben im Leben nicht immer so, wie man das mal geplant oder sich ausgedacht hat. Als ich das Haus geplant und gebaut habe, war ich Mitte 20. Da hatte ich doch noch keine Ahnung vom Leben...

Im Keller des Hauses ist ja mein Tonstudio, wo ich ständig Aufnahmen bearbeite und auch mal ein Streichquartett aufnehme. Also eher nichts mit Vermieten...

Also als "Sugardaddy" eigne ich mich nun wirklich nicht. Wenn es um eine feste Partnerschaft geht, dann wäre es mir schon wichtig, dass das soziale Gefälle nicht zu groß ist. Ansonsten gibt es zu viele Probleme. Ich möchte nicht, dass eine Frau deshalb mit mir zusammen ist, weil sie sich davon finanzielle Vorteile verspricht. Klingt hart, ist aber so.