Der Sex verändert sich mit dem Alter, und das ist doch auch richtig so, oder?
Wer will nach etlichen Jahren noch den Sex haben, wie beim ersten Mal?
Der Mensch ändert sich, er lernt dazu, wird erfahrener und gelassener, souveräner vielleicht. Man hat einiges probiert und im Lauf des Lebens Vorlieben entwickelt.
Dazu kommt dann irgendwann, dass der alternde Körper vielleicht hier und da länger braucht, um die Gipfel der Genüsse zu erreichen. Die Männer vielleicht schwieriger eine Erektion und bei den Frauen vielleicht mit der Feuchtigkeit, wer weiß. Blöd, dass hier auch der Spruch gilt, nichts muss, alles kann.
Mit über 50 habe ich nicht mehr den Drang nach täglichen Orgasmen wie früher. Dafür mag ich es heute ausgefallener. Wäre ich seinerzeit in einen Club gegangen, hätte ich alles vögeln wollen, was mir vor die Flinte gekommen wäre. Heute bin ich da ruhiger, auch wählerischer. Dafür darf es dann gerne auch länger dauern. Quickies und GB sind überhaupt nicht mein Ding. Warum soll ich nach einer halben Stunde schon den Eindruck haben wollen, jetzt schon wieder gehen zu können? Lange Verwöhnsessions sind unser Ding, und dabei darf es auch gerne mehrfach zum Höhepunkt führen, ohne zwischendurch die Spuren wegzuduschen. Kann sein, dass wir am Wochenende den ganzen Tag nicht wirklich was anziehen...
Was aber immer gilt, ist, dass der Mensch sich nach Berührungen sehnt. Das Gefühl des Streichelns der Haut, Küssen, etc. Auch in den Arm genommen zu werden, sich geborgen fühlen.
Für viele ist das eine Voraussetzung für das, was andere "richtigen Sex" nennen. Insbesondere, wenn die automatische Geilheit nicht mehr so da ist und nach "Ficken?" drängt. Dann will man "angemacht" werden, wobei viele nicht verstehen, dass das Ausgangsniveau vielleicht einfach nur tiefer liegt als früher. Am Ende des erfolgreichen Balz-Prozesses liegt dann unter Umständen eine ungeahnte Versautheit, die manche Jünglinge rot werden ließe.
Was ich meine: Ich denke, dass jeder Mensch sich nach Zärtlichkeit sehnt. Inwieweit das auch im Alter und im hohen Alter (ganz nach den körperlichen Möglichkeiten und Gelüsten) zu Kopulationssex oder besonderen akrobatischen Stellungen noch führen wird und kann, wird dem Einzelnen überlassen sein. Aber für den Einzelnen wird die Qualität der Berührung viel mehr ausschlaggebend sein.
Allgemein wurde hier ja schon geäußert, dass die Generation der um 1900 geborenen, mit 65 richtig fertig aussahen, während die heute 65-jährigen topfit sind. Ein Thema, mit dem auch die Rente ein Problem hat (Zur Einführung durch Adenauer haben nur 30% das Rentenalter überhaupt erreicht, heute sind es über 80%), aber das gehört hier nicht vertieft.
In diesen Jahrzehnten gab es auch ein moralisches Umdenken. Viele haben früher nur einen Partner ihr ganzes Leben lang gehabt. Ist dieser sexuell ausgefallen, egal ob körperlich nicht mehr in der Lage oder sogar gestorben, blieb man alleine bis zum Tod. Für mich eine schreckliche Vorstellung. Aber meine Mutter und meine Schwiegermutter, die Mutter einer Bekannten, etc. lebten alle so. Das maximale, was zugelassen wurde, war eine rein platonische, wenn auch innige Freundschaft mit einem Mann. Natürlich ohne Zusammenleben und im Urlaub mit getrennten Zimmern. Badeanzug, war das maximale an Haut, was der Mann zu sehen bekam.
Heute ist das bei den allermeisten anders. Zum Glück finde ich, insbesondere für die Betroffenen selbst.
Für die alten Menschen gilt nichts anderes als für alle anderen: Ich wünsche jedem den Spaß an seiner Sexualität, wie er sich das selbst wünscht. Und ich finde es absolut prima, wenn ich hier lesen kann, dass die Altenheime etc. da sehr offen sind, was die Erfüllung dieser Wünsche angeht (natürlich weniger durch das eigene Personal, keine Frage). Genauso wichtig finde ich, dass körperlich behinderte, nicht alte Menschen, einen Weg finden, ihre Sexualität einigermaßen befriedigt zu bekommen. Insbesondere dann, wenn es einen Dritten dazu braucht.
Auch seltsam ist es eigentlich, dass jeder von uns durch Sex unserer Eltern entstanden ist, aber jeder es peinlich findet, sich vorzustellen, dass die Eltern Sex haben (könnten). Ich hoffe, dass meine Tochter guten Sex hat. Meine Eltern hatten sicherlich in meinem jetzigen Alter schon länger keinen Sex mehr, was der Ehe nicht förderlich war. Aber wie bei so vielen Paaren, war auch hier eine schleichenden Entwöhnung durch zu viel Arbeit und zu wenig genutzten Möglichkeiten, weil man irgendwie anderen Dingen eine höhere Prioriät gegeben hat, Schuld an dieser Misere. Getrennte Schlafzimmer wegen gegenseitig gestörtem Schlaf war dann der Todesstoß des Sexlebens. Damals hat mich das nicht interessiert, heute finde ich es schade, denn ich glaube fest daran, dass so manche grantige Personen einfach untervögelt sind. Dass sexuell zufriedene Leute eine freundlichere Ausstrahlung haben, ist schließlich nichts neues.