Novemberblues
Zugegeben, der November ist nicht mein Monat. Ich bin ohnehin ein Frühlingskind und stehe mehr auf Sonne und Wärme als auf Nebel, frühe Dunkelheit und Friedhofskerzen. Den Hang zum BDSM- und Gruppensex in der Gruft kann ich auch nicht so wirklich nachvollziehen. Und jener Grabinschrift: „Guck nicht so blöd, ich läge jetzt auch lieber Strand!“ wohnt nach meinem Dafür-halten ein Körnchen Wahrheit inne, wenn auch am Strand rumzuliegen, nicht meine liebste Urlaubsaktivität ist. Der geneigte Leser merkt schon, für mich ist der November der Monat der Lustlosigkeit. Der könnte auch weg im Kalenderjahr und ich würde ihn nicht vermissen mit seinem gräulichen Grau. Vom goldenen Oktober sofort zu Weihnachten, von dort zum Jahreswechsel und dann zum Langzeiturlaub bis in die Osterzeit – das wäre ein Zeitrhythmus, den ich mir für mich ganz persönlich vorstellen könnte. Leider ist noch kein Politiker auf diese Idee gekommen. Vielleicht irgendwann mal die Chinesen, obwohl die das ganze Jahr in Peking November haben wegen des Nebels.
Novembersex scheint mir zur Aufhellung auch keine echte Alternative zu sein. Da ich recht sparsam mit der Energie umgehe, und auch kein Freund der Überbelichtung des Hauses bin, erkenne ich in diesem Monat schwerlich – auch bei Kerzenlicht, mit wem ich es im Schlafzimmer zu tun habe: ist es das Partygirl von Hallo – wen? Die Nachbarin, die sich ein bisschen Salz ausleihen wollte oder der Paketbote, der die Büchersendung loswerden will. Keine Ahnung. Meine Brille verlege ich auch öfters, weswegen der Novembersex zu gelegentlichen Komplikationen in meinem Beziehungsleben führt. Das bis Weihnachten auszubügeln ,ist auch kein leichtes Unterfangen. Und wenn dann im Kalender steht: „23. März: Hochzeit mit XY, Standesamt Buxtehude“ ahne ich, dass da eine Menge Alkohol mit im Spiel war. Zum Glück meldet sich in der Regel „XY“ monatelang nicht, und es ist davon auszugehen, dass der 23. März verstreichen wird wie jeder normale Arbeitstag auch - ohne Hochzeitsnacht.
Und solltest Du doch am 23. März nächsten Jahres im einem weißen Kleid und Blumensträußchen vor meiner Haustür stehen, mit Kutsche und einem erwartungsvollem Lächeln und sollte ich irritiert schauen … Sorry, es war November, Novembersex, Nebel- und Kerzenlicht und so bitter kalt auf der Gartenparty beim Nachbarn und die erste Runde Glühwein-Plörre in diesem Jahr. Da kann schon mal so etwas vorkommen.
Ich hätte da aber noch einen Freund, der schon seit Jahrzehnte sucht … vielleicht hätte der Interesse?
©Dreamy2016