So, nun habe ich ein bisschen Zeit, um auf deine Frage einzugehen.
Wie meinst du dass mit dem viel persönlichkeit haben genau?
Da gehören mehrere Aspekte zusammen. Ich versuche mal, sie ein bisschen einzeln zu beleuchten, möchte aber gleich vorausschicken, dass ich vermutlich gar nicht alle erwische, dafür aber vielleicht welche einschleuse, die genau betrachtet gar nicht dazu gehören. Außerdem ist das keinesfalls als allgemeingültig zu verstehen. Andere werden das ganz anders sehen und auch werden einige sogar genau das ablehnen, was ich mag. Außerdem beschreibe ich jetzt sozusagen das Ideal. Kaum jemand erfüllt alle Punkte und schon gar nicht haben andere in allen Bereichen die vollen 100 Punkte. Denk das bloß nicht! Aber das ist auch nicht unbedingt notwendig.
Zunächst mal versuche ich die einzelnen Aspekte von "jemand hat viel Persönlichkeit" herauszufiltern. In beliebiger Reihenfolge:
• Selbstbewusstsein:
Jemand kennt sich und ist sich seiner selbst bewusst. Er kennt seine Schwächen, vor allen Dingen aber auch seine Stärken. Er akzeptiert beides, baut auf den Stärken auf, die Schwächen akzeptiert er entweder (nur falls sie ihm unwichtig sind) oder er ändert sie.
(Hier kann ich sogar ein Beispiel mit einem deutlich Übergewichtigen anbringen, der mich angebaggert hat. Ich habe deutlich und sehr höflich und um Feinfühligkeit bemüht darauf hingewiesen, dass ich bei körperlichen Interaktivitäten Wert auf derartige Äußerlichkeiten lege und er da leider so ganz und gar aus meinen Kriterien rausrutscht.
er: Das ist schade. Verstehe ich. Aber ich finde, das ist noch kein ausreichernder Grund.
ich: Hä?
Ja, aber ... also doch ... äh ... ich finde ...
er: Wir können ja trotzdem erstmal einen Kaffee trinken und dann sehen wir weiter.
Joa, ach, na gut, damit du dich nicht zu leicht verschrecken lässt: Er hatte dann irgendwann später auch Erfolg. Bestimmt nicht immer und bei jeder, aber bei mir hatte er welchen. Er sieht die Möglichkeiten, nicht das, was mal nicht geklappt hat. Bestimmt hatte er schon viele Abfuhren, aber wenn man ihn fragt, wird er darüber vermutlich nachdenken müssen, wann und wo und bei welcher Gelegenheit das war. Die Erfolge hat er bestimmt viel deutlicher im Gedächtnis. Vernünftig. Schließlich sind das die schönen Momente und die, die viel wichtiger sind als die unbedeutenden Abfuhren.)
• Eigenverantwortung:
Jemand übernimmt die volle Verantwortung für sein Leben. Es gibt kein "Der Chef ist schuld, dass ich schlecht arbeite", "Die Umstände passen einfach nicht" oder "Andere müssen anders sein, damit ich mich wohl fühle". Er fühlt sich ganz alleine dafür verantwortlich, dass es ihm gut geht und handelt entsprechend, um den Zustand zu erreichen, den er sich wünscht. Kein Jammern, denn er hat es ja selbst in der Hand.
• Selbstvertrauen:
Jemand traut sich etwas zu und geht im Normalfall davon aus, dass er Erfolg haben wird.
(Sehr beeindruckt war ich mal bei einem ersten Date zum Kaffee. Einfach nur Kaffee, um mal alles zu besprechen. Es war zum Beispiel schon klar, dass auch in Zukunft nichts in meiner Wohnung passiert. Bei ihm auch nicht. Also merkte ich an, dass die Örtlichkeiten noch geklärt werden müssten, woraufhin er in seine Tasche griff und mir einen Hotelzimmerschlüssel zeigte und fragte, ob das eine Option wäre. Ich habe verblüfft bejaht, aber für mich war da noch nicht klar, dass wir den heute brauchen. Wir haben noch einen Spaziergang gemacht und geplaudert und sind dann doch ins Hotelzimmer, weil es ganz schön kalt war. Da lagen auch schon alle Schlagwerkzeuge für eine Spankingsession parat. Das nenne ich ein gutes Selbstvertrauen! Natürlich hätte es auch sein können, dass gar nichts passiert und wir nicht mal ins Hotel gehen. Das hätte er dann auch so weggesteckt, ohne böse zu sein. Es war ja nichts abgesprochen. Aber er hat einfach mal darauf vertraut, dass der Abend so läuft, wie er sich das wünscht. Er hat nicht gezaudert und gezögert, sondern einfach vorbereitet. Optimismus gehört also auf gewisse Art auch dazu.)
• Selbsttreue:
Jemand bleibt bei sich und verbiegt sich nicht, nur um mir zu gefallen. Damit meine ich jetzt aber um Gottes Willen auch keine Sturheit, mit der man gänzlich sozialinkompatibel wird! Natürlich kann es auch Kompromisse geben oder gemeinsame Einigung auf etwas. Ich meine eher, dass jemand nicht ständig zurücksteckt und mir alles Recht machen will, nur weil er Sorge hat, er könnte mir sonst nicht gefallen. Letztendlich ist das Gegenteil der Fall. Wenn ich sowas bemerke, sinkt mein Interesse rapide ab. Ich finde es schon wichtig, dass jeder auf sich selbst achtgeben kann und für sich sorgt.
Dazu gehört auch, dass man keine Angst davor hat, mal anzuecken. Man ist deutlich und klar, direkt und ehrlich. (Das alles ist möglich, ohne dabei wie die Axt im Walde verletztend um sich zu schlagen. Die Lösung, um da einen guten Weg zu finden, ist vielleicht einfach, Respekt vor anderen Menschen zu haben. Dann sollte das klappen.) Bei sich sein. Ohne die Angst vor Ablehnung.
• Ziele, Interessen:
Auch das ist wichtig. Für den eigenen Willen. Jemand, der an gar nichts so richtig Interesse hat, wirkt oft farblos. Menschen ohne Ziel wirken eher treibend. Sie sind auf keinem Weg, sondern pendeln von hier nach da, wie es sie gerade verschlägt. Das wirkt automatisch instabil.
Man kann kurzfristige und langfristige Ziele haben, also entweder "die Frau da will ich nachher ficken" oder "Ich werde auf der Bestsellerliste stehen", wichtige und unwichtige, wobei es ganz gut ist, wenn man ein großes Ziel hat, welches das Leben auch (alleine durch sein Vorhandensein) gestaltet und strukturiert. Man hat eine Richtung.
(Dass auch eigene Interessen interessant machen, habe ich mal sehr eindrucksvoll in der Bahn mitbekommen. Mir gegenüber saßen zwei Jugendliche und der eine zeigte dem anderen einen Bildband über Kriegsflugzeuge. Mit ausführlichen Erklärungen und so. Nicht, dass ich mich auch nur ansatzweise für Kriegsflugzeuge interessiere, aber die Begeisterung und Hingabe, mit der der Jugendliche davon gesprochen hat, hat mich dennoch fasziniert und ich fand ihn damit auch gleich interessant und er hatte alleine schon darüber eine klare Persönlichkeit.)
Es reicht übrigens oft schon, sowas für sich klar zu haben. Man muss nicht mal unbedingt darüber reden. Es strahlt aus, ob jemand seinen Weg kennt oder so herumtreibt.
• Selbstsicherheit:
Was ich mache, ist gut und richtig. Man muss dabei nicht vollkommen kritikabweisend sein und kann durchaus trotzdem mal etwas durchdenken, aber es tut nicht not, an allem Zweifel zu haben. Nicht die ständigen Fragen: Habe ich mich richtig verhalten? Hätte ich etwas besser machen können? War meine Reaktion angemessen? War es in Ordnung, dass ich meine Meinung gesagt habe oder war das gemein? Nein. Perfektion ist nicht notwendig. Was ich mache, mache ich richtig. Weil es für mich richtig ist. Andere Meinungen sind da irrelevant. Gerne können andere mein Handeln falsch finden. Aber deshalb muss ich es nicht tun. (Hihi, nun bin ich schnell ins "Ich" gerutscht. Wird schon seinen Grund haben.
)
Eine eigene Meinung und Haltung zu haben, trägt auch zu einem klareren Bild bei. Ab einem gewissen Umfang wirkt man allerdings eventuell zu stur, aber wenn man jedes Mal umkippt und alles hinterfragt, sobald ein kleines Argument daher kommt, wird man kein klares Bild von sich erzeugen können.
So, nun ist es an einigen Punkten etwas durcheinander geraten, was auch daran liegt, dass vieles davon ineinander greift und sich gegenseitig bedingt. Und glaub auch bloß nicht, dass ich das alles so kann. Einiges ein bisschen, anderes vielleicht auch schon besser und insgesamt arbeite auch ich noch an so einigen Sachen. Wie schon weiter oben erwähnt: Schrittweise.
Gerade so ein Punkt wie "Keine Angst vor Ablehnung" ist ja nun nichts, wo man morgens aufwacht und sich sagt "Ja, genau, ist ja auch doof. Habe ich ab jetzt einfach nichts mehr" und dann ist der Drops gelutscht. Vornehmen, scheitern, sich dabei ertappen, wieder vornehmen, scheitern, sich dabei ertappen, sich fragen wieso, vielleicht einen Grund finden, mit dem man ansetzen kann, wieder vornehmen ... (ich fürchte, hier kommt noch mal scheitern) ... und irgendwann klappt dann so ein kleiner Schritt! Sie werden mit der Zeit übrigens leichter. Weil dann immer mehr Erfahrung und auch immer mehr Grundlage dafür da ist.
Jetzt aber noch kurz zu einer anderen Bemerkung von dir. Du suchst "die Formel" für Attraktivität. Gibt es natürlich nicht, zumal da jeder andere Vorstellungen und Vorlieben hat. Es gibt vielleicht Häufungen, was besser ankommt und was nicht, aber mehr nicht.
Trotzdem schreibe ich noch kurz etwas dazu. Diverse meiner Vorlieben sind ja schon durch "viel Persönlichkeit" abgedeckt. Dazu kommt bei mir noch Zielstrebigkeit, Hartnäckigkeit (s. erstes Beispiel), aber ich mag zum Beispiel auch Energie, Neugier und Entwicklung. Menschen, die an sich arbeiten und sich entwickeln sind einfach spannend. Es fällt zum Teil in den Bereich "Interessen und Ziele haben", aber auch die Flexibilität, sich ändern zu können und den Mut, neue Schritte zu gehen, mag ich. Entwicklung ist auch Lebenslust. Dem Leben etwas abgewinnen und es nutzen, statt schlapp das Ende abzuwarten.
Dein letzter Beitrag zeigt, dass du da schon mittendrin bist. Das geht auch einher mit einer gewissen Eigenverantwortung, denn du tust etwas, um deine Situation zu verändern. Es klappt eben nicht alles immer gleich und sofort. Aber gerade dein letzter Beitrag zeigt, dass du dich schon auf den Weg gemacht hast. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass du weiterkommen wirst. Ich hoffe, du findest auch den Spaß daran. Spätestens mit den ersten Ergebnissen (wenn du dich einfach etwas besser und sicherer fühlst oder dir etwas gelungen ist) wird der sich hoffentlich einstellen.
Einfach weitermachen. Das wird noch was mit dir.