Partner von Menschen mit Behinderung
Ich hoffe, dass ich mit diesem Thema hier richtig liege.Seit ein paar Monaten stöbere ich immer wieder in den Forenbeiträgen unter der Rubrik "Leben und Sex mit Behinderung". Dabei kommen zwar auch immer mal wieder Angehörige zu Wort, doch im Grunde meist zu Themen, die die Betroffenen selbst betreffen.
Ich würde gern einen Ort schaffen, an dem auch Partner von Behinderten ihre Sorgen und Probleme loswerden, Fragen stellen und Erlebnisse berichten können. So egoistisch das klingen mag - ich glaube, das ist nötig!
Vielleicht verdeutlicht es, was ich meine, wenn ich mal selbst beginne.
Als mein Mann 2008 erkrankte, war mir, als zöge mir jemand den Boden unter den Füßen weg. Ja, ER war es, der krank wurde, nicht ich. Das bedeutet aber, dass er es auch ist, der im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht - für Freunde, Familie und für einen selbst. Und ich rede jetzt nicht von der Art Aufmerksamkeit, die man oft in den Medien zu sehen bekommt. Ich rede von so einfachen Dingen wie dem Umstand, dass man plötzlich nicht mehr gefragt wird "wie geht's Dir/Euch", sondern nur noch "wie geht's ... (Name des Partners)". Man wird unsichtbar. Zu Beginn fand ich das völlig in Ordnung. Auch für mich war die Erkrankung meines Mannes so sehr Mittelpunkt meines Lebens, dass es mir völlig selbstverständlich vorkam, dass auch der Rest der Welt das so sah.
Bis ich merkte, wie meine Kraft nachließ und ich mich nicht wagte, mit jemandem darüber zu reden. Wer war ich denn zu jammern? Ich war doch gesund und stark genug, das zu schaffen. Bis irgendwann meine Mutter fragte, wie's meinem Mann geht, und ich anfing zu weinen und nicht mehr aufhören konnte.
Dabei ist es nicht mal so sehr die größere Arbeitsbelastung, die mir zu schaffen machte. Vielmehr das Gefühl, nun niemanden mehr zu haben, an den ich mich mal anlehnen konnte. Immer nur selbst die starke Schulter sein zu müssen und die Angst zu ignorieren. Ganz zu Beginn nannte mir ein Arzt eine ungefähre Lebenserwartung - und ich fing an, die Jahre runter zu zählen, die uns noch blieben. Manchmal wachte ich mitten in der Nacht auf, hellwach und panisch, ich könnte eine Minute mit ihm verpassen. Darüber redet man nicht mit dem kranken Partner. Damit kommt man alleine klar. Oder eben nicht.
Mit den Jahren wurde ich nach außen immer härter und nach innen immer dünnhäutiger. Als dann Ärger im Büro dazu kam, der im Grunde nicht schlimm war, empfand ich das als so existenziell und bedrohlich, dass ich ohne Begleitung nicht mehr arbeiten konnte. Bis ich irgendwann gar nicht mehr konnte. Mein Hausarzt verschrieb mir Medikamente, die mir halfen, durch den Tag zu kommen.
Heute habe ich mein Leben umstrukturiert, respektiere meine Grenzen und habe gelernt, die Menschen, die mir am nächsten stehen, darauf aufmerksam zu machen, wenn's mir schlecht geht und auch meinen Mann dabei mehr zu fordern. Was mir manchmal fehlt, ist der Austausch mit anderen Betroffenen.
Wie geht's Euch mit der Krankheit/Behinderung Eurer Partner?
Wie kommt Ihr mit der ständigen Angst klar?
Wie erlebt Ihr die Einschränkungen für Euer Leben und habt Ihr den Mut, darüber zu reden?
Habt Ihr auch solche Schuldgefühle, wenn es Euch schlecht geht?
Ich würde mich freuen, einmal die andere Seite der Medaille mit Euch betrachten zu können.