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Wie spirituell ist dein Sex?

Höhere Ebene oder rein körperliches Erlebnis

Nackte Körper, Schweiß und andere Körperflüssigkeiten: Sex ist im wahrsten Sinne eine stoffliche Sache. Dabei wird Sex in zahlreichen Glaubensrichtungen, in der Philosophie und in Massagepraktiken als spiritueller Weg zur Erleuchtung angesehen. Wie passt das zusammen?

 

Von Nina Ponath

Geiler Sex

"Neben mir sitzen lauter Hipster-Bubis Anfang 20 und fabulieren über Energieübertragung beim ungeschützten Geschlechtsverkehr mit einer spirituell aufgeladenen Frau. Als ich in deren Alter war, war das einfach 'geiler Sex mit einer crazy Tante'."

Das schrieb mir neulich ein guter Freund, der sich mit seinen Ende 40 gern mal über die jüngeren Generationen lustig macht. Was er dort in einem Café im Hamburger Nobel-Stadtteil Eppendorf gehört hatte, könnte man als Wichtigtuerei eines jungen Typen vor seinen Freunden abtun. Klassisches Rudelverhalten.

Vielleicht ist es aber mehr als das. Gut möglich, dass der Hipster-Bubi schon jetzt in seinen jungen Jahren vielleicht nicht das Leben, aber doch zumindest Sex verstanden hat. Ich denke nämlich, dass mein guter Freund falsch liegt, und Sex noch nie einfach nur geil war – schon gar nicht ungeschützt. Crazy Tante hin oder her.

Warum haben wir überhaupt Sex?

Sex können wir heute in einer sexpositiven Gesellschaft fast überall und unkompliziert haben. Einmal eben in einer Online-Community anmelden, kommunizieren, was wir suchen und erwarten. Irgendwer wird sich schon finden. Wer will, kann Sex so konsumieren wie Kleidung, Filme, gutes Essen. No shame on us.

Mit ein bisschen Glück und Commitment finden wir vielleicht aber auch mehr als nur eine:n Sexualpartner:in. Wenn wir wissen, was wir eigentlich suchen, stehen die Chancen gar nicht mal so schlecht, dass wir uns auch selbst finden.

 
Warum haben wir überhaupt Sex? Weil die Hormone es so wollen?
 

Oder haben wir Sex nicht auch aus Gründen, die wir gar nicht so genau benennen können? Weil uns irgendetwas, ein Gefühl wie Elektrizität, etwas Magisches – eben eine Energie – zum Gegenüber hinzieht?

An dieser Stelle kommt bei dem sonst so stofflichen Sex aus mehreren Körpern, Hormonen und Flüssigkeiten die Spiritualität ins Spiel; die Verbindung von uns Menschen mit den Wundern, der Energie, eben den Dingen, die wir nicht greifen und fassen können. Gehen wir beim Sex nicht immer auch eine Verbindung ein, die wir nicht allein stofflich begründen können?

 
Sex ohne Verbindung? Schwer vorstellbar.
Sex ohne Verbindung? Schwer vorstellbar.
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Sex und Sinnsuche

Was wir beim Sex auch und vor allem eingehen, ist eine Verbindung mit uns selbst. Sex und Sinnsuche sind deshalb nicht gänzlich voneinander zu trennen. Schon Platon erklärte in der griechischen Antike die Herkunft der Liebe mit einem Mythos: Einst waren wir Menschen einer Kugel gleich, "rund" und der Mensch hatte "vier Hände und vier Füße, zwei Gesichter drehten sich am Halse, und zwischen beiden Gesichtern stak ein Kopf, aber der Kopf hatte vier Ohren." Durch einen Gott wurden wir voneinander getrennt und suchen seitdem nach unserer passenden Hälfte, ohne die wir uns nicht komplett fühlen.

 
Ich war lange genug Single, um an dieser Stelle zu sagen: Sorry Platon, man kann sich auch als Single sehr wohl komplett fühlen.
 

Und trotzdem weiß ich, was mit dem Mythos gemeint ist. In Beziehungen und beim Sex gehen wir unweigerlich eine Bindung zum anderen Menschen an, die um uns herum eine ganz eigene Blase der Intimität, der Einheit von zwei oder mehreren Menschen schafft und uns selbst mehr spüren lässt.

Vielleicht ist das der Grund, dass Sex und Spiritualität in vielen Kulturkreisen eine enge Verbindung eingehen. In einigen Religionen heißt es, beim Sex verschmelzen der weibliche und männliche Teil Gottes miteinander. Wo wir auch hinblicken, ist Sex ein Weg, um sich mit anderen Menschen und höheren Wesen zu verbinden. In der Philosophie wird Sex oftmals als zwischenmenschlicher Akt beschrieben, bei dem der Akteur Erfüllung bei der anderen Person sucht, wodurch animalische Lust zum interpersonellen Akt wird. Eine Lehre, von der wohl jede:r schon mal in diesem Zusammenhang gehört hat, ist Tantra.

What?! Bei Tantra geht es eigentlich gar nicht um Sex?

Fälschlicherweise, sagt Tantra- sowie Yogalehrerin, Podcasterin und Autorin Sandra von Zabiensky. In ihrem Buch "Tantra – Der Weg des mutigen Herzens" beschreibt sie, wie Tantra ihr Leben verändert hat und die alte indische Lehre sie in ein neues Leben geführt hat. "Beim klassischen Tantra geht es nicht um Sex", so Sandra. Sex spiele zwar auch eine Rolle. Das liege aber daran, dass Tantra grundsätzlich alle Aspekte des Lebens inkludiere. Im Tantrismus ist alles göttlich: Menschen, Tiere, Berührungen, Essen. Und in einer Lehre, in der alles zur Erleuchtung führt, kann eben auch Sex spirituell erfüllen. "Die meisten Menschen kennen nur Neotantra."

Darunter verstehe man westliche Popularisierungen der hinduistischen und buddhistischen esoterischen Lehre des Tantra. Tantra-Seminare, die mit der Förderung und Entfaltung der Lust, Leidenschaft und Sexualität werben, verkaufen sich nun mal besser als Erleuchtung, das Ziel des klassischen Tantras. Neotantra entstand erst Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA und basiert zwar auf Tantra, mixt aber verschiedene sexuelle Praktiken zusammen und ist eben genau das: eine spirituelle, sexuelle Praxis.

Körperlichkeiten und das große Ganze

Tantra-Lehrerin Sandra erklärt es mir so: "Bei Tantra geht es darum, das Göttliche im Menschen zu erfahren." Viel zu oft seien wir in unserem Kopf gefangen und die Annahme "Ich denke, also bin ich" eine sehr westliche. Dabei denken wir laut der Expertin im Tantra nicht nur. Wir denken, wir fühlen, wir sind alles, der ganze Körper. "Wir sind heutzutage häufig von unserem Körper, von unserer Umwelt und unseren Emotionen abgeschnitten", sagt Sandra. Tantra helfe dabei, diese Verbindung wiederherzustellen und eine Einheit von Körper, Geist und Seele zu schaffen.

Das müsse kein Sex sein. Auch eine Fußmassage, bewusstes Essen, einem Orgasmus nachzuspüren, helfe dabei, diese Ganzheit wiederherzustellen. So weit, so einleuchtend.

 
Wer den eigenen Körper kennt, der weiß auch, welche Knöpfe zu drücken sind, um die eigene Lust zu steigern und einen Orgasmus intensiver zu erleben.
 

"Im klassischen Tantra geht das auch allein", sagt Sandra. Sie selbst sei aber ein großer Freund davon, in die Verbindung zu gehen. Nicht nur wegen der Berührungen. Und weiter: "Wenn man sich selbst besser kennenlernen möchte, ist es unabdingbar, mit anderen Menschen in Kontakt zu gehen!" Das sei anstrengend, bringe uns aber auf dem Weg zu einem zufriedeneren Leben mit echter Verbindung zu uns und anderen enorm weiter.

So gesehen mag der Hipster-Bubi mit seiner Erzählung von einer Energieübertragung schon recht haben: Beim Sex als eine Form von menschlicher Zwischenbeziehung, gehen wir auch in die Beziehung zu uns selbst. Wir kommunizieren, wir tauschen uns aus. Wenn wir das nicht wollen, können wir beim Sex heute auch darauf verzichten. Wir können Sex anonym halten und genießen. Each to their own. Den Wunsch nach einem solchen Gefühl der Verbundenheit, der Energieübertragung und spirituellen Verschmelzung lässt sich so zumindest erklären.

 
Energie baut sich am schönsten mit anderen auf.
Energie baut sich am schönsten mit anderen auf.
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3 Tipps für spirituellen Sex

1. Mach dich nackig

Wir alle sind im Leben verletzt worden. Mal wurden wir nicht geliebt, mal zu sehr und diese schmerzlichen Erfahrungen versuchen wir mitunter auch im Sex zu kompensieren. Wo das hinführt? Zu noch mehr Chaos, denn wenn ich selbst nicht an meine wunden Punkte herangehe, und eine:n neue:n Sexualpartner:in darüber lege, lösen sich Probleme nicht auf – sie werden nur überdeckt. Das Gefühl für unser Innerstes gemocht und angenommen zu werden, hilft uns dabei, diese Traumata aufzulösen.

2. Bleib im Moment

Spiritualität heißt häufig: ganz im Moment sein. Geistige Einkaufslisten, Überlegungen, was wir heute Abend kochen und am Wochenende unternehmen, haben beim Sex nichts zu suchen. Wem es schwerfällt: tief atmen, fühlen, loslassen.

3. No dogma, baby!

Spiritualität klingt für viele nach Sekte, Ritualen, Dogma, irgendwie abgefahren. Ist sie aber nicht. Um spirituell zu sein, müssen wir einfach nur bei uns sein, offen auf unser Gegenüber zugehen und uns ganz auf das Geschehen einlassen. Dann klappt’s auch mit dem positiven Energieaustausch.


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