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Die Emotionen hinter der Fesselkunst

Rigger RopuNawa im Gespräch

Der Schweizer Fesselkünstler RopuNawa und seine Fesselpartnerin Freya Hellesdîm sind die Protagonist:innen der neuen PURE-Kink-Documentary Shibari als Passion und Beruf. Sie zeigen, dass es beim Fesseln nicht voranging um Seiltechniken, sondern Emotionen geht. RopuNawa im Gespräch über seine ersten Schritte in der Fesselszene, Consent und den Unterschied zwischen Shibari und Kinbaku.

Interview von Nie_na mit RopuNawa

Ein Gespräch mit RopuNawa

Fabian ist frisch aus dem Urlaub zurück und empfängt mich digital in seinem Studio zum Gespräch. Bambusmatten auf dem Boden, das Bambusrohr in der Luft, viel helles Holz und ein ein großer Spiegel – das Studio sieht einladend aus. Fabian sitzt entspannt auf dem Boden. Er erzählt mir so unbefangen und gleichzeitig durchdacht von seiner Liebe zum Fesseln, dass ich beinahe vergesse, ihm meine erste Frage zu stellen.

JOYclub: Was hat es mit deinem Künstlernamen RopuNawa auf sich?

RopuNawa: Es gab eine Zeit in der Szene, da hatten alle plötzlich dieses Nawa am Schluss. Nawa heißt einfach nur Seil und ich dachte: Ha, das finde ich lustig und kann das toppen. Ich war damals mit einem Japaner in Kontakt und habe mich übers Fesseln ausgetauscht. Aus Rope machte er stets: Ropu. So entstand also das SeilSeil. Damit wurde ich schneller populär, als es mir lieb war.


Die Emotionen hinter der Fesselkunst
Das doppelte Seil im Künstlernamen ergibt nur Sinn, immerhin ist das ganze Leben RopuNawas von der Liebe zum Fesseln durchzogen. Fesseln ist sein Hauptberuf: Gemeinsam mit Isith gründete er das Tyingwithfriends in Basel, gibt Workshops, unterrichtet Shibari und verarbeitet seine Seile selbst. Privat praktiziert er Kinbaku, meist mit seiner langjährigen Fesselpartnerin Freya Hellesdîm.

RopuNawa ist der Protagonist von Shibari als Passion und Beruf. Die neue PURE-Kink-Documentary begleitet ihn und seine Fesselpartnerin Freya Hellesdîm bei Shibari-Workshops, einer intimen Kinbaku-Session und einer Shibari-Performance in einer öffentlichen Bar.

Schau den Trailer zu "Shibari als Passion und Beruf"


Den ganzen Film siehst du in der JOYclub-Mediathek.


Interview: "Wir wollen geliebt und für die gesehen werden, die wir sind. Das ist der Grund fürs Fesseln".

JOYclub: Gehst du überall offen damit um, dass du privat und beruflich mit dem Fesseln zu tun hast?

RopuNawa: Das kommt darauf an, wo ich mich befinde. Ich gehe nicht überall durch die Welt und sage: Hey, ich bin Fabian, auch bekannt als RopuNawa, ich unterrichte Shibari und praktiziere Kinbaku. Wenn ich in der künstlerischen Szene unterwegs bin, dann sage ich, ich mache Shibari und erkläre es als Kunstform. In der Kink-Szene oder im privaten Kreis bin ich sehr offen. Ich finde es toll, wie Kinbaku Menschen miteinander verbindet und das nicht nur durchs Seil. Sondern emotional.

JOYclub: Du sagst, dass du Shibari unterrichtest und Kinbaku praktizierst. Worin liegen für dich die Unterschiede?

RopuNawa: Shibari ist für mich der Oberbegriff, der alles beinhalten kann. Shibari kann Selbstfindung sein oder eine Kunstform. Am Ende ist Shibari schlichtweg jede Form von östlich inspiriertem Fesseln. Kinbaku hingegen ist alles, was uns sozusagen geil macht. Also das, warum ich eigentlich fessle: Weil es erotisch ist und den Kopf "fickt". Wenn man es auf die richtige Art und Weise macht, kann man durch Kinbaku in eine sehr intime Ebene eintauchen.

Für die meisten Japaner:innen sind Shibari und Kinbaku hingegen das Gleiche. Im deutschsprachigen Raum sorgt das teils für Verwirrung, weil wir ein großes Lager haben, welches das Fesseln entsexualisieren will. Und wir haben die, die sagen: Ne, wir stehen zu den Wurzeln, es ist Sex, es ist das was die Japaner:innen auch im Porn machen. Lasst uns das nicht verharmlosen. Je größer die Szene und das Interesse wird, desto mehr Äste wird es geben, die vom Baum weggehen.

RopuNawa achtet durchgehend auf die nonverbalen Signale seiner Fesselpartnerin Freya.
RopuNawa achtet durchgehend auf die nonverbalen Signale seiner Fesselpartnerin Freya.
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JOYclub: Zurück zu den Wurzeln – nimm uns mit: Wie bist du zum Fesseln gekommen, was waren deine ersten Schritte?

RopuNawa: Ich bin als ziemlicher Nerd aufgewachsen und habe relativ oft Mangas konsumiert. Und das nächste Natürliche, was man in meinem jungen Alter gemacht hat, als es schon Internet gab, war es, seine Favoritencharakter zu googeln. Dabei landete ich ziemlich schnell bei Porn, den man als Hentai bezeichnet. In der Hentai-Sektion habe ich immer gezielter nach SM-Inhalten gesucht. Am meisten haben mich die gefesselten Mädels interessiert.

Später mit 21 bin ich in Australien dann in eine Shibari-Performance reingeraten. Da habe ich es zum ersten Mal erlebt, dass ein älterer Herr, ein junges Mädel fesselt und ich dachte:

Wow, das will ich auch!

Ich war mit meiner damaligen Partnerin viel in Europa und Asien unterwegs. Auf meinen Reisen habe ich verschiedene Stilrichtungen kennengelernt, bevor ich schließlich bei der japanischen hängengeblieben bin. Aus meinem Unterricht bei diversen Lehrern habe ich mir sozusagen alles zusammengeklaut, was mich angesprochen hat. Aber immer mit Respekt und immer mit Referenz zu den entsprechenden Personen.

Im Kinbaku finden Erotik, Emotionen und Handwerk zusammen.
Im Kinbaku finden Erotik, Emotionen und Handwerk zusammen.
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JOYclub: Wie würdest du deine individuelle Stilrichtung beim Fesseln beschreiben und welche Rolle spielt Consent dabei?

RopuNawa: Consent ist ein sehr wichtiges Thema. Aber wenn man alles tot redet, verliert man auch etwas von der Magie. Prinzipiell sind gesunder Menschenverstand und Einfühlungsvermögen wichtig. Ich achte darauf, nur mit Menschen zu fesseln, die ich als "erwachsen" empfinde. Dazu gehört natürlich ein Kaffee oder ein Tee und ein Gespräch davor. Aber in in dem Gespräch muss es nicht darum gehen: Was ist denn alles okay, wo darf ich dich denn überall anfassen? Ist es okay, wenn meine Hand in deinem Gesicht landet?

Wenn ich das Gefühl habe, da ist ein Widerstand und ich kenne die Person nicht, dann gehe ich nicht weiter.

Das frage ich wirklich super selten, da muss ich mich schon sehr unsicher fühlen. Man spürt beim Fesseln ja die Körpersprache. Wenn jemand etwa erstarrt oder freezt. Ich würde niemals von null auf hundert gehen.

Ich teste die Reaktion, wenn ich mit meiner Hand über die Wange streiche. Legt die Person sich hin oder weicht sie sogar zurück, passiert vielleicht auch nichts? Ich bin lieber vorsichtiger, als dass ich zu viel mache – die Tür muss offen sein. Wenn ich das Gefühl habe, da ist ein Widerstand und ich kenne die Person nicht, dann gehe ich nicht weiter.

Für mich ist Fesseln wie atmen geworden, es fühlt sich sehr selbstverständlich an. Wenn ich jemand Neues fessle, dann gebe ich lieber erstmal 30 % und diese Person ist glücklich am Schluss. Ich würde nie direkt 100 % geben. Weil, was die Leute umhaut, ist nicht unbedingt die Seiltechnik, es ist vielmehr das Emotionale.

Umwerfend? Was die Menschen am Fesseln "umhaut", ist nicht die Seiltechnik, es sind die eigenen Empfindungen.
Umwerfend? Was die Menschen am Fesseln "umhaut", ist nicht die Seiltechnik, es sind die eigenen Empfindungen.
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JOYclub: Emotion sind ein gutes Stichwort: Was gibt dir das Fesseln emotional?

RopuNawa: Ich habe gemerkt, dass diese nonverbale Kommunikation mir unglaublich viel gibt. Wenn ich das Feedback bekomme: Das war genau richtig. Oder danach zu hören: Ich fand es unglaublich schön, dass du mich richtig verstanden hast und mich richtig gelesen hast. Dieses High von dem Anderen zu sehen, ist wunderschön. Beim Fesseln ist es das Raubtier-High für mich. Da bin ich sehr klar und still in meinem Kopf. Insgesamt sehr ruhig. Das ist ein sehr schönes Gefühl.

Natürlich ist es auch schön, zu wissen, dass ich einen bleibenden Eindruck hinterlassen habe. Es passiert immer wieder, dass Leute noch nach fünf Jahren auf mich zukommen und mir sagen: Das hat mir damals eine Veränderung gebracht. Das habe ich bis jetzt nicht nochmal erleben dürfen. Das finde ich für die jeweilige Person fast schade, aber meinen Ego tut das natürlich sehr gut und Fesseln hat auch viel mit dem Ego zu tun. Das ist leider so.

Wonach wir fesselnden Personen uns sehnen: Wir wollen wertgeschätzt werden. Für das, was wir tun, für unser Handwerk, aber auch als Person. Wir wollen geliebt und für die gesehen werden, die wir sind. Das ist der Grund fürs Fesseln.

JOYclub: Du kannst auf 15 Jahre Erfahrung im Fesseln zurückblicken. Was rätst du Newbies?

RopuNawa: Der erste Schritt ist immer der schwierigste. Ich würde empfehlen, Local-Munches zu besuchen. Das können BDSM- oder konkret Fessel-Munches sein. Wobei es beim Fesseln meist direkt Events sind. Insgesamt sollte man zu Personen gehen, die empfohlen werden und die einen guten Ruf haben. Einfach den Mut haben, auf ein Fesselreffen zu gehen. Da erkennt man sehr schnell, dass Menschen, die sich fürs Fessel interessieren aus allen Gesellschaftsschichten kommen und viele tolle Kontakte möglich sind.

Außerdem würde ich empfehlen, beim erste Mal gar nicht direkt ins Fesseln reinzuspringen, weil man damit nichts verpasst. Ich habe großen Respekt vor den Personen, die am Anfang sagen, ich will mir das erstmal nur anschauen.

Zurück an der Oberfläche: Nach einer Session gehört das gemeinsame Auftauchen aus dem intensiven Erlebnis dazu.
Zurück an der Oberfläche: Nach einer Session gehört das gemeinsame Auftauchen aus dem intensiven Erlebnis dazu.
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JOYclub: Gibt es etwas, das du gerne schon früher gewusst hättest?

RopuNawa: Ganz am Anfang hätte ich persönlich gerne gewusst, dass es ganz viele offene Möglichkeiten gibt und das nicht das Seil das Wichtigste ist, sondern die Person, die dahinter steht. Das Seil ist nur ein Werkzeug. Es könnte auch etwas anderes sein, eine Krawatte oder so. Darum geht es nicht. Es geht um die Intention, die man in die Session mitbringt, was man damit eigentlich bewirkt und es geht nicht darum, welche fancy Techniken man kann.

Aber ich hatte einen guten ersten Start, ich war nie in der Luft. Ich hatte Glück mit meinen Lehrern. Es ist wichtig, was man für einen eigenen Background mitbringt ins Fesseln. Wenn man z.B. einen tänzerischen Background hat, warum das nicht kombinieren? Oder das Wissen über den Körper aus Aikido und anderen Kampfsportarten. Man lernt nie aus. Ich bilde mich für mich selbst immer weiter. Auch in anderen Bereichen: Das Letzte, was ich für mich entdeckt habe, war Shiatsu (Druckmassage).

Ich bin auch sehr froh, dass ich jetzt im Rahmen der PURE-Kink-Documentary mit diesen talentierten Personen zusammenarbeiten konnte. Da bin ich sehr dankbar.

 

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Jetzt in der JOYclub-Mediathek: "Shibari als Passion und Beruf"

Fabian und Faye leben in Basel in der Schweiz. Die beiden verbindet eine Leidenschaft: Die Liebe zu japanisch inspiriertem Bondage, eine erotische Spielart, die auch als Shibari bezeichnet wird. Diese Kunst des Fesselns hat Fabian zu seinem Beruf gemacht.

Wir begleiten die Protagonist:innen bei einer Session, in der wir hautnah miterleben, was Shibari für die beiden bedeutet. Darüber hinaus erhalten wir Einblick in ihren Beruf als Lehrer und Performer. Der Film zeigt, dass Shibari nicht nur eine erotische Spielart ist, sondern eine gemeinsame Reise, die Menschen miteinander verbindet.


Hinweis: Dieser Film enthält explizite Bilder, die Praktiken des erotischen Fesselns zeigen.


46 Minuten | D 2022 | Leihen: 5,99 € | Kaufen: 14,95 €


Die Emotionen hinter der Fesselkunst


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Folge 1 "Submissive" gibt's schon in der JOYclub-Mediathek. Hier entlang.


Folge 2 "Schwul – Queer – Kinky" ist da! Jetzt schauen.


Folge 3 "Switching & Edge Play" wartet auf dich! In der Mediathek schauen.


Folge 5 "The Kinky Life of Tua" ist verfügbar! In der Mediathek schauen.

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