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Interview mit einer Männerflüsterin

Was bringt ein Coaching nur für Männer?

Was macht eigentlich eine Männerflüsterin? Julia Wolff ist Sex- und Beziehungscoach – speziell für männlich gelesene Personen. Warum es in unserer Zeit einen sicheren Beratungsraum für Männer braucht und welche Rolle die jeweiligen Partner:innen dabei spielen, erklärt sie im Interview.

Interview von kinkyminky mit Julia Wolff

 

Disclaimer: Julia Wolffs Angebot richtet sich an hetero- und homosexuelle Paare und Einzelpersonen jeglicher Geschlechtsidentität. In unserem Gespräch ging es vorrangig um den cis-geschlechtlichen Anteil unter ihren Coachees.


 

JOYclub: Du richtest dich mit deinem Beratungsangebot ganz konkret an Männer. Haben die es wirklich so nötig?

Ja, haben sie! Männer haben in der Regel weniger Raum zum Austausch als Frauen und tun es auch seltener. Frauen tauschen sich eher miteinander aus, weil bei ihnen nicht das "Frausein" dranhängt. Mich erreichen Nachrichten, in denen Männer berichten, sie würden gerne mit den besten Freunden über offene Beziehungen reden und es kämen nur stumpfe Reaktionen wie "Wenn du es deiner Frau nicht besorgen kannst …".

In meinem Beratungsangebot können die Coachees offen sprechen und erhalten gleichzeitig die Perspektive einer Frau. Das ist auch nicht zu unterschätzen.

 

JOYclub: Warum braucht es ein Beziehungs- und Sexcoaching für Männer und wie unterscheidet es sich von den Angeboten, die auch Frauen mit einschließen?

Zum einen biete ich einen exklusiven Raum, in dem Männer sich ganz normal unterhalten können. Zum anderen setze ich den Fokus weniger auf die körperlichen (Dys-)Funktionen.

Bei mir geht es da los, wo es beim Happy End endet.

Was passiert, wenn wir den Partner fürs Leben gefunden haben? Ich setze idealerweise noch vor der Krise an. Im klassischen Coaching wird Sexualität häufig ausgeklammert, das ist bei mir nicht der Fall. Die Angebote, die Frauen inkludieren, sind oft esoterisch angehaucht. Ich bin ein eher bodenständiger und technischer Coach, das mögen viele Männer.

 

JOYclub: Wie kamst du dazu, Beziehungs- und Sexcoach für Männer zu werden?

Ich habe mich ganz einfach mit den Männern solidarisiert! Ich war selbst in einer Ehe gefangen, in der ich mehr Lust auf Sex hatte als mein Partner – und damit ziemlich hilflos war. Den anderen Frauen schien es nicht so zu gehen. Den Männern in meiner Umgebung aber sehr wohl.

Das war der Impuls für meine Ausbildung zum NLP-Master-Coach. Mir war schnell klar, dass ich konkret mit Männern arbeiten wollte, weil ich mich in ihnen wiedergefunden habe.

 
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Julia Wolff ist NLP-Master-Coach und arbeitet systemisch mit ihren Klient:innen. Sie begleitet Menschen, die ihre Beziehung beleben und wieder in den Dialog über eigene Bedürfnisse kommen wollen. Sexualität gehört dabei zu den wichtigsten Themen.
 

Männern gibt Julia im Rahmen des Coachings einen sicheren Raum, ihre Herausforderungen ohne Wertung zu besprechen. Dabei kann es neben dem Wunsch nach einer erfüllten Beziehung auch um das Öffnen einer Beziehung gehen. Singles unterstützt Julia dabei, selbstbewusster zu werden und in den Kontakt mit Frauen zu kommen.

JOYclub: Was sind die häufigsten Probleme, die dir bei deinen Coachees begegnen?

Ein häufiges Thema ist das Ausbleiben der Sexualität mit der eigenen Partnerin, oft schon über Jahre hinweg. Andere hingegen fühlen sich in der Partnerschaft nicht richtig wahr- und ernstgenommen. Einige wollen ihre Beziehung öffnen oder haben einen Fetisch, über den sie sich nicht zu sprechen trauen.

Und es gibt die Männer, die schon etliche gescheiterte Beziehungen hinter sich haben und jetzt etwas anders machen wollen. Die Frage ist oft:

Wie finde ich den Partner, der mich nicht nur emotional, sondern auch sexuell abholt?

JOYclub: Aktuell sprechen wir in der Gesellschaft davon, dass Frauen in den Fokus rücken und ihre Bedürfnisse stärker gewichtet werden sollen. Du aber fokussierst dich auf Männer. Welche Rolle spielen Partner:innen in deiner Beratung?

Spannende Frage! Für mich war die Ausrichtung auf den Mann unerlässlich, gerade weil die Frauen gerade so im Fokus stehen. Wir brauchen Paare auf Augenhöhe. Daher versuche ich, einerseits die Sichtweise der Partnerin zu verdeutlichen, andererseits aber auch das Selbstbewusstsein des Mannes zu stärken. Viele Männer lassen sich in Beziehungen auch Dinge gefallen, die sie sehr unglücklich machen – etwa der jahrelange Verzicht auf Intimität. Ich versuche, diesen Menschen Mut zu geben, ihre Bedürfnisse zu äußern.

Viele Aspekte, die der aktuellen Diskussion zugrunde liegen, resultieren aus einem Männerbild, das an vielen Stellen gar nicht mehr so existiert. Männer wollen meiner Erfahrung nach gerne wissen, was Frauen möchten und dem auch entsprechen. Heute herrscht viel Unklarheit darüber, wie "Mann" sich am besten verhält.

Wer zu mir kommt, spricht zunächst privat eher selten darüber. Wenn sich dann aber positive Veränderungen ergeben, werden die Partnerinnen selbst neugierig und den Coachees fällt es leichter, über die Beratung zu reden. Einige erlangen durch das Coaching erst den Mut, Konflikte in der Partnerschaft anzusprechen.

 

JOYclub: Dass Männer aktiv in eine Beratung gehen, scheint ein neueres Phänomen zu sein. Geht der Trend weg von der klassischen Paartherapie? Versucht jeder zunächst, sich selbst zu optimieren?

Es gibt heute ein breiteres Angebot und auch die Bereitschaft dieses anzunehmen. Die eigene Lust zu entdecken, ist zwar ein Trend, eröffnet aber Menschen auch diversere Möglichkeiten.

In den Paartherapien kommen viele Paare oft nicht weiter. Es gibt häufig weibliche Therapeutinnen, die sich meiner Erfahrung nach auf eine Seite schlagen. Der therapeutische Blick auf die eigene Biographie oder die der Eltern ist nicht immer die Lösung und wird in vielen Fällen erst sehr spät in Anspruch genommen.

 

Auf die Couch, bitte!

JOYclub: Was rätst du einem Mann, der innerhalb der Partnerschaft einige Jahre keinen Sex mehr hatte und damit unglücklich ist?

Mich interessiert zunächst: Warum macht er das mit, wenn die Situation schon so lange besteht? Und: Will er Verantwortung für diesen Teil der Beziehung übernehmen? Das klingt einfacher als es ist, weil man sich am Ende fragen muss: "Wie wichtig ist mir das Thema, wie sehr möchte ich mich dafür einsetzen?"

Wir stärken dann gemeinsam das Selbstbewusstsein des Coachees. Als zweiten Schritt versuche ich, die Partner etwas voneinander zu trennen.

Man denkt immer, Paare würden sich auseinanderleben. Dieses Gefühl ist jedoch eher ein Symptom dafür, dass zwei Menschen zu stark aneinander kleben.

Viele verständigen sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner (der Sexualität). Und manchmal ist das dann einfach gar nichts mehr. Deshalb arbeite ich zunächst die eigenen Bedürfnisse heraus und gehe dann in die Möglichkeiten der Kommunikation.

Ein Grund, der mir beim Verlust von Intimität immer wieder begegnet, ist, dass Frauen ihren Partnern zu wenig zutrauen. Sie nehmen alle Aufgaben an sich und geben nichts ab, wodurch Überlastung entsteht. Männer drängen sich im Gegenzug nicht gerade bei der Care Work auf. Viele Paare wollen zwar nicht mehr nach alten Rollenbildern leben, haben aber auch noch nicht herausgefunden, wie es anders geht.

 
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JOYclub: Die Männer, die zu dir kommen, scheinen schon etwas verändern zu wollen. Was würdest du jenen sagen, die noch zögern?

Coaching wird oft so verstanden, dass man Hilfe braucht. Das ist aber gar nicht das Thema. Jeder Sportler hat ein Team hinter sich. Wer keine Lust hat, in der Komfortzone zu sterben, sollte sich jemanden suchen, der Aspekte der eigenen Persönlichkeit neu beleuchtet. Wir sehen uns selbst oft nicht klar und drehen kalibrierte Schleifen um die immer gleichen Themen. Hier kann ein Coaching Transparenz schaffen.

 

JOYclub: Ein Fokus in deinem Coaching ist die Sexualität. Erklär mir das genauer.

Sexualität wirkt sich auf alle anderen Bereiche des Lebens aus. Hier offenbaren sich innere Konflikte viel ungeschminkter: Bei der Sexualität sind wir auch seelisch im wahrsten Sinne nackt. Glaubenssätze treten stärker zutage und werden sichtbar. Wer in seiner Sexualität zufrieden und selbstbewusst ist, zeigt das auch im Job oder im Umgang mit der Familie.

 

Weiterbildung aus weiblicher Sicht

JOYclub: Auf deinem Blog habe ich gelesen, dass du Frauen in verschiedene Kategorien einteilst: "Klette", "One-Woman-Show", "Das stille Wasser" … Die Feministin in mir schreit gerade. Wozu braucht es diese Schubladen?

Hier gibt es mit der Psychografie von Dietmar Friedmann tatsächlich einen wissenschaftlichen Hintergrund. Er teilt Menschen in Handlungs-, Erkenntnis- und Beziehungstypen ein. Diesen habe ich bestimmte Eigenschaften zugeordnet. Auch wenn es eine Kategorisierung ist: Manchmal hilft es, zu verstehen, warum die eigene Partnerin so tickt und warum sie verschiedene Bedürfnisse hat.

Interessant sind damit zusammenhängend auch die persönlichen Entwicklungsrichtungen: Wo liegen Defizite und Potentiale? Manche kommen schlecht ins Fühlen, andere brauchen viel Bestätigung. Der Witz ist: Häufig suchen wir uns Partner:innen, die genau zur anderen Gruppe gehören.

 

JOYclub: Du berätst Männer in Partnerschaften genauso wie Solo-Männer. Was rätst du ihnen? Gibt es denn immer handfeste Gründe für ein ungewolltes Single-Dasein?

Manche hängen noch an vergangenen Beziehungen, anderen fällt die Kontaktaufnahme schwer. Auch das Frauenbild kann im Weg sein. Eine Frau soll etwa optische Kriterien erfüllen, die inneren Werte sind aber häufig gar nicht so klar. Einige Männer stellen Frauen auch auf ein Podest, während diese sich eher Augenhöhe wünschen und dass sie selbst als Persönlichkeit gesehen werden.

Nach drei Dates denkt man schon, man kennt den Partner und geht nicht mehr aufeinander ein.

Raus aus alten Mustern

JOYclub:Als Frau bin ich schwer genervt von den immer gleichen Annäherungsversuchen durch Männer. An anderer Stelle wünschte ich mir wiederum mehr Aktivität von Männern. Wie geht's denn nun richtig?

Es gibt leider keinen Zauberspruch, auf den alle Frauen reagieren. Ich setze auf eine authentische Vorgehensweise. Wer schüchtern ist, sollte andere Wege suchen und keine Rolle spielen. Die Masse an immer wieder verwendeten Anmachsprüchen ist ein No-Go. Spannender ist es, auf Eigenschaften zu gehen, die vielleicht nicht so offensichtlich sind.

 

JOYclub: In welchen Fällen streichst du die Segel – wann hat ein Beziehungscoaching keinen Sinn?

Das sind Männer, die keine Lust haben, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen und die die Schuld immer bei anderen sehen. Auch bei Krankheiten bin ich nicht die richtige Ansprechpartnerin. Wer einen Anwalt sucht und im Coaching Recht über die Partnerin sprechen will, dem werde ich nicht beipflichten. Die meisten merken aber schon im Vorgespräch, ob es – passt oder eben nicht.


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