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Beziehungen sind Kooperationsspiele

So spielt ihr miteinander, anstatt gegeneinander!

In jeder emotional bedeutsamen Beziehung gibt es wahlweise zwei Gewinner:innen oder zwei Verlierer:innen, sagt unser Autor. Was genau das bedeutet und was es braucht, damit Kooperation und Partnerschaftlichkeit gelingen, liest du in diesem Beitrag.

Von Volker Schmidt

Die Regeln des Beziehungsspiels

Was auch immer ihr zwei miteinander spielt: Ihr beide gewinnt, oder ihr beide verliert. Lass mich dir an zwei ganz typischen Beispielen erläutern, was ich damit meine:

Stellen wir uns gemeinsam die folgende Situation vor:

Du und dein:e Partner:in habt sehr unterschiedliche Interessen in Sachen Sex. Dein Gegenüber möchte am liebsten mehrmals die Woche Sex, will Dinge ausprobieren und kommt immer wieder mit neuen Kinks um die Ecke. Dir bereitet das Stress. Es würde dir reichen, wenn ihr einmal im Monat miteinander schlaft. Und zwar ganz klassisch vanilla, ohne großes Tamtam oder Experimente.

Ihr streitet über dieses Thema, immer wieder. Irgendwann gibt dein:e Partner:in auf und du setzt dich durch. Jetzt hast du genau den Sex, den du dir vorstellst. Und darüber hinaus weißt du, ohne jeden Zweifel, dass sich dein Gegenüber in der eigenen Sexualität frustriert, unterernährt und gelangweilt fühlt.

Na ...?! Wie sehr fühlst du dich jetzt als Gewinner:in?!
Beziehungen sind Kooperationsspiele
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Volker Schmidt arbeitet als Coach, Therapeut und Mentor in Sachen Liebe und Lust. Seit mehr als einem Jahrzehnt berät und begleitet er Einzelpersonen und Paare in den Feldern Liebe, Partnerschaft und Sexualität. Sein Ansinnen ist es, uns alle zu mehr Bewusstheit, Aufrichtigkeit und Integrität im Umgang mit uns selbst und unserem Leben einzuladen und zu inspirieren.

Volker Schmidt ist Teil der Sex Education von JOYclub.

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Eine zweite Situation:

Du willst die Sache zwischen dir und ihm oder ihr lieber von allen potentiell anstrengenden Gefühlen freihalten. Dir reicht es, sich einen Abend im Monat (ohne Übernachtung!) zu treffen, ein wenig miteinander zu spielen und dazwischen jeweils euer eigenes Leben zu leben. Dein Gegenüber dagegen wünscht sich mehr Kontakt. Er oder sie würde sich gern öfter mit dir treffen, zwischendurch telefonieren oder gemeinsam in den Urlaub fahren.

Irgendwann wird es dir zu bunt. Du machst ihm oder ihr klar, worauf ihr euch ursprünglich geeinigt habt. Wenn ihr das nicht reicht, kann er oder sie gerne auch wieder gehen! Dein Gegenüber hat Angst, dich zu verlieren und willigt ein. Ihr trefft euch einmal im Monat, habt Sex, und dazwischen hast du deine Ruhe. Aber du weißt, dass sie oder er sich nach mehr Tiefe und Verbundenheit sehnt, als du geben kannst oder willst.

Hand aufs Herz: Wie entspannt (und wie lange) kannst du deinen Triumph in dieser Sache wohl genießen?!

Jede Beziehung ist ein Kooperationsspiel

In jeder emotional bedeutsamen Beziehung gibt es ausnahmslos immer wahlweise entweder zwei Gewinner:innen oder zwei Verlierer:innen.

Dabei spielt es keine Rolle, ob eure Verbindung eine tiefe Liebespartnerschaft ist, eine erotische Spielbeziehung oder eine platonische Freundschaft. Sobald auch nur eine:r von euch beiden den Eindruck hat, in dieser Beziehung regelmäßig zu kurz zu kommen, nicht gesehen zu werden oder keine Achtung zu erfahren, werden alle Beteiligten über kurz oder lang zu Verlierer:innen.

Ende Gelände

Für diese Erkenntnis brauchen wir keine psychologischen Fachbücher wälzen. Es reicht, wenn wir uns daran erinnern, wie wir selbst reagieren, wenn wir den Eindruck haben, in einer Beziehungsfrage als Verliererin oder als Verlierer dazustehen.

Damit meine ich nicht all jene Situationen, in denen uns der oder die Andere durch gute Argumente oder unerwartete Perspektiven dazu gebracht hat, unseren Standpunkt zu verändern. Was ich meine, sind all jene Male, in denen unser (vermeintlicher) Sinneswandel nicht auf Einsicht oder Überzeugung beruht hat, sondern wir aus Angst, aus Resignation oder Gewohnheit unsere wahren Gedanken, Gefühle oder Wünsche vor dem:r Anderen verborgen haben. Meiner Erfahrung nach bleibt in diesen Situationen eine offene Rechnung in uns zurück.

Die Macht der offenen Rechnungen

Wer offene Rechnungen kennt, der oder die weiß, sie führen in unserem Unterbewusstsein ein unheiliges Eigenleben. Sie sind psychologisch betrachtet "Nachtschattengewächse". Sie wachsen in der Dunkelheit, zugleich streben sie auf dem kürzesten Weg ans Licht.

Offene Rechnungen neigen dazu, möglichst unüberhörbar ihre Begleichung einzufordern. Dabei wächst der emotionale Druck im Laufe der Zeit immer stärker an. Aus professioneller Sicht betrachtet bedeutet das:

Bringst du deine:n Partner:in durch subtile Manipulationstechniken oder sogar Aggression dazu, Dinge zu tun, die ihm:ihr nicht gut tun, oder Dinge zu unterdrücken, die sich in ihm:ihr nach Entfaltung sehnen, dann hat das nichts mit einer gesunden Beziehung zu tun.

Denn selbst wenn du vermeintlich gegen deine:n Partner:in gewinnen magst, verlierst du über Bande schließlich doch. Darüber hinaus gilt: Je höher oder je länger du gegen deine:n Partner:in triumphierst, desto tiefer wird im Anschluss dein Fall sein!

Jede emotional bedeutende Beziehung ist ein Kooperationsspiel.
Jede emotional bedeutende Beziehung ist ein Kooperationsspiel.
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Wie erlebst du dich als Gewinner:in?

Was sagst du selbst dazu? Gelingt es dir, mit deiner eigenen Sexualität wirklich zufrieden zu sein, während du weißt, dass dein:e Liebes- oder Spielpartner:in mit eurem gemeinsamen Sexleben unzufrieden ist? Ich bin zutiefst davon überzeugt: Auch für dich ist die Antwort auf diese Frage ein klares "Nein!".

Konflikte und Egoismus in Beziehungen

Vielen von uns fehlen die Tools, um unterschiedliche Vorstellungen, Wünsche oder Ideen in einer Beziehung auf kooperative Weise anzugehen. Meiner Auffassung nach bekamen die meisten von uns vorgelebt und beigebracht, dass das Mittel der Wahl entweder der offen ausgetragene Konflikt ist oder gar Manipulation. Wir haben gelernt, was scheinbar zu tun ist, um uns durchzusetzen und schließlich über unserer "Gegner:innen" zu triumphieren.

Wäre es nicht viel schöner, gemeinsam zu gewinnen?

Ich sehe die Sache hier ja relativ pragmatisch. Wenn du ein emotional bedeutsamer Mensch in meinem Leben bist, dann hat selbstverständlich alles, was du in Bezug auf mich empfindest, ebenso direkt wie indirekt Auswirkungen darauf, wie ich mich fühle. Je glücklicher du darüber bist, dass ich ein Teil deines Lebens bin, desto leichter wird mir zumute sein, wenn wir gemeinsam Zeit verbringen. Genauso umgekehrt: Je wohler du dich fühlst, wenn du in meiner Nähe bist oder an mich denkst, desto mehr Glückshormone werden in deinem Körper ausgeschüttet.

Kooperatives Lückenschließen

Wenn ich einen mir bedeutsamen Menschen aufmerksam und liebevoll behandle, dann tue ich das nicht zuletzt aus egoistischen Motiven heraus. Da wir ohnehin emotional miteinander verbunden sind, gilt: Je besser es ihm oder ihr mit mir geht, desto besser geht es auch mir mit ihm oder ihr. Genau dieser Gedanke ist einer der Schlüssel zu sozialer Intelligenz und Beziehungskompetenz:

Es tut mir gut, dir gut zu tun! Und umgekehrt.

3 Tipps für konkrete Beziehungskonflikte

1. Ganz egal, was euch gerade trennt: Sucht nach dem, was euch verbindet.

Verankert euch immer wieder bewusst in dem, worin ihr euch einig seid – was euch beiden weh tut oder was ihr euch beide wünscht. Das, was euch verbindet, ist die Basis all dessen, was ihr euch miteinander aufbauen und erschaffen könnt. Je breiter, stabiler und tragfähiger diese Basis ist, desto prachtvoller, schöner und nährender kann eure Beziehung werden. Je dünner und brüchiger diese Basis ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass euer Liebesgebäude immer wieder über euch einstürzen wird.

2. Zeigt euch einander, so wie ihr wirklich seid.

Ihr habt nur dann eine Chance, kooperativ und partnerschaftlich miteinander umzugehen, wenn ihr eine Idee davon habt, wie der oder die andere wirklich tickt, und wie es ihm oder ihr mit eurer Beziehung und seinem oder ihrem weiteren Leben gerade geht. Jede kleine Täuschung, jedes Verschweigen oder Kaschieren machen es euch schwerer, gemeinsame und für euch beide tragfähige Lösungen zu finden.
Darum: Seid echt zueinander! Zeigt euch einander aufrichtig und wirklich wahrhaftig. Nur so ist es euch möglich, in euren Konflikten zu Lösungen zu finden, in denen ihr euch beide auch wirklich wiederfindet!

3. Stärkt im Alltag bewusst die Basis eurer Beziehung.

Sagt euren Liebsten, was ihr an ihnen schätzt. Macht einander immer mal wieder kleine ehrliche Komplimente. Es geht hier nicht darum, sich etwas auszudenken, das ihm oder ihr gefallen könnte. Es geht, genau genommen, gar nicht darum, irgendetwas zu tun, um damit eine bestimmte Reaktion auszulösen.

Es geht lediglich darum, es immer mal wieder zu bemerken, wenn dir ganz von alleine ein angenehmer Gedanke über ihn oder sie in den Kopf kommt. Und genau diesen dann ganz einfach auszusprechen. Weil es wahr, schön und eine reine Freude ist, diese Dinge zu bemerken und einander zu zeigen.


Je häufiger ihr einander (ausnahmslos aufrichtig gemeinte!) Komplimente macht, desto stabiler und robuster wird eure Beziehung sein, wenn in einem von euch oder euch beiden unangenehme Gefühle hochkommen.

So sehen Sieger:innen aus!
So sehen Sieger:innen aus!
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Fazit: Ihr beide gewinnt oder ihr beide verliert!

Macht euch selbst und einander unmissverständlich klar, dass der Kampf, den ihr (möglicherweise noch) gegeneinander führt, für euch beide zum Scheitern verurteilt ist.

Macht aus eurem Konkurrenzkampf ein Kooperationsspiel! Gebt euer Bestes dafür, dass ihr beide (!) euch in eurer Beziehung immer wieder als Gewinner:innen fühlt. Erlaube dir, dich von den Erfahrungen, Gefühlen oder Wünschen deines Gegenübers berühren zu lassen, und erfreue dich am Wachstum deines oder deiner Liebsten! Auf diese Weise erschafft und gestaltet ihr miteinander eine Art von gemeinsamer Liebeskultur, in der ihr beide die Erfahrung machen könnt, miteinander, aneinander und durch einander zu wachsen, zu gedeihen und zu blühen!

Oder aber ihr erkennt, dass eben dies in der aktuellen "Liebes"-Beziehung nicht möglich oder gewollt ist. In diesem Falle wünsche ich euch, dass ihr euch selbst und einander in Achtung und Würde freigeben könnt. Sodass jede und jeder von euch eine neue Chance bekommt, zu erfahren wie nährend, erfüllend und heilsam es wirken kann, wenn zwei Menschen, das schillernde Spiel der Liebe und Lust nicht als ein Konkurrenz, sondern als ein Kooperationsspiel angehen.

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